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Reisen im Hochgeschwindigkeitszug
   2007-06-07 17:36:13    Seite drucken   cri
M: Im April hat der neue chinesische Hochgeschwindigkeitszug CRH seine Fahrt aufgenommen. Seither haben viele Chinesen das schnelle Tempo und die gemütliche Ausstattung im Zug getestet.

F: Unsere deutsche Kollegin Franziska Raff ist mit dem CRH von Beijing in die mittelchinesische Stadt Zhengzhou gefahren. Hören Sie ihre Erlebnisse.

Wer in diesen Tagen seinen Blick im Beijinger Westbahnhof über die Gleisanlagen streifen lässt, dem sticht sofort dieser auffallend andere Zug mit seiner futuristisch anmutenden, windschnittigen hochmodernen Form ins Auge. Zwischen all den herkömmlichen, etwas schwerfällig wirkenden E-Loks ist der weiße Zug mit seiner schmalen Silhouette ein Exot. Dabei ist der neue Hochgeschwindigkeitszug, der CRH, der Star der chinesischen Zugfamilie. Anlässlich des chinesischen Frühlingsfests wurde der CRH erstmals auf die Schiene gebracht, allerdings befand er sich damals noch in der Testphase und durfte daher nicht schneller als 160 Kilometer pro Stunde fahren. Seit dem 18. April braust er nun mit Höchstgeschwindigkeiten von 250 Kilometern pro Stunde durchs Land. Für unsere Berichterstattungsreise zur Expo Central China nach Zhengzhou nutzen wir den neuen Zug und kamen so in den Genuss eines völlig neuen Reiseerlebnisses. Das zeigte sich schon darin, dass sich unsere Reisezeit von ursprünglich acht Stunden auf fünf verkürzt hatte. Bereits beim Einsteigen merkte man einigen Fahrgästen die Aufregung an. Viele reisten das erste Mal mit einem so schnellen Zug. Das musste natürlich vor der Abfahrt noch schnell in einem Foto festgehalten werden und so bildete sich an der Nase des Zuges eine Schlange von Hobbyfotographen, die die Familie oder Freunde noch eben vor dem Zug ablichten wollten. Wir drangen unterdessen schon mal ins Innere des Zuges vor. Auch hier hebt sich der CRH von herkömmlichen Zügen deutlich ab. Es gibt moderne, bequeme Einzelsitze, die angenehm weich gepolstert und individuell einstellbar sind. Außerdem genießt der Fahrgast auch bei einer Größe von 1,80 Metern ausreichend Beinfreiheit. Sämtliche Türen im Zug öffnen und schließen sich automatisch, der Fahrgast muss nun noch äußerst selten irgendwelche Griffe berühren, was natürlich vor allem im Sinne der Hygiene überzeugt. Auch das topmoderne Waschbecken folgt dieser Philosophie, der amerikanische Geschäftsmann Marc Chandler war tief beeindruckt:

"Sie haben die besten Waschbecken hier. Händewaschen, einseifen und abtrocknen alles kann man in einem Waschbecken erledigen, ohne auch nur einen Wasserhahn oder Seifenspender anfassen zu müssen. Alles geht automatisch. Ich liebe das."

Und auch sonst bereute er es keineswegs, dass er sich auf Empfehlung seines Geschäftsfreundes entschieden hatte, mit dem neuen Zug und nicht mit dem Flugzeug nach Zhengzhou zu reisen:

"Der Zug ist sehr, sehr schön. Ich bin in Japan bereits sehr oft mit dem Shinkansen gefahren und dieser Zug hier ist ebenso gut."

Der CRH hatte auch seinen chinesischstämmigen Geschäftsfreund Shu Tingwen, der in den USA lebt, überzeugt:

"Der neue Zug sieht modern aus, er ist vor allem auch sehr sauber. Alle Anlagen hier sind sehr fortschrittlich. Auch der Service ist rundum gut. Eigentlich wollten wir nach Zhengzhou fliegen, aber mit dem Zug ist es billiger. Ich vertraue der modernen Technik."

Klar, als weltweit agierende Geschäftsmänner haben sich diese beiden schnell an das neue Fahrgefühl gewöhnt. Wie aber empfinden die anderen Fahrgäste ihre erste Reise in einem Zug, der mit 250 Kilometern pro Stunde über die Schiene saust. Ma Shufang zum Beispiel, die sich und ihrer Familie Tickets für die erste Klasse gegönnt hat:

"Wir haben im Fernsehen und durch die Zeitung von diesem neuen Zug erfahren. Dieser Zug ist anders als die normalen Züge, er ist viel bequemer. Die Atmosphäre ist gut, auch die Warteräume am Bahnhof sind viel besser als die normalen, sie sind ein bisschen wie die Wartehallen am Flughafen. Die Tickets sind teuerer als die für andere Züge, aber der Zug ist sein Geld auf alle Fälle wert. Wegen der hohen Geschwindigkeit habe ich keine Angst, ich glaube an diese Technik."

Eine Reihe hinter Ma Shufang sitzt ihr 71-jähriger Vater. Was ist sein erster Eindruck vom CRH:

"Der Zug fährt schnell, ist dabei aber sehr gemütlich. Ich fühle mich hier sehr wohl. Wenn ich wieder verreisen werde, werde ich mit diesem Zug fahren."

Nebenan haben drei kleine Mädchen die erste Klasse zu einem wahren Kinderparadies umfunktioniert. Vom Herumhüpfen auf den großen, bequemen Sitzen haben sie bereits rote Backen. Sie wirken unbekümmert und dennoch scheinen sie die einzigen zu sein, denen die Schnelligkeit des Zuges nicht ganz geheuer ist:

"Der Zug fährt sehr schnell, ich finde er schwankt dabei sehr."

Dass sich die Erwachsenen im Zug so sicher und wohl fühlen, hat bestimmt auch mit dem guten Service zu tun. Wie in einem Flugzeug gehen die Zugbegleiterinnen durch die Waggons und bieten Erfrischungen und Essen an. Alle sind junge, hübsche Mädchen, die in ihren chicen roten Uniformen sehr professionell wirken. Long Wenhua und Liu Xiaoya bestätigen das:

"In unserer Ausbildung haben wir vor allem gute Ungangsformen gelernt. Wir bedienen die Fahrgäste stets mit einem Lächeln. Die Arbeit hier macht Spaß."

Und auch bei den Schaffnern hat man darauf geachtet, dass vor allem erfahrenes Personal im CRH Dienst tut, so wie Wang Xiao zum Beispiel:

"Ich arbeite schon viele Jahre als Schaffnerin. Der CRH ist deutlich schneller als andere Züge, er ist der modernste Zug Chinas. Die Schaffner für diesen fortschrittlichen Zug wurden durch eine spezielle Prüfung ausgewählt. Mittlerweile ist dieser Zug bei den Fahrgästen sehr beliebt."

China hat keine Kosten und Mühen gescheut, um das Zeitalter der Hochgeschwindigkeitszüge zu erreichen. Denn, um diese topmodernen Züge auf die Strecke zu bringen, die mit mehr als 200 Kilometern pro Stunde über die Schienen rasen, sind etliche aufwendige Voraussetzungen zu erfüllen. Chinas Eisenbahnwesen befindet sich seit langem im Wandel. Die Eisenbahn ist das wichtigste Transportmittel in China. Etwa zwei Drittel des Passagierverkehrs und die Hälfte des Güterverkehrs werden mit der Eisenbahn bewältigt. Im Jahr 2010 soll das Schienennetz fast 400.000 Kilometer lang sein, 130.000 Kilometer sollen dann mit Hochgeschwindigkeitszügen befahrbar sein. Wichtige Hauptstrecken sind bereits erneuert worden, um die Systemgeschwindigkeit erhöhen zu können. Um eine Strecke für Züge wie den CRH tauglich zu machen, müssen entweder moderne Gleisbetten geschaffen werden, hierbei werden die Schienen auf eine Betonfahrbahn montiert, sie bewegen sich auch unter großem Druck nicht mehr. Will man Hochgeschwindigkeitszüge auf herkömmlichen Schottergleisbetten betreiben, ist eine sehr präzise Wartung erforderlich. Denn die schnellen Züge lassen die Gleise und Schwellen beim Drüberfahren vibrieren, die Gleise können sich dadurch seitlich verschieben. Das wäre für den weiteren Zugverkehr sehr gefährlich. Allerdings ist es mit neuen Gleisen noch lange nicht getan. Beim Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen müssen neue Signal- und Sicherungstechniken eingeführt werden, denn bei Tempo 200 und mehr kann der Zugführer die Signale an der Strecke nicht mehr erkennen. Daher setzt man auf computergestützte Systeme, um dem Fahrer über ein Display Informationen über den Streckenzustand und das nächste Signal zu übermitteln. Durch die extremen Geschwindigkeiten, die die Züge erreichen, sind sie sehr verschleißanfällig. Beispielsweise müssen die Radreifen der Züge deutlich häufiger gewechselt werden, weil sie in kurzer Zeit weitere Strecken zurücklegen als herkömmliche Züge. Hinzukommt, dass die Strecken für die Hochgeschwindigkeitszüge zumeist gerade verlaufen sollten, zudem werden spezielle Weichen benötigt. Technisch und finanziell ist der Aufwand hinter dem Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen also sehr hoch. Der CRH ist laut dem Sprecher des chinesischen Einsenbahnministeriums Liang Chenggu der Beweis, dass China die wichtigsten Grundlagentechniken zum Einsatz von Hochgeschwindigkeitszügen beherrsche. Der CRH selbst wurde allerdings noch weitgehend im Ausland produziert. Ein Konsortium aus dem japanischen Unternehmen Mitsubishi-Kawasaki, dem kanadischen Eisenbahnbauer Bombardier, der deutschen Siemens AG und dem französischen Konzern Alstom haben dieses zehn Milliarden Euro Projekt verwirklich. Kernpunkt dieses Projekts war ein umfassender Technologie- Transfer, so dass alle weiteren Züge in China gebaut werden können. Insgesamt hat China 60 CRHs bestellt. Die Hochgeschwindigkeitszüge sollen zunächst auf fünf Strecken mit einer Gesamtlänge von 2.000 Kilometern eingesetzt werden.

Die Erneuerungen des chinesischen Schienennetzes haben sich schon jetzt gelohnt, denn sicherlich werden immer mehr Reisende die modernen Züge nutzen. Denn wie der amerikanische Fahrgast Marc Chandler richtig bemerkt hat:

"Ich denke, man entscheidet sich aus zwei Gründen für eine Zugfahrt. Zum einen, weil es sehr bequem ist, zum anderen, weil es einem einen viel besseren Eindruck von China vermittelt als das Fliegen. Das kann man sich allerdings nur leisten, wenn man genügend Zeit hat. Wenn man fliegt, sieht man nur die Flughäfen und die Städte, dabei ist es wichtig, hinaus zu kommen, um das Land wirklich kennen zu lernen. Züge geben einem diese Möglichkeit."

Und wenn man dann auch noch so schnell unterwegs ist wie mit dem CRH, worauf warten sie dann noch.

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