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Scharfer Charakter der Chongqinger
   2007-06-12 16:36:17    Seite drucken   cri

In der Bergstadt Chongqing leben hart arbeitende Männer und hübsche Frauen. Und sie lieben es scharf, jedenfalls in der Küche. Daher ist der so genannte Feuertopf eine Spezialität Chongqings. Heute wollen wir der Leidenschaft der Chongqinger für Scharfes mal ein bisschen auf den Grund gehen.

Chongqing liegt in einem Becken in Südwestchina. Dort herrscht ein feuchtes Klima, es ist oft neblig und schwül. Vielleicht lieben es die Chongqinger gerade deshalb in der Küche scharf. Wir fragen beim Chef eines Feuertopfrestaurants, bei Wei Dayuan, nach:

"Ein echter Chongqinger, ob jung oder alt, liebt es scharf. Diese kulinarischen Vorlieben haben auch den Charakter der Chongqinger beeinflusst."

Überall in Chongqing findet man Feuertopfrestaurants. Das gilt auch für die Umgebung der Stadt. Manchmal reihen sich in einer Straße unzählige Feuertopfrestaurants aneinander. Offizielle Zahlen belegen, dass es Ende vergangenen Jahres mehr als 80.000 Restaurants in Chongqing gab, über 50.000 davon bieten den scharfen Feuertopf an. Kein Wunder also, dass Chongqing auch die Hauptstadt des Feuertopfs genannt wird. Was ist denn nun aber so ein heißer Chongqinger Feuertopf? Analysieren wir dazu zunächst mal den Namen, der ist nämlich gleich in zweierlei Hinsicht Programm. Zum einen, weil der Feuertopf immer auf einer Herdplatte oder über dem Feuer steht, in Restaurants wird er so auch serviert. Zum anderen, weil auch der Inhalt feurig ist, Fremden kann der Genuss eines Feuertopfes schon mal den Schweiß auf die Stirn treiben. Der Topfinhalt sieht auf den ersten Blick gar nicht so feurig aus, denn die Grundsubstanz ist eine rötliche Ölbrühe, aber die hat es eben in sich, im wahrsten Sinne des Wortes, denn in ihr schwimmen scharfe rote Paprika, Chilis, Blütenpfeffer und andere heiße Gewürze. Das eigentliche Gericht wird dann zum Garen in diese ständig brodelnde Brühe geworfen. Von Gemüse über Fisch bis hin zu Fleisch kann je nach Lust und Laune alles in den Feuertopf wandern.

Zugegeben, ein sehr interessantes Gericht, aber warum lieben die Chongqinger den Feuertopf so besonders innig? Nun, vielleicht weil der Feuertopf eben einfach den Geschmack der Einheimischen perfekt trifft. Und dass sie so einen feurigen Geschmack haben, ist wohl auch auf das Klima in dieser Gegend zurückzuführen. Denn, um mit dem schwül-heißen Klima klarzukommen und dabei nicht vollständig den Appetit zu verlieren, eignet sich der Feuertop einfach hervorragend. Ihre Vorliebe für den Feuertopf hat die Chongqinger zu "scharfen Charakteren" gemacht. Sie sind sehr leidenschaftlich. Fragen Sie doch mal einen der Alten, der am Straßenrand mit anderen zusammensitzt, nach dem Weg. Er wird Ihnen mit Inbrunst den Weg erklären und leidenschaftlich mit allen anderen darüber diskutieren, welcher der kürzeste beziehungsweise am wenigsten anstrengende Weg ist. Schließlich gilt es im hügeligen Chongqing oft Steigungen zu überwinden.

Die deutsche Photographin Erika Koch beschreibt die Chongqinger folgendermaßen:

"Die Chongqinger sind sehr freundlich. Egal, ob du Chinesisch sprichst oder nicht, sie sind immer äußert bemüht und sehr aktiv, wenn es darum geht, dass sie dir irgendwie helfen können. Die Menschen haben eine sehr aussagekräftige Körpersprache. Für einen Fotographen ist Chongqing daher ein Paradies."

Aber die Chongqinger gelten nicht nur als leidenschaftlich, sondern auch als fleißig und sehr beharrlich. In diesem Zusammenhang darf eine Geschichte nicht unerwähnt bleiben. In Hechuan, einem Stadtteil von Chongqing befindet sich die Ruine der Verteidigungsstellung Diaoyucheng. Hier am Berg Diaoyacheng kämpften im 13. Jahrhundert 170.000 Soldaten der Song-Dynastie und einfache Bürger gegen die aus dem Norden einfallenden Mongolen. 36 Jahre lang verteidigten sie die Stadt erfolgreich. In der chinesischen Militärgeschichte gilt dies als ein Wunder. Chi Kaizhi hat sich intensiv mit der Geschichte des Diaoyucheng befasst:

"Wie hat man es damals geschafft, die Anlage Diaoyucheng 36 Jahre zu verteidigen? Die Truppen haben die topographische Situation ausgenutzt, die Militärführung hat eine optimal darauf abgestimmte Strategie ausgearbeitet. Hinzukommt, dass die Chongqinger gemeinsam mit den Soldaten mutig und mit einer unbeschreiblichen Entschlossenheit gekämpft haben."

Chi Kaizhi selbst ist ein gutes Beispiel für den Fleiß und die Beharrlichkeit der Chongqinger. Er hat an einer berühmten chinesischen Universität Geschichte studiert. Inzwischen lebt er seit 21 Jahren in Hechuan. Er erforscht die Geschichte des Chongqinger Stadtteils Hechuan. Auch als man ihm einen besseren Job angeboten hat, hat er sein Projekt nicht aufgegeben. Er hat den anderen Job einfach abgelehnt. Die Geschichte der Diaoyuchen-Anlage habe sich so in seine Gedanken eingegraben, dass er ja doch nichts anderes tun könnte, sagt er.

Trotz allem Fleiß sind die Chongqinger auch sehr fröhliche, optimistische Menschen. Im Stadtteil Ciqikou gibt es einen kleinen Laden. Der kleine Laden mit dem Namen Chenji besteht nur aus einem winzigen Raum. Chen Liangneng verkauft hier frittierten Fisch. Der 53-jährige war lange Jahre Buchhalter in einer staatlichen Seidenfabrik. Vor zehn Jahren wurde er arbeitslos. Seine beiden Kinder gingen damals noch zur Schule. Der Verlust seiner Arbeitsstelle brachte die Familie plötzlich in ernsthafte Schwierigkeiten.

"1999 habe ich schließlich den Laden eröffnet. Unsere frittierten Fische sind die besten des ganzen Viertels. Wir haben viele Stammkunden. Als ich noch in der Fabrik gearbeitet habe, habe ich im Monat 300 Yuan verdient, heute verdienen wir pro Kopf 2.000 Yuan. Für mich hat sich das Leben deutlich verbessert."

Chen Liangneng, der stolze Ladenbesitzer, hat stets ein Lächeln auf den Lippen. Die schwierigen Jahre liegen hinter ihm und in seinem fröhlichen Gesicht haben sie keine Spuren hinterlassen. In Ciqikou lebt er schon sehr lange. Früher, sagt er, seien nur wenige Menschen in dieses Viertel gekommen. Im Jahr 2000 hat die Regierung dieses alte Viertel, das auf eine 1.000-jährige Geschichte zurückblicken kann, sanieren lassen. Seither zählt es zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Diese Entwicklung hat sein Geschäft zusätzlich belebt. Heute hat er sogar drei Angestellte.

In den vergangenen zehn Jahren hat sich Chongqing, die jüngste regierungsunmittelbare Stadt Chinas, stark verändert. Heute finden sich im Stadtbild viele Hochhäuser. Die Entwicklung verläuft so rasant und Chongqing wächst so schnell, dass die Stadt alle drei Monate den Stadtplan aktualisieren muss. Jeder, der in dieser Stadt lebt, will am wirtschaftlichen Aufschwung teilhaben.

Der 26-jährige Chongqinger Wu Mei arbeitet bei einem Chongqinger Medienunternehmen. Studiert hat er in Shanghai. Nach dem Studium hatte man ihm auch in Shanghai eine Stelle angeboten, aber er entschloss sich, in seine Heimatstadt zurückzukehren. Er will die Chance nutzen, die ihm der rasante Aufschwung der Stadt bietet:

"Politisch steht Chongqing auf gleicher Ebene mit der Metropole Shanghai. Aber Chongqing hat wirtschaftlich noch viel mehr Entwicklungspotential. Das bietet auch mir verschiedene Möglichkeiten. Die möchte ich nutzen. Ich will hier am Aufschwung teilhaben. Ich will mich mit der Stadt weiterentwickeln. So kann ich zugleich Lebenserfahrung sammeln. Deshalb bin ich hierher zurückgekommen."

Ja. Die Chongqinger, die so gerne feurig essen, sind wie wir festgestellt haben leidenschaftlich, fleißig, hartnäckig und optimistisch. Sie sollten sie einfach mal persönlich kennen lernen. Reisen Sie doch mal hin, ins feurige Chongqing. Und dann muss natürlich ein Feuertopf auf den Tisch, spätestens wenn Ihnen beim Biss auf die erste Chillischote fast die Luft wegbleibt, werden Sie ein paar sehr hilfsbereite Chongqinger kennen lernen. Und das ist auf jeden Fall eine Reise wert.

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