In Xi'an gibt es eine besondere Heilanstalt - das Fachinstitut für die sprachliche Kommunikation. Der Begründer ist der Experte für Stotterkrankheiten, Chen Jiarong. Chen Jiarong sagte uns, ihre inneren Gefühle durch Sprache fließend ausdrücken zu können, sei der größte Wunsch aller Stotternden. Das Wort Ba, das im Chinesischen Vater bedeutet, können Stotterer nur schwer auszusprechen. Als ein Kursteilnehmer, Herr Xu, nach intensivem Training Ba Ba, also das Wort Vater, aussprechen konnte, war sein Vater leider schon verstorben. Von solchen Geschichten erfährt man, wenn man im Fachinstitut für die sprachliche Kommunikation in Xi'an zu Besuch ist.

Auf dem Institutsgelände des Instituts trafen wir einige Kursteilnehmer. Wang Hua kommt aus Xinjiang und sagte uns, er habe erst einen Tag zuvor Zuspruch durch seinen Lehrer Chen Jiarong erhalten. Der Lehrer habe ihm gesagt, dass er eine grundsätzlich positivere Haltung einnehmen solle. Er sehe das Leben nun optimistischer:

"Ich bin jetzt noch als Arbeiter in einer Ölraffinerie tätig. Wenn ich mein Sprechen hier verbessere, kann ich später vielleicht auch Beamter werden, wer weiß?"

Wir hörten bei unseren Gesprächspartnern fast keine Sprachbehinderung heraus. Chen Jiarong sagte aber, sie besuchten erst einen Tag. Noch einen Tag zuvor habe man bei ihnen große Schwierigkeiten bei der Aussprache bemerkt.

Nur nach einem Tag zeigte das Training erste Ergebnisse. Die Besonderheit des Heilverfahrens von Chen Jiarong wird dadurch deutlich.

Chen fordert seine Schüler dazu auf temperamentvoll zu sein und viel zu reden. Reden sei die beste Behandlungsmethode. Die Übungen würden im Laufe des Trainings allmählich vertieft. Der Schlüssel liegt darin, psychische Belastungen überwinden zu lernen. Das Intensivtraining innerhalb eines Halbjahres dauert 27 Tage.

Chen Jiarong erklärte uns, die erste Behandlungsphase ziele darauf ab, die Art und Weise des Redens zu verbessern, den Sprachrhythmus langsam zu halten. Die Stimme solle sich elastisch und sanft anhören. In der zweiten Phase gehe es dann um die psychische Behandlung. Die Teilnehmer sollten von Minderwertigkeitskomplexen und schließlich vom Stottern befreit werden. Mit Hilfe des Unterbewusstseins sollten die Gedanken der Schüler verändert werden.

"Die Teilnehmer unserer Kurse pflegen oft zu denken: ich kann es nicht, wenn ich aufgeregt bin, ich kann es nicht, wenn ich unter vielen Leuten bin; auch kann ich nicht sprechen, wenn ich zusammen mit Menschen des anderen Geschlechts bin. Wir müssen also Wege finden und ihnen beibringen, wie man negative seelische Stimmungen vermeidet."

Nachdem man von diesen seelischen Belastungen befreit ist, sollte man seine Vortragskunst und seine Kommunikationsfähigkeit in der Praxis verbessern, damit man besser auf psychischen Druck und Reize reagieren kann. Chen Jiarong lässt seine Kursteilnehmer sogar in Bussen und auf Straßen Vorträge halten. Dies fordert die seelischen Grenzen seiner Kursteilnehmer sehr. Frau Wang Youli war mit ihrem Vortrag in der Öffentlichkeit erfolgreich:

"Früher war es bei mir so, dass ich sofort rot wurde, wenn ich auch nur ein bisschen stotterte. Wenn mich dann jemand darauf aufmerksam machte, war es für mich eine Katastrophe. Der größte Erfolg ist für mich, dass ich nun fließend reden kann. Über Jahrzehnte ist dies ein Traum von mir gewesen."

Tatsächlich hat Chen Jiarong, der das Heilverfahren gegen Stottern entwickelt hat, früher selbst gestottert. Keinen fließenden Satz konnte er bis zum 16. Lebensjahr sprechen. Immer wenn er stotterte, schwitzte er stark und kam leicht außer Atem. Sein Herz raste. Chen Jiarong versuchte sich dann, als er die Mittelschule absolvierte, selbst zu heilen.

"Um nicht mehr zu Stottern, redete ich zu Bergen und Flüssen, zu Schweinen und Rindern. Auch nahm ich einen Stein in den Mund, um das Reden zu üben."

Sechs Jahre später konnte Chen Jiarong nach vielen Niederlagen mehrere wissenschaftliche Methoden für das Training von Psyche, Muskeln und Sprache entwickeln. Er selbst hat seitdem nie wieder gestottert.

Die Methode Chens wurde patentiert. Er hält oft Vorträge in verschiedenen Hochschulen und Universitäten. Bekannt ist er unter Menschen, die am Stottern leiden, als Hua Tuo der Sprache. Hua Tuo war ein Wunderarzt aus der Zeit der drei streitenden Reiche im alten China.

Chen Jiarong unterrichtet heute nicht nur auf dem Gebiet des Sprachtrainings sondern auch im Bereich des sprachlichen Umgangs. Er möchte den Menschen helfen, die sich durch bessere Sprachfähigkeiten gute berufliche Chancen erarbeiten können.