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Exklusivgespräch mit, Jürgen Boos, dem Direktor der Frankfurter Buchmesse
   2007-09-06 16:14:52    Seite drucken   cri

Die 14. Beijinger Internationale Buchmesse fand vom 30. August bis zum 3. September im Beijinger Internationalen Ausstellungszentrum statt. Mehr als 140 Verlage aus 58 Ländern und Gebieten haben an der Buchmesse teilgenommen.

Im Jahr 1986 fand die Internationale Buchmesse in Beijing erstmals statt. Seit 2002 findet sie nicht mehr alle zwei Jahre, sondern jährlich statt. Veranstaltet wird die Messe vom Chinesischen Hauptamt für Presse und Verlagswesen und vom Pressebüro des Chinesischen Staatsrates. Die Messe soll eine Plattform für den Import ausgezeichneter ausländischer Bücher schaffen und chinesischen Büchern einen besseren Zugang zum Weltmarkt eröffnen. In den vergangenen 20 Jahren hat sich die Messe zu einer international angesehenen Veranstaltung entwickelt, auf der neueste Publikationen ausgestellt, Brancheninformationen ausgetauscht und Lizenzverträge abgeschlossen werden. Heute gilt die Internationale Buchmesse in Beijing als Asiens größte Buchmesse. Sie ist eine der fünf wichtigsten Buchmessen der Welt.

Im Rahmen der diesjährigen Messe fanden 700 Veranstaltungen statt, darunter ein internationales Publikationsforum und eine Ausstellung zum Urheberrechtsschutz und zum Handel mit Copyright-Produkten in China. Deutschland als Gastland veranstaltete unter dem Motto "Deutschland: Land der Ideen" die deutsche Bücherwoche.

An dem 1.000 Quadratmeter großen Stand stellten deutsche Verlage eine Vielzahl deutscher Autoren vor. Acht ausgewählte junge deutsche Autoren haben Kontakte mit chinesischen Lesern aufgenommen. Eine echte Gutenberg-Presse spannte den Bogen zur Tradition des deutschen Buchdrucks.

Jürgen Boos, der Direktor der Frankfurter Buchmesse, verwies darauf, dass im Jahr 2010 rund 400 Millionen Chinesen potenzielle Buchkäufer sein könnten. Die Verleger weltweit hätten einen gemeinsamen Traum: auf dem chinesischen Buchmarkt Fuß zu fassen. Hören Sie nun ein Exklusivgespräch zwischen meiner Kollegin Franziska Raff und Jürgen Boss:

F: Können Sie uns Ihren Eindruck vom ersten Tag und von der Eröffnung der Buchmesse in Beijing schildern?

Boss: Die Gespräche sind wesentlich intensiver geworden. Es passiert alles wesentlich schneller als in den Jahren zuvor. Ich glaube, daß dieser Gastlandauftritt geholfen hat, aber auch die Aussicht auf den Auftritt Chinas 2009 in Deutschland.

F: Also Sie sind zufrieden. Auch mit der Präsentation Deutschlands hier auf der Buchmesse? Sind auch die Verleger zufrieden?

Boss: Ja wir sind als Veranstalter zufrieden. Wir haben eine sehr große Presseresonanz auf die Präsentation. Und vor allen Dingen habe ich unsere Verleger in den letzten zwei Tagen beobachtet und auch mit allen gesprochen. Was früher mehrere Jahre gedauert hat, zu konkreten Gesprächen zu kommen, was sehr mühesam war, das läßt sich jetzt in kürzerer Zeit bewältigen. Und ich weiß allein von drei konkreten Abschlüssen.

F: Also für den ersten Tag sehr erfreulich.

Boss: Das ist sehr erfreulich. Wobei ich natürlich dazu sagen muß, dass trotz der riesigen Auflagen in China der Ladenpreis sehr sehr niedrig ist. Die Marge für die deutschen Verleger ist daher sehr niedrig. Das heist, es geht jetzt sichrlich noch nicht um den wirtschaftlichen Erfolg, sondern eher darum, Geschäftsbeziehungen anzubahnen und zu lernen, wie man Geschäfte in China macht.

F: Deutschland präsentiert sich in diesem Jahr hier. Was glauben sie, ist der wesentliche Inhalt, was will man von Deutschland hier vermitteln?

Boss: Was wir hier vermitteln wollen, ist ein anderes Deutschlandbild, als das, das man in China bisher hat. Wenn man hier in eine Buchhandlung geht, findet man viele Titel von deutschen Autoren, aber das sind die Klassiker und das sind die Philosophen. Was wir hier auf der Präsentation mitgebracht haben, sind junge Autoren. Wir möchten ein anderes Deutschlandbild vermitteln, nicht das des traditionellen, konservativen und ordentlichen Deutschen, sondern das des Deutschen mit einer lebendigen Alltagskultur.

F: Was ist ihr persönliches Lieblingsstück, das hier präsentiert wird?

Boss: Wovon ich fasziniert bin, ist innerhalb unserer Präsentation ein junger Autor, der seine Texte sprechgesangsähnlich vorträgt und er ist eingeschlossen in einer gläsernen Box, so dass man ihn selbst nicht hört, sondern über Mikrophone und Lautsprecher. Das verändert komplett die Wahrnehmung des Textes, dadurch entsteht ein ganz neuer Prozess und das ist was ganz tolles, was ich in Deutschland noch nie erlebt habe.

F: Also was Modernes für Deutschland und wahrscheinlich was Revolutionäres für China.

Boss: Ganz bestimmt. Wenn sie gesehen haben, wie sich die Leute hier um diese Box, nennen wir es Textbox drängen. Es ist wirklich ein Erlebnis, die Zuhörer verstehen ja die Sprache nicht, nur die Textmelodie, die auch noch über die Kopfhörer verfremdet ist. Und wie gesagt, dadurch entsteht was Neues.

F: Ist es dann wirklich kulturelle Arbeit, Verständigungsarbeit? Wenn die Sprache, der Inhalt nicht verstanden wird, sondern allein der Klang der Sprache anzieht, das ist ja genau das, was wir eigentlich wollen.

Boss: Ja, ich habe seit vielen Jahren Kontakt mit chinesischen Verlegern, und ich war vorhin mit dem Minister von China, der zuständig ist für den Buchbereich, zusammen und er sagt, in diesen zwei Jahren, in denen wir verhandelt haben, über diesen Auftritt und über 2009 sind wir zu Freunden geworden. Das war früher unmöglich. Das man sich über geschäftliche Beziehungen näher kommt. Das war immer sehr hermetisch und abgeschlossen. Und da ensteht was Neues, für mich persönlich aber auch für alle, die hier sind.

F: Also, es ist wirklich über die wirtschaftlichen Aspekte hinaus ein großer Erfolg.

Boss: Ja, es ist eine neue Offenheit da, die vielleicht auch mit der Going-out-Policy, die von ganz oben kommt, zu tun hat. Aber ich glaube, es ist auch eine andere Art von Neugier da. Es sind sehr viele neue Möglichkeiten da, obwohl man weiß, dass hier noch sehr viel reglementiert wird, aber es entwickelt sich etwas, was hoffentlich bald dazu führen wird, dass diese Reglementierungswut weggehen wird. Das ist meine Hoffnung.

F: Denken sie, dass es, in der langen Tendenz, etwas mit Olympia zu tun hat, also, haben die Olympischen Spiele das noch bechleunigt, dazu beigetragen, es unterstützt?

Boss: Nein, ich glaube eher anders herum. Ich glaube, dass diese Offenheit erst die Olympischen Spiele ermöglicht hat, dass sowas wie die Präsentation Chinas in Frankfurt ermöglicht, die sicher auch in deutschen, in europäischen Medien kontrovers diskutiert werden wird. Aber diese Diskussion wird zugelassen und das ist etwas, was es früher nicht gab.

F: Vielen Dank.

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