Das Famen-Kloster in der nordwestchinesischen Provinz Shaanxi ist eines der ältesten buddhistischen Klöster in China. Es wurde gegen Ende der Östlichen Han-Dynastie gebaut und hat eine Geschichte von mehr als 1.700 Jahren.
Vor ungefähr 2.000 Jahren sind die ersten Mönche aus Indien nach China gekommen. Sie führten die Chinesen in den Buddhismus ein und brachten buddhistische Malereien und Skulpturen nach China. In den ersten Jahren nach ihrer Ankunft in China war der Einfluss der Religion noch beschränkt. Nach und nach bekannten sich aber die Kaiser zum Buddhismus, und die Religion konnte immer mehr chinesische Anhänger gewinnen.
Um den Buddhismus in China noch bekannter zu machen, brachten die Mönche auch buddhistische Reliquien in einige chinesische Klöster. Die Geschichte der buddhistischen Reliquien geht auf das dritte Jahrhundert vor Christus zurück. Dazu erklärt uns unser Reiseleiter Li Zhanhui:
"Für die Anhänger sind die Reliquien heilige Gegenstände, die nach der Einäscherung der Leiche des Buddha erhalten blieben. Nachdem König Asoka Indien endlich wiedervereinigt hatte, wollte er den Buddhismus auch über die Grenzen Indiens hinaus bekannter machen und ließ die eingeäscherte Leiche von Sakyamuni in 84.000 Stücke, also Reliquien, aufteilen. Die indischen Mönche brachten diese Reliquien an verschiedene Orte der Welt. Auch 19 Klöster in China durften einen Teil bekommen, und das Famen-Kloster ist eines dieser 19 Klöster."
Um die buddhistischen Reliquien aufzubewahren, haben chinesische Mönche eine Pagode aufgestellt, in der ein Teil des Fingerknochens des Sakyamuni untergebracht wurde. Nach und nach baute man um die Pagode herum eine große Tempelanlage. So entstand das heutige Famen-Kloster.
1986 beschloss die Regierung, die Pagode zu renovieren, weil sie sich seit einiger Zeit an einer der acht Seiten absenkte. Im Zuge der Renovierungsarbeiten haben die Arbeiter einen unterirdischen Palast unter der Pagode gefunden. In diesem Palast hat man viele wertvolle Schätze der kaiserlichen Familie sowie vier silberne Fingerknochen des Buddha entdeckt. Es handelt sich dabei um den bisher größten unterirdischen buddhistischen Palast. Viele stellen sich dabei zu Recht die Frage: warum hat man den Palast unter einer Pagode gebaut?
Architekten stellten anhand des Baustils des Palastes fest, dass er während der Tang-Dynastie vor etwa 1.000 Jahren gebaut wurde. Das Famen-Kloster war während der Sui- und Tang-Dynastie ein kaiserlicher Tempel. Die Kaiser der beiden Dynastien glaubten, es könne dem Land Reichtum und Frieden bringen, wenn man buddhistische Reliquien in einem Kloster einschließt und sie verehrt. Deshalb spendete die kaiserliche Familie großzügig für den Bau eines unterirdischen Palastes, in dem wertvolle Kulturgegenstände, Juwelen und Schmucksachen zusammen mit buddhistischen Reliquien aufbewahren werden sollten. Acht Tang-Kaiser haben persönlich den Tempel besichtigt, um ihren Respekt vor den Reliquien des Buddha zu zeigen.
Die Touristin Li besucht zum ersten Mal das Kloster. Sie erzählt uns, sie habe viel von der buddhistischen Tradition gelernt:
"Das ist das erste Mal, dass ich im Famen-Kloster bin. Das Kloster ist sehr berühmt, aber ich habe noch nie persönlich die Tempelanlage besichtigt. Mein erster Eindruck ist, dass es sehr viele Pilger gibt. Ich habe viel von der Tradition des Buddhismus gelernt. Man erklärte mir von der Herkunft der Reliquien und von der Geschichte des Klosters. Außerdem wurde ich mit der Weltanschauung des Buddhismus vertraut gemacht."
Die Tempelanlage erlebte während der Song-Dynastie vor etwa 800 Jahren ihre Blütezeit. Damals bestand das Kloster aus 24 Höfen. Texte aus den buddhistischen Sutren wurden von berühmten Mönchen abgeschrieben und, in Stelen gemeißelt, im Kloster aufbewahrt.
Seit einigen Jahren pflegt das Famen-Kloster regen Austausch mit buddhistischen Klöstern in anderen Orten des Landes und auch mit dem Ausland. Dazu erzählt uns unser Reiseleiter Li Zhanhui:
"Unter buddhistischen Anhängern weltweit werden die Reliquien des Buddha als heilige Sachen angesehen. Die Fingerknochen, die man im Famen-Kloster aufbewahrt, wurden im Jahre 1994 auf Einladung des thailändischen Königs nach Thailand gebracht und dort ausgestellt. Die Ausstellung in Thailand dauerte 85 Tage und hat für großes Aufsehen gesorgt. 2002 reisten die Mönche aus dem Famen-Kloster zusammen mit dem Buddha-Fingern auf die Insel Taiwan. Die Ausstellung dort dauerte 38 Tage. Zwei Jahre später brachte man die Finger zu einer Ausstellung in die Sonderverwaltungszone Hongkong. Und 2005 wurden die Reliquien in Südkorea gezeigt."
Reisetips:
Der Eintritt in das Kloster kostet umgerechnet 2,80 Euro.
Der Rundgang durch die Tempelanlage dauert etwa drei Stunden.
Das Famen-Kloster ist 110 Kilometer von der alten Kaiserstadt Xi'an entfernt. Wenn Sie ausreichend Zeit haben, planen Sie eine Rundfahrt durch die alte Kaiserstadt und einen Besuch im Museum der Terrakotta-Armee ein.
Das Klima im Nordwesten Chinas ist etwas trockener als in der Hauptstadt.