In der Ortschaft Jieshou in der ostchinesischen Provinz Anhui hat sich die mehr als 1.000 Jahre alte Tradition des Töpferns erhalten. Viele chinesische Museen und auch einige ausländische Museen und Galerien zeigen ausgewählte Tonwaren aus Jieshou.
Zur Zeit der Sui- und Tang-Dynastie, also vor rund 1.100 Jahren, begann man in Jieshou mit der Herstellung von Tonwaren. Bevor die Produkte im Ofen gebrannt werden, ritzen die Künstler zunächst mit einem Messer Muster in den feuchten Ton. Oft zeigen die Darstellungen Ritter mit einem breiten Schwert. Diese Ritter sind Figuren aus den traditionellen chinesischen Opern.
Der Mann, der den Monolog vorträgt, heißt Lu Shanyi, er ist 87 Jahre alt. Lu Shanyi ist zudem ein erfahrener Töpfer. Lu hat damals damit begonnen, Ritter mit Schwertern auf den Tonwaren darzustellen:
"Ich habe Kerben in die Außenwand der Gefäße geritzt, diese Kerben stellten den Ritter, das Pferd und das Schwert dar. Ich habe die Kerben später mit Farben ausgefüllt. Dadurch bleiben sie auf dem Ton länger sichtbar."
Die bemalten Tonwaren werden in vielen chinesischen und ausländischen Museen ausgestellt. Der angesehene Töpfer Lu Shanyi erhält auch regelmäßig Bestellungen aus dem Ausland:
"Meine Tonwaren sind im Ausland sehr beliebt. Soeben ist bei mir eine Bestellung aus Polen eingegangen. Aber auch chinesische Kaufleute beziehen meine Produkte regelmäßig."
Jieshou liegt unweit des Großen Kaiserkanals. In der Vergangenheit wurden die Tonwaren auf dem Kaiserkanal in andere Regionen Chinas transportiert. Damals waren die Tonwaren noch ein Statussymbol der Mächtigen und Reichen. Historische Aufzeichnungen belegen, dass es im 19. Jahrhundert in den 13 Dörfern um Jieshou herum viele Töpfereien gab.
In Jieshou können Besucher in einigen Werkstätten heute noch miterleben, wie die kunstvollen Tonwaren hergestellt werden. Zunächst reibt man den Ton so lange, bis er weich und gut formbar ist. Allerdings darf man den Ton auch nicht zu weich werden lassen. Anschließend gibt man dem Ton eine bestimmte Form. Erst wenn man mit Hilfe eines erfahrenen Künstlers die Kerben auf der Außenseite des Tongefäßes platziert hat, kann das Gefäß im Ofen gebrannt werden. Nach dem ersten Brennen nimmt man das Gefäß aus dem Ofen und glasiert es, danach brennt man es erneut.
Die Töpfer lassen sich für die Gestaltung der Kerbendarstellungen von anderem folkloristischen Kunsthandwerk wie dem Scheren- oder Holzschnitt inspirieren.
Seit Dezember 2005 stehen Tonwaren aus Jieshou auf der Liste des immateriellen Kulturerbes Chinas. Seither schenkt man dem Töpfern von Jieshou wieder mehr Aufmerksamkeit. Ältere Künstler wollen ihr Wissen und ihre Erfahrung an die junge Generation weitergeben, damit diese Tradition nicht verloren geht. Zhang Qianwen, die Schwiegertochter des Künstlers Lu Shanyi, zählt zur neuen Generation von Töpfern. Sie erzählt uns, dass die Künstler die Geschichte des berühmten chinesischen Romans "Drei Reiche" als Motive auf die Tonwaren bringen wollten:
"Wenn wir die Geschichte dieses klassischen chinesischen Romans auf den Tonwaren darstellen, dann vermitteln wir quasi gleich zweimal Tradition. Außerdem bringen wir dadurch auch den Menschen in aller Welt unsere Traditionen und unsere Geschichte näher."
Reisetipps:
Um nach Jieshou zu kommen, reist man zunächst am besten in die Provinzhauptstadt von Anhui, nach Hefei. Von dort fahren Busse nach Jieshou. Mehrere Buslinien verbinden Jieshou mit den umliegenden Dörfern, in denen sich die traditionsreichen Töpfereien befinden. Neben den Tonwaren sind auch die Scherenschnitte aus Jieshou interessante Kunstwerke.
Die bekannteste lokale Spezialität ist ein Rinderfleisch-Gericht, für dessen Zubereitung 16 Gewürze benötigt werden.