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Der Auftritt im richtigen Outfit
   2007-09-24 15:52:14    Seite Drucken    cri

Man möchte meinen, ein wahrer Athlet kann mit jedem Material gewinnen, aber seit es um Hunderttausendstel Sekunden geht, gilt diese Regel wohl eher nicht mehr. Denn um Bruchteile von Sekunden rauszuholen, ist das Material eben dann doch entscheidend. Wie gut hatten es da doch die Athleten in der Antike. Da gab es keine Fragen nach dem richtigen Material, sie traten alle nackt an - den Zuschauern würde das vermutlich auch heute noch gefallen.

Da uns die Sportler mit ihrer Nacktheit aber nicht mehr begeistern können, tun sie es hin und wieder auch mit außergewöhnlichen Outfits oder einem Kleiderspleen.

Herb Elliott, der bei den Spielen von Rom 1960 über 1.500 Meter Gold holte, erlief sich die Medaille in Schuhen aus feinstem Känguruhleder, das auch sein Laufstil sehr hopsend wirkte, war davon unabhängig.

Oder Michael Johnson, der bei den Spielen in Atlanta 1996 Gold über 200 und 400 Meter holte. Er trat bereits mit goldenen Schuhen an, damit diese zur Farbe seiner Medaillen passten - der Mann muss mit viel Selbstbewusstsein gestartet sein.

Felix Carbajal hätte 1996 mit seiner Ausrüstung vermutlich nicht mal mehr an den Start gehen dürfen, 1904 in St.Louis sah man das alles noch nicht so eng. Aber zunächst tat sich Carbajal schon schwer genug, die Olympischen Spiele überhaupt zu erreichen. Auf dem Weg nach St. Louis verlor der Kubaner sein gesamtes Geld bei einem Würfelspiel in New Orleans. Es blieb ihm daher nur, per Anhalter nach St. Louis zu fahren. Am Start des Marathonlaufs, an dem er teilnehmen wollte, lief er mit schweren Schuhen, langen Hosen und einem langärmligen Hemd auf - die Temperatur am Start lag bereits bei 33 Grad Celsius. Der amerikanische Gewichtheber Martin Sheridan erkannte die verzweifelte Lage des Läufers und verschaffte ihm etwas Erleichterung, indem er ihm die Hosenbeine und Hemdärmel abschnitt. Carbajal, der sich aufgrund seiner finanziellen Lage in den Tagen vor dem Marathon nicht richtig satt essen konnte, wurde während des Laufes hungrig. Als er einen Obstgarten passierte, entschied er sich, ein paar grüne Äpfel zu essen, was natürlich unausweichlich dazu führte, dass er Magenkrämpfe bekam. Aber er erwies sich als zäh. In einem Rennen, indem aufgrund der mörderischen Hitze viele Konkurrenten aufgeben mussten, lief Carbajal in schweren Schuhen und mit Magenkrämpfen immerhin als Vierter durchs Ziel.

Nur einmal war Golf für Frauen olympisch und zwar bei den Spielen 1900 in Paris. Die Französinnen legten aber mehr Wert auf ihre äußere Erscheinung als auf den Sport ? in diesem Fall zahlte sich das nicht aus. In ihren engen Röcken und den hohen Schuhen staksten sie über den Golfplatz, ihre Kleidung behinderte ihr Spiel. Alle französischen Golferinnen beendeten das olympische Turnier ohne Medaille, die beste Französin Fromet-Meurice wurde Vierte.

Ganz anders dagegen die deutsche Eiskunstläuferin Kati Witt. Sie, die für ihren Sexappeal bekannt war, erfreute die Zuschauer bei den Winterspielen 1988 mit einem gewagten Outfit. Ihr blaues mit Pailletten besetztes Kostüm war an den Schenkel sehr hoch angesetzt, die anderen Athletinnen waren erzürnt. Die Amerikanerin Debi Thomas war Witts schärfste Konkurrentin, sie beklagte sich bei den Offiziellen, Witts Kostüm gehöre in einen Pornofilm, erklärte sie. Kati Witt musste daraufhin ihr Kostüm verändern, sie ließ den freizügigen Schnitt durch das Anbringen einiger Federn entschärfen. Kati Witt konnte der Wirbel um ihr Outfit aber nicht aus der Ruhe bringen, sie zauberte ihre Kür wie gewohnt aufs Eis und gewann Gold. Debi Thomas musste sich mit Bronze zufrieden geben.

Bei den Eiskunstläuferinnen scheint das Outfit aber schon immer eine nicht ganz unbedeutenden Rolle gespielt zu haben. Sonja Henie, die Norwegerin, die den Eiskunstlauf in den 1920 und 30er Jahren dominierte, fiel schon damals durch spektakuläre Kostüme auf. Bei den Spielen 1928, 1932 und 1936 gewann sie stets in chicen kurzen Röckchen Gold, was allerdings vermutlich mehr auf ihr nachweislich großes Talent, als auf die Kleiderwahl zurückzuführen ist. Hinter ihrer Kostüm Auswahl steckte ihr Vater, Norwegens größter Pelzhändler. Er wollte nicht, dass seine Tochter wie ihre Konkurrentinnen in langweiligen, bodenlangen Röcken antreten musste. Mit Sicherheit wusste Vater Henie auch, was den männlichen Preisrichtern gefällt.

Ernstere Sorgen um ihr äußeres Erscheinungsbild musste sich da schon die algerische Mittelstreckenläuferin Hassiba Boulmerka machen. Wenn sie im muslimischen Algerien ihre Trainingsläufe absolvierte, kam es nicht selten vor, dass sie mit Steinen beworfen wurde. Für viele männliche Landsleute war es ein Affront gegen die Religion, dass sich Boulmerka mit nackten Beinen auf der Straße zeigte. Zum Glück wurde Boulmerka von den Steinen nicht getroffen, sie trotze allen Angriffen und trainierte hart. Bei den Spielen 1992 in Barcelona setzte sie sich über 1.500-Meter eindrucksvoll gegen ihre Gegnerinnen und gegen die Fundamentalisten daheim durch - sie gewann Gold.

Ungewollt begeisterte der Italiener Pietro Mennea die weiblichen Zuschauer bei den Spielen in München 1972 nicht nur mit seiner Leistung. Vor einem Zwischenlauf über 200 Meter war Mennea so in Gedanken versunken, dass er sich mitten auf der Aschenbahn auszog, um die Shorts zu wechseln. Es stand also plötzlich nur noch mit Suspensorium bekleidet im Olympiastadion von München. Ob ihn das selbst sehr irritiert hat, ist nicht bekannt, er holte immerhin die Bronzemedaille über 200 Meter. Acht Jahre später, bei den Spielen in Moskau gewann er dagegen Gold.

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