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Prof. Dr. Heinz Berke über seine Forschung über das Blau in China
   2007-08-24 17:41:29    Seite drucken   cri

Kürzlich hatten wir die Gelegenheit zu einem Gespräch mit Prof. Dr. Heinz Berke an der Universität Zürich. Der Chemiker war in den letzten Jahren sehr aktiv in der internationalen Fachwelt. Über 200 wissenschaftliche Abhandlungen und Kommentare hat er bislang veröffentlicht. Er ist zudem auch Träger verschiedener internationaler Wissenschaftspreise und hat Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten, darunter auch an der Fudan-Universität und an der Guilin Normal University in China. Seit einigen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit der Forschung über die Farbe Blau aus der ägyptischen und der chinesischen Antike.

Qiu: Prof. Dr. Berke, Sie weilen seit einem Monat in China. Ich hab erfahren, dass Sie sich mit wissenschaftlichen Forschungen über die Farbe Blau in der Antike beschäftigen. Was machen Sie hier in China?

Berke: Ich habe einen Teil meines Sabbaticals am Chinese National Institut of Cultural Property verbracht. Wir werden bald einen Kooperationsvertrag zwischen diesem Institut und meinem Institut unterzeichnen. Ich bin Direktor des Instituts für anorganische Chemie der Universität Zürich. Seit 1998 habe sich meine Forschung um die Farbe Blau auf der ganzen Welt gedreht. Ich habe mich also nicht nur für das Blau Chinas interessiert. Die Farbe Blau ist ein Menschheitsproblem gewesen, weil der Mensch sich immer versucht, in Farben auszudrücken. Der Mensch kann ohne Farbe nicht leben. Blau jedoch ist keine Erdfarbe. Sie finden Blau nirgendwo natürlich vor, sondern müssen sich um dessen Herstellung bemühen. Erst seitdem der Mensch Bergbau betreibt, konnte er die Farbe Blau herstellen. Aber das geschah noch immer in kleinem Umfang. Die einzige blaue Farbe, die man dauerhaft zur Hand hatte, war das Mineral Lapis Lazuli. Lapis Lazuli ist ein Edelstein und war in der antiken Welt sehr sehr wertvoll. Aber dieser Farbstoff war nicht beständig und konnte nicht im Freien verwandt werden.

Qiu: Kann man Blau auch auf chemischem Wege herstellen?

Berke: Ja, aufgrund seiner Seltenheit musste Blau durch chemische Prozesse erzeugt werden, damit es in größeren Mengen zugänglich wurde. Die erste Zivilisation, die das konnte, waren die Ägypter. Um 3.600 vor Christus finden sich erste Spuren. Das so genannte Ägyptisch-Blau wurde synthetisiert. In China hat man damit etwa 1.000 vor Christus angefangen. In vielen meiner Forschungen geht es darum, wie der blaue Farbstoff, den man damals verwandte, hergestellt wurde, weil die so genannte Synthese sehr schwierig ist. Bei den dabei ablaufenden chemischen Prozessen werden sehr seltene mineralische Stoffe verwandt. Ein Basisstoff ist zum Beispiel Barium. Das Mineral Barium findet man nicht überall. Aber der gesamte chemische Syntheseprozess ist auf diesem Element aufgebaut. Man vermutet, dass dieses Barium in China in der Gegend von Lanzhou, oder etwas südlich davon in Richtung Xi'an gefunden wurde. Alle Fundorte müssten in der Nähe der späteren Seidenstraße gelegen haben. Aber die Frage der Vorkommen hatte eigentlich nichts mit der Handelssituation zu tun. Das war eine völlig unabhängige Entwicklung.

Qiu: In welcher Phase befindet sich ihre Forschung über das Blau in China derzeit?

Berke: Wir sind in unserer Forschung über das Blau in China mittlerweile sehr weit gekommen. Aber wir wissen noch nicht alles. Vor allem hat sich herausgestellt, dass verschiedene chemische Verbindungen verwandt wurden. Man konnte nämlich, was die chemische Verbindung angeht, variieren. Je nach Verbindung erzeugte man so verschiedene Farbtöne zwischen Blau, Hellblau und Purpur. Hellblau - das hatten wir zunächst abgenommen - wäre überhaupt nicht vorgekommen. Doch selbst dieser Farbton ist mittlerweile gefunden worden. Das sind ganz neue Erkenntnisse. Nun wissen wir, es wurde auch in der Kunst verwandt. Das sind wunderschöne Objekte und die müssen noch im Detail wissenschaftlich studiert werden. Eben das machen wir in Zusammenarbeit mit unserem chinesischen Partnerinstitut. Wir haben auch etwas mitgeholfen, die Farbtöne Blau und Purpur an der Terrakottaarmee zu untersuchen, obwohl wir da nicht die einzigen waren. Und ich kenne auch das Institut in Lintong sehr gut. Das ist das Institut, das zum Museum der Terrakottaarmee gehört. Da haben wir öfter mal mitgeholfen.

Auch in Dunhuang bin ich bereits öfter gewesen. Ich kenne die Leute dort inzwischen sehr gut. Nur ist es so, dass die so genannten Pigmente, der Farbstoff, der für die Malerei und für die Fresken in Dunhuang verwandt, wurde nicht synthetischem, sondern mineralischem Ursprungs ist. Er stammt also aus dem Bergbau. Diese Farbstoffe haben allerdings den Nachteil, dass sie nicht beständig sind. Das ist eines der Hauptprobleme in Dunhuang. Die blaue Farbe in den meisten Grotten und Höhlen ist mittlerweile in Grün verwandelt worden. Hätte man synthetische Pigmente verwandt, wären die Flächen wahrscheinlich noch blau. Aber nach jener Zeit, in der diese Grotten entstanden, also um 400 nach Christus, war das Herstellungsverfahren für dieses Blau nicht mehr bekannt. Das ist mit Westernhand verloren gegangen. Der chemische Herstellungsprozess war so kompliziert, dass es einer fortwährenden Tradition bedurfte, um es weiterzugeben. Mit Ende der Han-Zeit ist diese Tradition verloren gegangen, weil das Reich wieder auseinander fiel. Die alten Techniken, die Schulen, die dieses Handwerk beherrschten, konnten nicht bewahrt werden. Alle späteren Blautöne waren nicht so hochwertig und sind aus diesem Grund auch nicht so gut erhalten.

Qiu: Und nun wollen Sie im Rahmen ihrer Forschung über die Farbe Blau eine offizielle Kooperationsvereinbarung mit dem Chinese Institut of Cultural Property schließen?

Berke: Wir gehen mit unserer Forschung bis zu den Anfängen zurück, die bis etwa 1000 vor Christus zurückreichen. Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir zu dieser Zeit über gesichertes Wissen verfügen. Das sind alles noch Hypothesen. Da bedürfen wir noch eines erheblichen Maßes an Zusammenarbeit. Diese findet nun mit dem Chinese Institut of Cultural Property statt. Wie gesagt, wir werden in kürze einen Vertrag unterzeichnen, um unsere bestehende Zusammenarbeit auf tragfähige Beine zu stellen.

Qiu: Wie ist das Projekt zustande gekommen?

Berke: Zustande gekommen ist es durch den Kontakt zwischen mir und Professor Ma Qinglin. Er ist der stellvertretende Direktor des Instituts. Er ist einmal als Postdoktorand bei mir in der Forschungsgruppe in Zürich gewesen.

Qiu: Für wieviele Jahre ist diese Zusammenarbeit vorgesehen?

Berke: Wir haben vorläufig zwei Jahre abgemacht. Unsere Kooperation geht ja auch schon sechs Jahre zurück. Wir wollten dem Ganzen dadurch einen festen Rahmen geben.

Qiu: Wie hoch sind die Investitionen?

Berke: Die Investitionen für die Forschung sind natürlich relativ hoch, weil es sehr teuerer Instrumente bedarf, um diese Untersuchungen vorzunehmen. Die Proben sind nur in kleinsten Mengen vorhanden. Sie können ja nicht einfach ein Stück aus einem Kunstobjekt herausbrechen, sondern müssen mikroskopisch kleine Mengen nehmen. Die chemischen und physikalischen Untersuchungsmethoden sind für so kleine Mengen aber sehr teuer. Die Miniaturisierung ist eben eine teure Angelegenheit.

Qiu: Wie viel Geld soll denn nun in das Projekt gesteckt werden?

Berke: Wir möchten die Finanzierung über viele verschiedene Wissenschaftsorganisationen ermöglichen. Im Vertrag ist auch festgehalten, dass wir anstreben, externe Gelder zu bekommen. Ich kann das von meiner Seite aus tun, weil die Schweiz zurzeit dabei ist, mit China allgemeine Kooperationsverträge zu schließen. Da sind bereits Gelder bewilligt worden. Es ist aber noch nicht ganz klar, wie die Gelder ausgegeben werden. Da laufen noch die Verhandlungen. (Ich war im März mit einer Regierungsdelegation der Schweiz in China. Wir haben dabei mit verschiedenen Ministerien verhandelt. Da waren einerseits das Ministerium für Bildung und andererseits das Ministerium für Wissenschaft und Technik involviert. Bei den Treffen wurden dann Kooperationsverträge geschlossen zwischen dem Staatssekretär für Bildung und Wissenschaft aus der Schweiz und den jeweiligen Ministerien Chinas. Im Rahmen dieser Kooperation wird es auch Gelder geben, die dann möglicherweise für die Kunst und Wissenschaft ausgegeben werden können.) Von chinesischer Seite hat man heutzutage auch die Möglichkeit, Projekte im internationalen Rahmen zu beantragen. Das wir auch getan. Auf dieser Ebene wird die Zusammenarbeit gleichberechtigt stattfinden.

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