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Gespräch mit Prof. Dr. Heinz Berke
   2007-09-21 15:15:20    Seite drucken   cri

Prof. Dr. Heinz Berke leitet das Institut für anorganische Chemie der Universität Zürich in der Schweiz. Er ist in den letzten Jahren in der internationalen Fachwelt sehr aktiv gewesen. Bislang hat er über 200 wissenschaftliche Abhandlungen und Kommentare veröffentlicht. Zudem ist er auch Träger verschiedener internationaler Wissenschaftspreise und Gastprofessor verschiedener Universitäten, darunter auch der Fudan Universität und der Guilin Normal University in China. Über seine Arbeit in China erzählt er uns in einem Gespräch:

Qiu: Sie sind Experte für Pigmente und alte Farben wie Blau in der Antike. Wie sehen Sie als Chemiker die Kultur und Kunst?

Berke: Also ich fühle mich als Professor als Generalist. Ein Professor ist einerseits Spezialist. Er ist Experte auf einem bestimmten Gebiet. Er hat spezielle Kenntnis von wichtigen Dingen. Aber ein Professor, zumindest im Verständnis der westlichen Welt, sollte auch in allgemeinen Dingen gebildet sein. Das nennt man Generalist. Weil das Spezielle so beansprucht ist, ist die Tatsache, dass ein Professor auch ein Generalist sein sollte und über ein breites Wissen verfügen sollte, heutzutage ein bisschen verloren gegangen. Ich fühle mich als Generalist, ich habe eine starke Neigung, die Wissenschaft von einer höheren Warte aus zu sehen. Das macht mir nicht nur Spaß, sondern ich empfinde es auch als eine absolute Notwendigkeit. Deswegen bin ich schon immer auch der Kunst zugewandt gewesen. Das hat vielleicht in der Tendenz auch ein bisschen mit dem Alter zu tun. Je älter man wird, desto generalistischer denkt man. Da habe ich es sehr leicht gehabt über Pigmente, eben auch den Zugang zur Kunst zu bekommen. Wenn ich irgendwo in der Welt bin, nicht nur in China, in einer großen Stadt bin, dann gehe ich immer erst einmal in das Kunstmuseum.

Qiu: Sie sind viel unterwegs, geben überall Vorträge, nehmen an Fachtagungen teil und leiten wichtige Projekte an Ihrem Institut. Aber das Leben sollte man auch nicht verpassen, sondern richtig genießen. Wie bringen Sie das alles in Einklang?

Berke: Das kommt manchmal zu kurz, das Genießen vor allem. Ich habe den Versuch unternommen, jetzt mit meinem Freisemester etwas mehr zu genießen. Aber ich bin leider immer auch noch Institutsleiter und muss in diesem Rahmen über die heutigen Möglichkeiten, über das Internet usw. ständig Kontakte pflegen. Das kostet auch sehr viel Zeit, so dass das Genießen auch hier in China leider etwas zu kurz gekommen ist. Ich war ein Monat lang in Shanghai. In Shanghai hätte ich mir wohl auch etwas mehr Zeit nehmen können, obwohl ich Shanghai schon länger kenne. Ich hatte eigentlich vor, die moderne Architektur vor Ort mehr zu studieren. Weil es hier sehr viele hohe Häuser und sehr viel Kunst zu sehen gibt, wunderschöne Kunst sogar. Das habe ich eigentlich versäumt. Das wollte ich übrigens alles per Fahrrad machen. Ich hatte mir in Shanghai extra ein Fahrrad gekauft und bin dann öfter in die Innenstadt gefahren. Ich war Gast an der Fudan-Universität und bin da mittlerweile auch Gastprofessor. Ich hab Unterricht gegeben in meinem Fach, Chemie. Nicht über Pigmente, nicht so spezialisiert, sondern über Chemie als generelles Fach. Ich bin jetzt auf Dauer Professor an der Fudan-Universität.

Qiu: Für wie lang?

Berke: Sechs Jahre.

Qiu: Wie oft im Jahr geben Sie dort Unterricht?

Berke: Das ist schon ein bisschen mir überlassen. Aber normalerweise komme ich einmal pro Jahr an die Fudan-Universität.

Qiu: Geben Sie auch übers Internet Unterricht?

Berke: Nein, das ist an der Fudan noch nicht eingerichtet. Ich denke, das wird kommen, dass man diese Medien nutzt. Aber im Augenblick noch nicht.

Qiu: Sonst an welchen chinesischen Universitäten geben Sie noch Unterricht?

Berke: Ich habe auch am Cukas, dem Graduiertenkolleg der Chinesischen Akademie der Wissenschaften unterrichtet. An die Guangxi Normal University gehe ich erst jetzt. Dort werde ich in zwei Wochen hinfahren.

Qiu: Was sagen Sie denn zum Lernen der chinesischen Studenten und zu den Forschungskapazitäten auf dem Fachgebiet Chemie in China?

Berke: Ja, ich sehe, dass China große Fortschritte macht. Man hat offensichtlich auch von politischer Seite erkannt, dass die Ausbildung ein zentraler Punkt ist, durch den ein Land Fortschritte machen kann. Je schlechter die Methoden zur Ausbildung, desto schlechter ist das Ergebnis im Bezug auf Fortschritte. Dieser Punkt ist für mich oft das größte Anliegen, weil ich mit meinen bescheidenen Möglichkeiten dazu beitragen möchte, China voranzubringen. Ich bin der Meinung, China wird die Zukunft nicht meistern können, wenn es der Ausbildung nicht Vorrang gibt und auf einen hohen Stand bringt. Ich habe gesehen, dass es in China vor allem aufgrund der Kulturrevolution immer noch große Lücken gibt, was die Lehre anbetrifft. Deswegen ist das Universitätsgefüge in China doch immer noch sehr anders. Das Niveau einiger Universitäten und Forschungseinrichtung mag sehr hoch sein und kann mit dem Weltniveau Schritt halten. Aber viele Universitäten haben noch erhebliche Lücken und das kann man nicht alles mit Geld kompensieren. Geld braucht man immer in der Ausbildung. Man hat vor allem in der Schweiz schon sehr früh erkannt, dass es wohl keinen so genannten linearen Zusammenhang zwischen Geld und Qualität gibt. Doch je mehr Geld man in die Ausbildung und in die Forschung hineingibt, desto mehr Qualität wird man daraus auch bekommen. China hat das in den letzten Jahren ebenfalls erkannt. Deswegen habe ich auf meinen Reisen auch jetzt doch gesehen, dass dies bereits Früchte trägt.

Qiu: Können Sie uns Beispiele geben?

Berke: Ich kann Ihnen Beispiele geben. Ich war zum Beispiel außerordentlich überrascht, als ich die Suzhou Universität besucht habe. Sie gilt ja wahrscheinlich im nationalen Ranking nicht als die Universität an erster Stelle. Aber ich kann Ihnen sagen, ich hab eigentlich in der Chemie nur sehr gute Professoren angetroffen, die gute Forschung betreiben, die gut ausbilden und engagiert sind. An der Nanjing Universität war ich auch. Auch da nur höchstes Niveau. Ein Teil der Wahrheit steckt wohl darin, dass es in China in allen Leuten drin steckt, dass es natürlich, dass man es gewohnt ist, sehr viel zu arbeiten. Aber das ist nur ein Teil. Der andere Teil ist in der Tat die Qualität. Die Quantität allein kann es nicht machen. In der Ausbildung braucht man auch Qualität. Da helfe ich ein bisschen mit, die Qualität mit ins Land zu bringen. Ich helfe gerne. Ich finde, das ist auch richtig.

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