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Warum ich neuerdings Gemeinsamkeiten mit Frau Merkel habe und warum ich ein chinesisches Auto besitze
   2007-04-06 09:54:04    Seite drucken   cri

 

5. April 2007

Heute morgen bin ich richtig unausgeschlafen. Das passt natürlich hervorragend damit zusammen, dass wir heute früher abfahren. Da ich gestern technische Probleme hatte - eigentlich nur einen zu langsamen Internetzugang - , konnte ich nicht wie gewohnt auch die passenden Bilder zum Tagebucheintrag nach Beijing schicken. Heute morgen klappt der Zugang auch nicht. Dou Xiaowen und ich überzeugen die Mitarbeiter, dass in diesem Notfall das Business Center aushelfen muss. Doch auch hier sitzt der Teufel im Detail: Die Bilder sind auf meinem Notebook, damit komme ich auch im Business Center nicht schnell genug ins Netz. Der Computer vom Business Center hat eine schnellere Verbindung. Also muss ein USB-Stick her. Ich habe keinen, aber das Hotel hat einen, den es uns auch leiht. Als wir jedoch die Bilder übertragen wollen, hat der USB-Stick keinen Speicher mehr frei! Ich gebe auf und setze mich in den Bus.

Die Fahrt nach Wuhu geht durch die wunderschöne Landschaft Anhuis, die mich immer wieder an Deutschland erinnert. So anders und doch vertraut ist sie. Und jetzt im zarten Frühlingsgrün sieht sie besonders schön aus.

Kaum haben wir die letzte Autobahn-Mautstelle passiert, stehen wieder mehrere Pkw und ein Polizeiwagen wartend am Straßenrand. Und wieder geht es im Konvoi in raschem Tempo in und durch die Stadt. Nur sind diesmal auch alle Ampeln für uns auf Grün und alle Kreuzungen für den anderen Verkehr gesperrt. Auch an jedem Kreisverkehr hält ein Polizist den fließenden Verkehr auf, damit unsere kleine Kolonne möglich schnell ihr Ziel erreicht. Langsam gewöhne ich mich daran, wie Frau Merkel durch China zu fahren. Dieses Gefühl könnte ich gern öfter haben.

Auf der Presseveranstaltung der Entwicklungszone Weda erfahren wir nicht nur, dass auch diese Zone große Schritte in Richtung Fortschritt macht, sondern zu meiner großen Freude und Überraschung erfahren wir, dass hier das bewährte System der dualen Berufsausbildung aus Deutschland importiert wurde.

Richtig spannend wird es bei unserem nächsten Stopp beim Automobilhersteller Chery. Zuerst besichtigen wir die Produktion. Da sind wir inzwischen bereits echte Profis. Sachkundig betrachten wir die Produktionsstraßen. Diesmal aus einem neuen Blickwinkel, denn wir werden auf eine Laufsteg hoch über den Maschinen geführt. Von hier oben haben wir einen hervorragenden Überblick und mein inzwischen geschultes Auge entdeckt eine Reihe von Maschinen aus Deutschland. Demnach steht also auch hier das deutsche Qualitätsbewusstein hoch im Kurs.

Auffallend ist, dass die meisten Autos schwarz, silber oder dunkelrot sind. Da ist es eine richtige Augenfreude, als mein Blick auf eine Reihe von frühlingsgrünen Kleinwagen fällt. Der Anblick der grünen Autos auf dem gelben Laufband, die von blaugekleideten Arbeitern montiert werden, ist richtig schön.

Doch die größte Überraschung kommt noch: Wir dürfen die neuesten Modelle einmal probesitzen. Nein, leider dürfen wir sie nicht probefahren. Ich habe aber trotzdem das Auto entdeckt, dass mich in die Gruppe der deutschen Autofahrer bringt, die sich vorstellen können, mal ein chinesisches Auto zu fahren. Der Chery V5 hat es mir angetan. Ich könnte mir vorstellen, so ein Business-Auto tatsächlich mal zu fahren. Leider gibt es derzeit noch keine Pläne, das Modell nach Deutschland zu exportieren. Da werde ich wohl doch noch den chinesischen Führerschein machen müssen.

Beim gemeinsamen Essen (wie schon erwähnt arbeitet man in China zum Glück nicht ohne ab und zu mal eine Pause für das Essen einzulegen) kommt dann noch eine Riesenüberraschung: Wir erhalten alle einen Chery QQ, zwar keinen echten, sondern ein Modell; ist aber richtig süß der Kleine. Meiner ist knallrot.

Am Nachmittag wird es dann wieder spannend, denn wir wollen Suncun, ein Dorf neuen Typs besichtigen. So richtig habe ich mir darunter bisher nichts vorstellen können, deshalb bin ich sehr gespannt. Als wir eintreffen, erwartet uns der Bauer schon auf den Stufen zu seinem Haus. Dieses Haus ist unerwartet groß und viel moderner als alle Bauernhäuser, die ich bisher gesehen und betreten habe. Ich entdecke auch ein Badezimmer mit Heiß- und Kaltwasser und einer richtigen Dusche. Im zweiten Stockwerk zieht sich eine Dachterrasse um das halbe Haus. So ein Haus würde in Beijing gut und gern drei Millionen kosten, hier jedoch nur um die 100.000 Yuan RMB. Wir interviewen den Bauern. Naja, ich interviewe weniger, als dass ich die Fragen meiner Kollegen mitschneide und dann auf die Hilfe meiner chinesischen Kollegen bei der Übersetzung hoffe. Offensichtlich ist der Bauer auch nicht ohne Geld, denn er rennt plötzlich los und kommt mit seinem Sparbuch wieder, das er stolz präsentiert.

Als nächstes besichtigen wir eine Näherei. Hier werden Polohemden genäht. Ich interviewe eine junge Frau. Wahrscheinlich bin ich mit diesem Interview heute in den Abendnachrichten, denn nach einem kurzen Moment der Überraschung hat der Kameramann des regionalen Senders die Szene gefilmt.

Damit ist der Tag noch lange nicht zu Ende, denn die Stadtverwaltung von Wuhu lädt uns noch zu einer Pressekonferenz mit anschließendem Abendessen ein. Und als Abendprogramm stehen dann noch ein Spaziergang in der ersten Fußgängerzone Chinas und der Besuch eines wunderschönen Teehauses mit wertvollen Sammlerstücken auf dem Programm. Die Fußgängerzone erinnert mich ein wenig an Hamburg, auch wenn die Straße breiter und der See kleiner als ihre Gegenstücke in meiner Heimatstadt sind.

Und jetzt ruft auch das Bett in diesem Hotelzimmer. Und da ich weiß, dass es morgen noch etwas früher als heute weitergeht, werde ich seinem Ruf jetzt folgen.

Also wieder einmal gute Nacht!

Antje aus Anhui

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