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Exklusiv: ein Gespräch mit Dr. Norbert Egger
   2007-08-01 17:24:28    Seite drucken   cri

Dr. Norbert Egger hat als Erster Bürgermeister von Mannheim nicht nur dort Spuren hinterlassen. Der kreative Pragmatiker hat auch andernorts Spuren hinterlassen. In China zum Beispiel. Denn seit seiner Schulzeit ist China seine ganz große Leidenschaft. Und die will der promovierte Jurist auch nach seiner offiziellen Pensionierung als Bürgermeister ausleben. Sein Engagement und sein enger Kontakt zu China werden allseits honoriert. Zwei chinesische Städte haben ihn zu ihrem Ehrenbürger gemacht. Unsere Kollegin Franziska Raff hatte vor kurzem Gelegenheit, den China-Liebhaber zu interviewen:

F. Raff: Guten Tag Herr Dr. Egger, ich freue mich, dass ich Sie heute interviewen kann. Würden Sie sich kurz unseren Hörern selber vorstellen?

Dr. Egger: Ja, einen schönen guten Tag, mein Name ist Norbert Egger, ich bin in Mannheim zu Hause, Mannheim ist die zweitgrößte Stadt in Baden-Württemberg, gehört also zum Land Baden-Württemberg, grenzt aber an Hessen und Rheinland-Pfalz an, liegt also in einer drei Länder Ecke, ist die zweitgrößte Stadt in Baden-Württemberg, hat 325.000 Einwohner, ist dieses Jahr 400 Jahre alt, ich war dort 24 Jahre Bürgermeister in Mannheim und werde in diesem Jahr 68 Jahre alt.

F. Raff: Sehr schön, vielen Dank. Jetzt sind Sie ja ein begeisterter China-Fan, und uns interessiert natürlich, wo kommt denn Ihre China-Begeisterung her?

Dr. Egger: Ja, ich bin in der Tat sehr an China interessiert, ich sagte ja, dass ich in diesem Jahr 68 werde, das liegt schon mindestens 50 Jahre zurück, also schon in meiner Schüler- und in meiner Studentenzeit hatte ich großes Interesse an China, das war damals sehr, sehr schwierig, zu China Kontakt zu bekommen und auch über China informiert zu werden, das war ja die Zeit nach der Großen Revolution in China und da war das in Deutschland, hier in Westdeutschland alles sehr, sehr schwierig, an Informationen ran zu kommen, ich habe damals alles gelesen, was ich bekommen konnte und mich informiert. Ich bin inzwischen in zwei chinesischen Städten Ehrenbürger, wie mir der chinesische Botschafter in Deutschland gesagt hat und auch andere, bin ich damit der einzige Deutsche und vielleicht sogar der einzige Europäer, der in zwei chinesischen Städten Ehrenbürger ist, also eine selten Ehre.

F. Raff: Gibt es einen ganz speziellen Anlass, der diese Begeisterung ausgelöst hat, oder war es ein generelles Interesse?

Dr. Egger: Ja, der spezielle Anlass kann man sagen, war die große Achtung vor der Leistung des chinesischen Volkes in seiner großen Geschichte, in seiner bedeutenden Geschichte, die über 5.000 Jahre zurückliegt und vor seiner Kultur. Die Kultur kann man natürlich noch viel länger zurückverfolgen, aber die bekannte Kulturgeschichte, die mindestens 5.000 Jahre zurückliegt, und da basieren ja alle bedeutenden Erfindungen, die wir heute haben, auf chinesischer Kultur und chinesischer Geschichte. Und die großen Denker, die großen Philosophen, die wir kennen, die fußen auch alle auf chinesischem Denken, oder viele, sehr, sehr viele. Das wird zwar bei uns hier in Europa weniger dargestellt, aber wenn man sich etwas näher mit der Geschichte und den philosophischen Richtungen der Welt befasst, wird man sehr schnell nach China kommen, und das hat mich enorm beeindruckt.

F. Raff: Sie haben ja bereits gesagt, Sie haben sehr viel gelesen, hat Ihnen das auch den Zugang zur chinesischen Kultur eröffnet? Oder haben Sie den auch noch über eine andere Schiene bekommen?

Dr. Egger: Ja, das hat mir den Zugang eröffnet zur chinesischen Kultur und dann natürlich meine Reisen. Die vielen Reisen nach China, ich sage heute immer, als ich das 50ste Mal in China war, habe ich aufgehört zu zählen, wie viel Male ich in China war und dann hat das (die Zählerei) eben das Ende gehabt, aber ich war also sehr, sehr oft in China.

F. Raff: Sie haben auch bereits erwähnt, Sie sind Ehrenbürger in zwei chinesischen Städten, Sie haben ja auch Partnerschaften mit diesen Städten, es sind Qingdao und Zhenjian, ins Leben gerufen, wie können Ihrer Meinung nach beide Partner denn von diesen Austauschprojekten am meisten profitieren?

Dr. Egger: Also die Partnerschaften beruhen meines Erachtens auch zwei wichtigen Standbeinen, dass eine ist immer das kulturelle Standbein und das andere das wirtschaftliche. Beide gehören in meinen Augen immer zusammen. Kulturell und wirtschaftlich. Und das habe ich versucht immer zu praktizieren und ich praktiziere das auch heute noch. Ich habe versucht, in Mannheim einen chinesischen Garten zu bauen und zwar ohne städtische und staatliche Hilfen, also ohne staatliche Mittel durch Spenden. Ich habe fünf Millionen D-Mark gesammelt und ich darf hier "ich" sagen, weil das fast ausschließlich meine eigene Tat war. Bei Firmen, bei Spendern in unserer gesamten Region, Ende der 1990er Jahre, Anfang 2000 fünf Millionen D-Mark und wir haben damit einen chinesischen Garten gebaut, mit Bühne, mit Innenhof, auf dem wir Kulturveranstaltungen durchführen können, den wir auch den Firmen unserer Region zur Präsentation anbieten, das heißt also auch, um dort Firmenevents durchzuführen. Das ist eine Kombination eben auch für die Firmen, wenn sie chinesische Gäste haben, um sich dort auch mit ihren chinesischen Gästen zu zeigen, also wie ich finde, eine ideale Kombination. Wir haben hier einen Kristallisationspunkt für deutsch-chinesische Kooperation, für die Möglichkeit, chinesische Kultur hier zu zeigen und eben einen Treffpunkt für Deutsche und Chinesen in einer idealen Form.

F. Raff: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann sind Sie der Meinung, der Austausch muss immer im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich stattfinden. Gibt es noch einen anderen Bereich, wo Sie es für sehr wichtig erachten, oder sind das schon die zwei wesentlichen Bereiche?

Dr. Egger: Ja gut, das sind zweifellos die zwei zentralen Bereich, aber das wirkt sich dann natürlich auch noch auf viele andere Bereiche aus, das kann man nicht ausschließen. Aber die Kultur hat ja so viele Ausfächerungen in alle möglichen anderen Gebiete, das geht dann auch noch in die Bildung, wir versuchen zum Beispiel, auch im Gesundheitsbereich jetzt auch Austauschprogramme durchzuführen, das ist ein ganz, ganz wichtiger Gesichtspunkt, gerade jetzt durch die verschiedenen Entwicklungen mit SARS oder Vogelgrippe oder verschieden anderen weltumspannenden Gesundheitsherausforderungen. Da wollen wir zusammenarbeiten und werden wir zusammenarbeiten, da werden auch Wissenschaftler aus unserer Region und aus den beiden Städten zusammenkommen und kommen zusammen. Wir werden im Wohnungsbau zusammenarbeiten, also das ist völlig klar, da kommen auch aus ganz anderen Gebieten die jeweiligen Fachleute zusammen, das hat große Auswirkungen auch auf allen anderen Gebieten, das kann man nicht so definitiv nur auf diese beiden Gebiete begrenzen, das hat viele Auswirkungen, das eine stößt das andere an.

F. Raff: Jetzt würde uns noch interessieren, wie sind Ihre engen Kontakte zu ausgerechnet diesen beiden Städten entstanden?

Dr. Egger: Ja, also bei Qingdao lässt sich das ganz einfach erklären, da war ein Mannheimer Unternehmen, ein Unternehmen aus der Chemiebranche, das hatte dort Kontakte zur Stadt Qingdao und zu einem dortigen Chemieunternehmen, das hatte sich dort angesiedelt und hatte den Bürgermeister der Stadt Mannheim gebeten, dabei behilflich zu sein. Das liegt schon 17 Jahre zurück und damals war das so üblich, dass solche Kontakte nur mit der Hilfe der städtischen Bürokratie, wenn ich das einmal so sagen darf, überhaupt erfolgreich werden konnten und ich habe das sehr, sehr gerne gleich aufgegriffen und bin dann auch mit nach Qingdao und habe dort auch die dortigen Bürgermeister überzeugen können, dass das eine gute Sache ist, wenn ein Mannheimer Unternehmen sich in Qingdao ansiedelt, und wir haben das gemeinsam recht früh mit einem großen, mit einem sehr großen Erfolg, das darf ich so unterstreichen, das Unternehmen hat sich inzwischen mehr als verdoppelt in Qingdao, haben wir das gemeinsam bewerkstelligt. Und das war eines der ersten Unternehmen, das sich dann dort angesiedelt hat. Inzwischen sind in Qingdao mehr als 180 ausländische Unternehmen ansässig, also das ist inzwischen eine Boomtown geworden, aber damals war das noch absolutes Neuland, vor zehn, fünfzehn, siebzehn Jahren. Und in Zhenjiang, das liegt ja dann im Süden in der Nähe von Nanjing in der Provinz Jiangzu, kam die Stadt auf uns zu damals, auf die Stadt Mannheim, und hat uns gebeten, dass wir miteinander kooperieren, und wir haben hier eine große Verbrauchermesse, die nennt sich Maimarkt, in Mannheim, die ist immer so um den ersten Mai herum, da kommen so 400.000 - 450.000 Besucher an zehn Tagen, und da werden Waren präsentiert, also deswegen eine Verbrauchermesse. Und da haben wir die Stadt Zhenjiang eingeladen, dass sie auf diese Verbrauchermesse kommen soll. Und das hat sie wahrgenommen. Das war auch ein ganz großer Erfolg, und daraus hat sich eine ganz große Freundschaft entwickelt, und da kam die Idee, dass wir zusammen mit der Stadt Zhenjiang diesen chinesischen Garten bauen, und das war dann auch wieder ein riesen Erfolg.

F. Raff: Ist es bei Qingdao vielleicht auch so, dass Sie sich Qingdao sehr nahe fühlen, da es ja mal deutsche Kolonie war, und wenn man dort ist, hat man ja schon das Gefühl, einige Straßenzüge erinnern an deutsche Straßenzüge. Fühlen Sie sich dort besonders wohl, finden Sie das sehr spannend, hat Sie das eingenommen, oder finden Sie das eher etwas ungewöhnlich?

Dr. Egger: Ja, also die deutsche Vergangenheit erinnert einen immer wieder dort, das ist völlig klar. Seit 1997 oder seit 1996, also seit zehn oder elf Jahren, habe ich die Idee gehabt, das wir gemeinsam ein Projekt starten,l um alte Häuser zu renovieren und herzurichten und sie dann auch entsprechend anzubieten, aber das hat sich dann leider zerschlagen. Also insofern ist das schon interessant gewesen, aber...die Kolonialzeit hat ja auch ihre Schattenseiten gehabt, da kann man die Medaille mit zwei Seiten betrachten.

F. Raff: Mich würde noch interessieren, warum haben Sie sich, als Sie sich für eine Kooperation entschieden haben, für ein Teehaus und einen chinesischen Garten entschieden? Warum haben Sie dieses Symbol oder Beispiel der chinesischen Kultur nach Mannheim geholt?

Dr. Egger: Also ein chinesischer Garten ist Ausdruck der chinesischen Kultur in meinen Augen in höchster Vollendung. Dieser Garten ist ja nicht nur ein Garten wie das bei uns hier vielleicht so betrachtet wird, sondern er ist Ausdruck einer Philosophie. Und zwar, er enthält wesentliche daoistische Elemente, wo der Himmel sozusagen auf die Erde herunter geholt wird, der Mensch die Chance hat, sozusagen der Erde zu entrücken und eine Harmonie zu finden, die er sonst nirgends findet mit den verschiedenen Elementen. Und diese Gartenplaner verstehen es, den Menschen das nahe zu bringen. Und wir haben einen der besten Gartenplaner engagiert, der an der Tongji-Universität in Shanghai vorher einen Lehrstuhl hatte, und haben in einem besonderen Auswahlverfahren, das der Gouverneur der Provinz Jiangsu für uns organisiert hatte, dort ihn ausgewählt, in der Provinz Jiangzu, und er kam dann nach Mannheim und hat diesen Garten geplant. Ein ganz fantastischer Mann, für ihn gab es und gibt es heute noch zu seinen Lebzeiten eine eigene Briefmarkenserie seiner berühmtesten Gärten, die er in der Provinz Jiangzu gestaltete hat. Also in meinen Augen ein ganz genialer Gartenplaner, und er hat einen Garten geschaffen, der einmalig ist in seiner Art und der den Menschen auch heute hier, das sieht man immer wieder, ungeheuer viel bringt. Der besteht jetzt sechs Jahre, und wir haben jedes Jahr rund eine Million Besucher in diesem Garten. Die Menschen sind immer wieder fasziniert und begeistert, wenn sie da sind, ich denke, wir haben hier den Menschen etwas geschenkt und etwas geschaffen, das einen einmaligen Wert hat.

Ich bereue es nicht, ich bin stolz darauf, das muss ich so sagen, auf diese Sache.

F. Raff: Und Sie gehen sicherlich auf selbst öfter hin?

Dr. Egger: Ja, wenn ich Zeit habe, ja. Wenn ich in Mannheim, wenn ich in Deutschland bin, dann gerne. Wir haben sehr viele kulturelle Veranstaltungen, wir haben auch die wirtschaftlichen und diese Treffen, ich sagte das ja, also eine ungeheure Vielfalt ist da, das ist ein geistiges Zentrum der Begegnung mit anderen Kulturen.

F. Raff: Jetzt ist es vielleicht ja auch so, dass Ihre enge Verbindung zu China auch Ihren Alltag in irgendeiner Form beeinflusst hat. Wenn ja, wie?

Dr. Egger: Ja, das kann man wohl sagen, es vergeht praktisch kein Tag, an dem nicht Gespräche mit China stattfinden, an dem nicht Chinesen zu uns kommen und alle möglichen Aktivitäten mit China geplant werden. Ich mache ständig Reisen nach China mit allen möglichen Anliegen, es kommen permanent Leute zu mir, die Anliegen haben, da finden ständig alle möglichen Aktivitäten statt. Jetzt wird eine große Seidenstraßeausstellung stattfinden, dieses Jahr noch wird die eröffnet werden in Berlin, an der habe ich zehn Jahre gearbeitet, die kommt aus dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang mit der Hauptstadt Urumqi, die wird im Martin Gropius Bau eröffnet werden in Berlin im Oktober. Ich darf sagen, dass das mein Werk war, an dem ich zehn Jahre gearbeitet habe, wir werden andere große Aktivitäten noch eröffnen in diesem Jahr, also schon viele, viele Dinge und das geht permanent, habe ich da zu tun.

F. Raff: Das heißt, Sie bleiben auch nach ihrer offiziellen Pensionierung als Bürgermeister von Mannheim China verbunden und aktiv in diesem Bereich?

Dr. Egger: Das kann man sagen, China ist mein absoluter Schwerpunkt, und ich kann eigentlich so formulieren, China ist meine große Leidenschaft.

F. Raff: Und die gibt man ja mit der Pensionierung nicht auf?

Dr. Egger: Nein, das wohl nicht.

R. Eine Frage hätte ich noch, ich nehme an, Sie sind in Qingdao Ehrenbürger geworden, aufgrund der Gesamtleistung, aufgrund ihres Engagements. Oder gibt es da einen bestimmten Anlass oder einen Aspekt, an dem man das festgemacht hat?

Dr. Egger: Ja aufgrund des Gesamtengagements und wegen dieser Firma, dass ich die damals als einer der ersten oder als überhaupt der erste nach Qingdao gebracht habe.

F. Raff: Und dann noch eine ganz persönliche Frage. Sprechen Sie Chinesisch?

Dr. Egger: Ach nein, ich kann das wichtigste, ein bisschen Essen bestellen und so, das lernt man ja dann im Laufe der vielen Jahre, das man wenigstens die wichtigsten Dinge bestellen kann, aber sonst nichts, leider. Da bin ich zu alt.

F. Raff: Ja, ist auch zu aufwendig wahrscheinlich, bei all dem Engagement noch neben her.

Ja gut, das wäre von meiner Seite alles gewesen, ich danke Ihnen recht herzlich. Es war sehr aufschlussreich, und wir würden uns natürlich sehr freuen, hier in der Redaktion, wenn Sie uns mal bei einer Ihrer vielen Chinareisen persönlich besuchen würden.

Dr. Egger: Das würde ich gerne mal machen.

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