In Berichten aus oder über China begegnet einem oft der Ausdruck "Aufbau der harmonischen Gesellschaft". Die harmonische Gesellschaft ist nicht nur Ziel der Zentralregierung Chinas, sondern auch Ziel der Regierungen verschiedener Ebenen. Auf einer Informationsreise hat unsere Kollegin Dou Xiaowen die Stadt Ma'anshan in der zentralchinesischen Provinz Anhui besucht und mit Ding Haizhong, dem Sekretär des Stadtkomitees der KP Chinas, über dieses Thema gesprochen.
Dou: Ausgehend von den Gegebenheiten der Stadt hat die Regierung Ma'anshan sich im Jahr 2006 das Ziel gesetzt, als erste Stadt der Provinz Anhui eine Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand und zugleich eine harmonische Stadt aufzubauen. Konkret gesagt soll bis zum Jahr 2010 das Pro-Kopf-Bruttoinlandsprodukt der Stadt 6.000 USD erreichen. Das durchschnittliche Einkommen der Stadtbewohner soll dann 18.000 Yuan RMB und das Nettoeinkommen der Bauern 8.000 Yuan RMB betragen. Auch soll es in der Stadt dann kaum noch Arbeitslose geben.
Zur "Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand" sagt der Sekretär des Stadtkomitees der KP Chinas, Ding Haizhong:
"Die Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand, die wir jetzt aufbauen, ist eine Gesellschaft auf einer hohen Ebene und mit einem noch höheren Niveau. Sie ist eine Gesellschaft, in der Wirtschaft, Politik und Kultur sich abgestimmt und gemeinsam entwickeln. In dieser Gesellschaft ist die Wirtschaftsstruktur gewinnbringend gestaltet, das Personal gut ausgebildet, die Bildungskosten gesenkt und die Lebensqualität der Bewohner erhöht. Eine harmonische Gesellschaft ist eine Gesellschaft, von der die Bewohner profitieren, und die von den Bewohnern anerkannt wird."
Dou: Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Stadtregierung Ma'anshan drei Schwerpunkte festgelegt. Dazu Ding Haizhong:
"Erstens werden wir dem Leitgedanken der Zentralregierung folgen und auch die strategischen Beschlüsse der Provinzverwaltung zur Entwicklung umsetzen. Zweitens soll die Entwicklung vergleichbar sein mit der in entwickelten Gebieten der Küstenregionen und internationalen Kriterien. Drittens sollen die Bewohner mit der Entwicklung zufrieden sein. Das Letztere ist am schwierigsten."
Dou: Dass die Stadtbewohner im Jahr 2010 jeweils 18.000 Yuan RMB verdienen sollen, ist vergleichsweise leicht zu realisieren. Dass die Bewohner von einer Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand ständigen Nutzen haben und auch mit dieser Gesellschaft zufrieden sind, ist eben nicht so leicht zu realisieren. Daher verdient die Stadtregierung Ma´anshan wirklich allen Respekt, wenn sie dies als Ziel der Regierung festgelegt hat und auch verwirklichen will.
Bis Ma'anshan eine harmonische Stadt ist, müssen noch eine Reihe von Arbeiten geleistet werden. Dazu noch einmal Ding Haizhong:
"Erstens müssen wir unsere Wirtschaft tatkräftig fördern. Eine Wirtschaft, die sich gut und schnell entwickelt, schafft die für den Aufbau einer harmonischen Gesellschaft notwendige solide Basis. Zweitens muss die Entwicklung in der Stadt und auf dem Land aneinander angeglichen werden. Das bedeutet auch, dass der Aufbau der sozialistischen Dörfer neuen Typs gefördert werden muss. Drittens müssen wir dem Leben der Bewohner große Aufmerksamkeit schenken. Die Bewohner sollen an den Erfolgen der Reform und Entwicklung teilhaben."
Dou: Die Wirtschaft in der Stadt Ma'anshan hat sich tatsächlich gut und schnell entwickelt. In den vergangenen fünf Jahren hat die Stadt gut aufgeholt und die Differenz der Wirtschaftsstärke im Vergleich zu den entwickelten Städten im Yangtze-Delta um 25 Prozent verringert. Der Schwerpunkt beim Aufbau einer harmonischen Gesellschaft liegt in den Dörfern und in der Landwirtschaft. Deshalb hat die Stadt Ma´anshan 100 Millionen Yuan allein im Jahr 2006 in die ihr zugehörigen Dörfer investiert. Für alle Beschäftigten in der Stadt, seien sie ortsansässige Einwohner oder Wanderarbeiter, wird ein Sozialversicherungssystem aufgebaut, um die Kluft zwischen Stadt und Land abzubauen.
Trotz all dieser Erläuterungen dürfte vielen unserer Hörer der Begriff "Aufbau der harmonischen Stadt Ma'anshan" noch ein bisschen zu abstrakt sein. Deshalb bat ich Herrn Ding, diesen Begriff mit sehr einfachen, verständlichen Worten zu beschreiben. Ding Haizhong antwortet:
"Unsere Stadt ist eine Industriestadt. Für Westler ist eine Industriestadt leicht vorstellbar. Unsere Stadt ist aber gleichzeitig auch ein Ort, an dem Menschen und Natur harmonisch zusammen leben. Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Ein deutscher Freund, Generaldirektor eines deutschen Unternehmens, sagte mir einmal bei einem Spaziergang am See, die Stadt sei seiner Heimat in Niedersachsen sehr ähnlich. Die Umwelt sei schön und es gebe wenig Menschen. Ich finde, dieses Bild passt sehr gut. Denn in chinesischen Städten gibt es normalerweise sehr viele Menschen. Hier im Ma'anshan jedoch herrscht kein Gedränge. Das Leben hier ist sehr ruhig und entspannt. Vom Lebensstandard her betrachtet sind wir nicht so reich wie die Deutschen. Aber als eine Stadt in einem Entwicklungsland können wir stolz sein, so viel erreicht zu haben. Unsere Einwohner hier haben die fünf wichtigsten Dinge des Lebens: Sie haben genug zu essen; ihre Kinder können die Schule besuchen; sie haben Arbeit; sie haben Wohnungen und sie haben ärztliche Versorgung und Medikamente. Die Stadt ist sicher, die Kriminalitätsrate ist sehr niedrig. Es gibt nicht sehr viel Polizei, weil wir sie nicht brauchen. Stattdessen gibt es hier viele Schulen. Ich glaube, deshalb genießen die Einwohner ihr Leben, und sie leben mit ihren Mitmenschen friedlich und freundlich zusammen. Ich glaube, diese Beschreibung ist für die deutschen Hörer nachvollziehbar."