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Huizhou-Wohnhöuser an grünen Bergen und klaren Flüssen - Dorfarchitektur im Süden der Provinz Anhui
   2007-03-29 21:29:41    Seite drucken   cri
Betrachtet man China auf der Landkarte, kann man im Süden der Provinz Anhui ein weites Gebiet am Ufer des Xin'anjiang-Flusses zu Füßen des Huangshan-Gebirges entdecken, das durch seine glänzende Kultur und lange Geschichte charakterisiert ist und sich über die Jahre sehr gut erhalten hat. Wir sprechen von Huizhou.

Schon in der Yuan-Dynastie (1271-1368) wurde hier die Administration Huizhou Lu eingerichtet und man begann dieses Gebiet mit Huizhou zu bezeichnen. Heute ist Huizhou kein administratives Gebiet mehr, sondern ein Kulturkreis der traditionellen chinesischen Kultur, der die fünf Kreise Shexian, Xiuning, Qimen, Jixi und Yixian der Provinz Anhui und den Kreis Wuyuan der Provinz Jiangxi umfasst.

Huizhou rühmt sich einer fast 2000 Jahre langen Geschichte. Es begann sich nach der Südlichen Song-Dynastie (1127-1279) zu entwickeln und erreichte während der Ming- (1368-1644) und der Qing-Dynastie (1644 -1911) seine Glanzzeit. In Huizhou entstanden eine fortgeschrittene Wirtschaft und Technik, und auch Kultur und Kunst begannen zu erblühen. Die konfuzianische Schule von Cheng und Zhu, der Xin'an-Malstil und die vier bekannten Gruppen der Anhui-Oper haben hier ihren Ursprung. Auch das berühmte Reispapier Xuanzhi, die chinesische Tusche im Huizhou-Stil und der Shexian-Tuschstein stammen hierher. Technologien, Verlagswesen und Medizin waren auf einem hohen Stand. Dennoch ist nichts bekannter und lokal ausgeprägter als die Gebäude im Huizhou-Stil. Das Ausmaß der traditionellen Huizhou-Baukultur ist immens und sie ist sehr ausgefeilt, verfügt über eine individuelle Klarheit und verbindet sich harmonisch mit der Natur. Ihre Formen sind vielfältig, doch stets harmonisch, und sie bilden eine Einheit. Ihre Ausprägungen sind mannigfaltig, doch immer systematisch und die Bautechnik ist fein und ausgewählt, dabei aber schlicht und klar stilisiert. Heute sind die Bauten aus Huizhou bereits zu wertvollen Hinterlassenschaften für die tiefergehende Erforschung chinesischer und ausländischer Architekten geworden.

Huizhou mit Bergen und Flüssen - Hongcun, ein Dorf an Flüssen und Seen

Huizhou liegt mit seinen grünen Bergen und dem klaren Wasser mitten in einer Bilderbuchlandschaft. Seine Architektur hat sich der Landschaft voll angepasst, bringt sie sogar noch stärker zur Geltung. Die Dörfer von Huizhou sind durch ihr Gesamtkonzept, die geschickte Wahl der Standorte, die Beachtung der Geomantik und eine perfekte Struktur gekennzeichnet. Die Huizhouer Gebäude selbst liegen gewöhnlich im Schatten, sind aber in Richtung Sonne gebaut. Sie sind am Fuß eines Berges unter gleichzeitiger Nutzungsmöglichkeit von Wasserquellen gebaut, die lokalen Gegebenheiten wurden optimal genutzt - auf dem Flachland sind sie enger zusammen gebaut, auf bergigem Gelände zerstreuter. Ein wunderbares Beispiel dafür ist Hongcun. Diese Ortschaft befindet sich in Yixian, einem der sechs Kreise von Huizhou. Bereits in der Qin-Dynastie (221-206 v. Chr.) wurde dieser Kreis errichtet, er zählte zusammen mit dem benachbarten Kreis Shexian zu den ersten vom Ersten Kaiser der Qin-Dynastie in China eingerichteten Kreisen, hat also eine Geschichte von mehr als 2200 Jahren. Yixian liegt südwestlich des Huangshan-Gebirges. Hier ragen zahlreiche Berge empor, und Flüsse und Bäche schlängeln sich durch die Landschaft. Auf Grund der abgeschiedenen Lage findet man hier noch eine große Anzahl von Siedlungen mit gut erhaltenen Wohnhäusern, darunter mehr als 3000 Wohnhäuser aus der Ming- und der Qing-Dynastie. Die Wasserdörfer Hongcun und Xidicun wurden von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen und wir wollen sie ein wenig genauer betrachten.

Hongcun liegt im Norden Yixians, südlich des Berges Leigang und nördlich des Flusses Yangjiang. Dieser Standort entspricht genau den geomantischen Forderungen von "Im Schatten in Richtung Sonne liegen" und "Am Wasser gelegen mit den Bergen im Rücken". Besonders erwähnenswert ist das künstlich angelegte Kanalsystem, das das gesamte Dorf durchfließt.

Bereits 1131 n. Chr. während der Südlichen Song-Dynastie begann Hongcun zu entstehen. Mit der groß angelegten Errichtung eines Wassersystems wurde allerdings erst während der Regierungsperiode Yongle (1403-1424) in der frühen Ming-Dynastie begonnen. Damals wurden das Wasser der Bäche ins Dorf eingeleitet und hundert Meter lange Kanäle angelegt, die in vielen Windungen durch die Höfe und vor den Türen der Häuser entlang fließen und schließlich in den "Mond-See" (Yuezhao) vor dem Ahnentempel in der Mitte des Dorfes münden. 150 Jahre später wurde im Süden des Dorfes ein weiterer, über 100 Mu (ein Mu entspricht 1/15 ha) großer Teich, der Süd-See, angelegt. In den darauf folgenden 400 Jahren ist die perfekte Struktur dieses Wassersystems erhalten geblieben, und noch heute werden die Kanäle von den Dorfbewohnern im Alltag genutzt.

Der Zufluss in das Kanalsystem liegt auf einer Anhöhe nordwestlich des Dorfes, wo die Dorfbewohner mit Steinen einen Damm gebaut und eine Schleuse zur Erhebung des Wasserstandes errichtet hatten. Dieser Platz ist eines der acht Landschaftsbilder von Hongcun: "Auf und Ab der Wellen am Steindamm". Die Schleuse ist der Zufluss in die Dorfkanäle und zugleich der Beginn des Kanalsystems.

Die Kanäle sind etwa 60 cm breit und etwa einen Meter tief, schlängeln sich vom Nordwesten aus in Windungen durch die Gassen des ganzen Dorfes und fließen südostwärts weiter in alle Richtungen. Das Wasser ist klar und erreicht alle Haushalte. So lautet bereits ein Vers aus der Ming-Dynastie: "Vor jeder Haustür fließt klares Wasser." (Ming-Dynastie, Hu Chengjun: "Ode auf den Süd-See") Das Kanalsystem endet in der Mitte des Dorfes- im Mond-See. Der Mond-See ist wie ein Halbmond geformt, sein nördliches Ufer ist gerade, das südliche krumm und daher rührt auch sein Name. Er liegt vor dem Südtor des Ahnentempels der Familie Wang. Wie die menschliche Blutzirkulation den Mensch, belebt das Kanalsystem das geistige und materielle Leben des Dorfes. Einerseits wird es zum Waschen, von der Feuerwehr, zur Wasserableitung sowie Temperatur- und Feuchtigkeitsregulation genutzt, andererseits bilden die Kanäle zusammen mit den Steinplattenwegen, den Gärten und Höfen sowie Dorfplätzen und Torbögen im Dorf abwechslungsreiche Landschaftsbilder mit lokaler Färbung und bieten den Dorfbewohnern einen öffentlichen Raum zur Erholung und Kommunikation. In den glucksenden Kanälen spiegeln sich die fleckigen weißen Wände und schwarzen Dächer als auch die grünen Berge und der blaue Himmel wider. Die schlichten alten Steinplattenwege verbinden die Häuser mit ihren hohen Wänden und großen Höfen, Pavillons, Terrassen, Türmen und Lauben miteinander. Am Süd-See sieht man im Frühjahr Trauerweiden, im Sommer Lotosblüten, im Herbst die roten Blätter und im Winter den weißen Schnee. Jede Jahreszeit hat hier ihren Reiz. Die Kanäle verbinden nicht nur die verschiedenen Haushalte miteinander, sondern werden auch in jeden Hof eingeleitet, so dass jeder Hof seinen kleinen Teich hat und das Wasser den Geist der Natur hineinbringt.

Die Schleuse - die Kanäle - der Mond-See - der Süd-See und nicht zuletzt die Hofteiche bilden ein in sich geschlossenes Wassersystem und formen den Geist des ganzen Dorfes. Die Flüsse und Berge um das Dorf, die Straßen und Gassen, die Gebäude, die Landschaft und die Kleinstruktur (Mit Kleinstruktur sind kleinere Gebäude oder Strukturbestandteile gemeint, die um das Hauptgebäude gebaut sind. Sie dienen der Verschönerung der Umgebung, Hervorhebung der Atmosphäre, Einteilung des Raums, Dekoration und Betonung des Hauptgebäudes und dienen der Erholung oder Ästhetik.) des Dorfes bilden mit dem Leben, der Kultur und Entspannung der Dorfbewohner eine vollständige organische Einheit. Der Mensch kann also harmonisch mit der Natur leben, kann sie nutzen und umgestalten und zugleich auch schützen. Sie ist unentbehrlicher Bestandteil im Alltag des Menschen.

Schwarz-weißes Huizhou - Paradiesisches Xidicun

Zu den stärksten Besonderheiten der Gebäudegruppen in Huizhou zählt die organische Zusammensetzung der Punkte, Linien und Flächen der Dächer und Wände sowie ihre schwarze, weiße und graue Farbe, die alles fein und vornehm erscheinen lässt wie auf einer traditionellen chinesischen Tuschmalerei mit Landschaftsmotiven. Die weiß getünchten Wände der Huizhou-Wohnhäuser waren eigentlich nicht als Dekoration gedacht, sondern nur eine ökologische Erwägung zu jener Zeit, weil sie vor Feuchtigkeit und Sonne schützten. In den während der Regierungs-periode Wanli der Ming-Dynastie angefertigten Kreisannalen von Xiuning steht zu lesen: "Die Wände wurden mit Kreide gestrichen, um die Häuser vor Feuchtigkeit zu schützen, zur Dekoration wurden keine Finanzmittel ausgegeben." Später erst, mit der Entwicklung der Kultur, insbesondere unter dem Einfluss des Huangshan-Malstils der traditionellen chinesischen Landschaftstuschmalerei, wurde die Schönheit dieser schwarz-weißen Farbkomposition zunehmend entdeckt. Die entwickelte Kultur Huizhous als auch das ästhetische Gefühl einer großen Anzahl von Intellektuellen für stille und schlichte und dennoch elegante Stilelemente mögen ein anderer Grund für die Popularität dieses Baustils mit seinen weißen Wänden und schwarzen Dächern sein.

Das Dorf Xidicun ist als Land der Pfirsich-blüten, als Paradies bekannt. Es liegt acht Kilometer östlich der Kreisstadt Yixian. Zwei Bäche fließen von Ost nach West quer durch das Dorf, daher der Name Xidicun ("Westwärts weitergeleitet"). Das Dorf hat noch eine komplett erhaltene Dorfstruktur und dörfliche Umgebung.

Xidicun ist eine Ansiedlung der Hu-Sippe. Die Straßen und Gassen verlaufen hier im Zickzack, sie dienen nicht nur als Verkehrswege sondern auch als Raum zur Kommunikation der Dorfbewohner. Die Dimension der Häuser wirkt angenehm und freundlich. Überall sieht man hier hohe und niedrige Pferdekopf-Mauern, fein geschnitzte Torschirme, Torbogen-Eingänge (Ein Tor mit Torbogen, der obere Teil ist halbrund und mit Ziegeln gebaut), lebhaft gestaltete Gitter- und Punkt-Fenster (Die Außenfläche der Häuser in Huizhou ist in der Regel geschlossen und nur mit sehr kleinen, lukenähnlichen Fenstern versehen.) sowie reizvolle Grünanlagen mit Bonsais. Die Straßen und Gassen sind mit den Gärten und Höfen verbunden, die wiederum mit den kleinen Innenhöfen verbunden sind, was einen abwechslungsreichen und fließenden Rhythmus erzeugt. Im ganzen Dorf steht ein Wohnhaus eng am anderen und dazwischen ragen Ahnentempel, Damengemächer und Gedenkbögen empor. Zusammen mit den Bäumen, Bächen, Feldern und dem Qualm aus den Küchenschornsteinen ergibt sich eine lebhafte Szenerie. Das Pultdach jedes einzelnen Hauses und die entsprechenden Pferdekopf-Mauern weisen in unterschiedliche Richtungen und bilden gemeinsam die schwarz-weißen Flächen und Linien auf den großen weißen Flächen der Wände. Da die Straßen und Gassen im Zickzack verlaufen und die Häuser verschieden ausgerichtet sind, außerdem unterschiedliche Höhen, Stockwerke und Ausmaße haben, haben sich diverse Gebäudeformen herausgebildet. Da jedoch die Baustoffe und der grundlegende Gesamtaufbau identisch sind, sind die Häuser zwar in einem einheitlichen Stil jedoch in zahlreichen Ausprägungen gebaut.

Selbstverständlich ist das Innere der Häuser farbenprächtiger gestaltet. Luxushäuser sind in der Regel mit roten Tragbalken gebaut, wichtige Stellen mit vergoldeten Holzschnitzereien dekoriert. Gelehrtenfamilien zogen jedoch die Tore, Fensterrahmen und Möbel lackiert und in der Originalfarbe des Holzes vor.

Bei der Farbgestaltung der Wohnhäuser in Huizhou ahmt man nicht die Naturfarben nach sondern bildet einen klaren Kontrast zu den grünen Bergen und dem blauen Wasser. Die gelungene Kombination der guten Proportionen und organischen Veränderungen mit den eleganten und miteinander austauschbaren Farben Schwarz, Weiß und Grau der Häuser kontrastieren sehr gelungen zu den Naturfarben. Berge, Wasser und Gebäude heben sich gegenseitig hervor und ergänzen einander optimal.

Reales und fiktives Huizhou - Innenhöfe und Pferdekopf-Mauern

Traditionelle Huizhou-Wohnhäuser waren bereits während der Ming-Dynastie ausgereift. Typischstes Beispiel sind die Hofhäuser mit ihrem "Zusammenfluss des Regenwassers von vier Seiten in den Hof vor der Halle" (Bei Huizhou-Wohnhäusern sind alle vier Seiten mit Pultdächern versehen und das Regenwasser fließt von allen vier Seiten in den Innenhof vor der Haupthalle.). Bei dieser Bauform trifft Reales mit Fiktivem zusammen. Die Wohnhäuser selbst sind nach innen gerichtet, nach außen sind die hoch emporragenden Wände aus Furcht vor eventuellen Einbrechern nur mit kleinen Fenstern zum Lüften versehen. Eine große Anzahl Huizhou-Wohnhäuser wurde dicht zusammengedrängt gebaut, zwischen den einzelnen Häusern gibt es nur Feuermauern als Trennwände, die dem Brandschutz dienen. Da die oberen Ecken dieser Mauern wie Pferdeköpfe aussehen, werden sie als Pferdekopf-Mauern bezeichnet. Die geschlossene Erscheinung der Huizhou-Wohnhäuser verkörpert hier den realen Aspekt. Im Innern des Wohnhauses werden die Innenhöfe zur Verwirklichung des Austauschs mit der Natur genutzt. Zahlreiche Wohnhäuser haben ganz unterschiedliche Innenhöfe, in denen üppige Pflanzen wachsen und eine lebhafte Betriebsamkeit herrscht. Dies bezeichnen wir als den fiktiven Aspekt. Huizhou-Wohnhäuser erreichen gerade durch diese Verbindung von "Fiktivem" und "Realem" eine perfekte Einheit von Kunst und Leben.

Huizhou-Wohnhäuser mit ihren Innenhöfen unterscheiden sich von den Hofhäusern in Nordchina. Die ursprünglichen Einwohner Huizhous waren die alten Yue, eine sehr frühe Nationalität, die noch vor der Qin-Dynastie (vor 221 v. Chr.) südlich des Mittel-und Unterlaufs des Yangtse lebte. Überlieferungen zufolge sollen sie Nachkommen des Großen Yu sein und lebten damals in vogelnestähnlichen Baumhäusern. Ab der Han-Dynastie begannen die Han-Chinesen in großem Stil von Zentralchina aus in die Gebiete um Huizhou einzuwandern. Sie brachten ihre Kultur aus der zentralchinesischen Ebene mit, die später zur Hauptkulturströmung Huizhous wurde. Trotzdem konnten die Han die Yue-Kultur nicht vollständig verdrängen, noch weniger konnte die Han-Kultur sich von den klimatischen und geografischen Bedingungen, unter denen sich die Yue-Kultur entwickelt hatte, lösen. Die Baumhäuser der alten Yue finden sich im Prinzip heute noch in den alten Huizhou-Wohnhäusern wieder, die eine Kombination aus den mehrstöckigen Ganlan-Holzhäusern, den Nachfolgern der Baumhäuser, und den Hofhäusern aus dem Norden Chinas sind. Huizhou-Hofhäuser sind meist mehrstöckig, einstöckige Hofhäuser, die in Nordchina gang und gäbe sind, sind hier sehr selten und wenn es sie gibt, wird zusätzlich ein Fußboden aus Holz verlegt und eine Zwischenlage für die Belüftung und zur Verminderung der Luftfeuchtigkeit eingefügt. In der Tat waren die während der Ming-Dynastie in Huizhou gebauten Häuser zweistöckige Gebäude, die Hauptaktivitäten fanden in der oberen Etage statt. So war das Höhenverhältnis von Erdgeschoss und erstem Stockwerk 1:2. Bei den während der Qing-Dynastie entstandenen Wohnhäusern wurden viele Besonderheiten nordchinesischer Hofhäuser übernommen, so beispielsweise, dass die Hauptaktivitäten überwiegend im Erdgeschoss stattfanden. Die Höhenproportion von Erdgeschoss und erstem Stockwerk wurde dann mit 2:1 angesetzt. Daneben wurden die Besonderheiten eines Baumhauses ebenfalls bewahrt: Die Haupthalle war voll und ganz geöffnet und zur besseren Belüftung mit dem Innenhof verbunden. Auch die Proportion der Innenhöfe ist anders als die nordchinesischer Hofhäuser. Der Innenhof ist länglich, hoch, schmal und klein, damit im Sommer möglichst wenig Sonne einfällt und man gleichzeitig die Sogwirkung eines Schornsteins zur besseren Belüftung nutzen kann. Diese Baukonstruktion verbindet zwei unterschiedliche Holzkonstruktionen miteinander: die nordchinesische Variante mit ihren gehobenen Balken (Tailiangshi) (Hierbei werden die Balken auf die Säulen gesetzt, auf die weitere Balken gesetzt werden.) und die südchinesische mit ihren Verzahnungen (Chuandoushi) (Hierbei werden Balken und Säulen durch Holzsteckverbindungen und Keile verzahnt.), oft findet man beide Ausführungen beim Bau der Haupthalle und der Schlafzimmer im selben Haus parallel nebeneinander. Auch das Tor eines Huizhou-Wohnhauses verbindet die Besonderheiten der Eingangstore südchinesischer Dörfer als auch nordchinesischer Häuser. Typische Beispiele dafür sind in Huizhou die Gedenkbögen und die an diese angelehnten Tore.

Bücher und Umgangsformen in Huizhou - Lehranstalten und Gedenkbögen

Seit Menschengedenken werden Kultur und Bildung in Huizhou großgeschrieben. Die konfuzianisch-ethische Schule der Song- und der Ming-Dynastie hat einen tief reichenden und breiten Einfluss auf Huizhou ausgeübt. Zhu Xi (1130-1200), ein Repräsentant dieser Schule aus der Südlichen Song-Dynastie, wurde in Huizhou geboren und hielt hier seine Vorlesungen, "Xin'an war reich an berühmten Gelehrten", "Sogar in einem kleinen Dorf mit nur zehn Haushalten vernachlässigt niemand die Feldbestellung oder das Lernen". Das Vererben der Bücher und der Umgangsformen an die Nachkommenschaft war eine feste Tradition bei den Huizhouern. "Das Höchste auf der Welt ist das Studium" verkündet ein Spruchpaar im Dorf Xidicun. Auch in der Baukunst spiegelt sich diese Haltung wieder: es gibt eine große Anzahl Lehranstalten, private Einklassenschulen alten Stils, Ahnentempel und Gedenkbögen. Die bekanntesten Lehranstalten darunter sind die Südsee-Lehranstalt, die "Lehranstalt Purpurne Sonne" und die "Lehranstalt Bambus-Berg" am Süd-See in Hongcun. Während der Ming-Dynastie gab es in Huizhou für eine Bevölkerung von 560 000 Einwohnern allein 52 Lehranstalten und 462 private Einklassenschulen alten Stils. Nach der Ming-Dynastie brillierten eine große Zahl Huizhouer, die die Kaiserlichen Staatsprüfungen bestanden hatten und eine Beamtenkarriere verfolgten. Nicht selten gab es im selben Dorf, ja sogar in einer einzigen Familie, mehrere Beamtentitel und Mitglieder der Kaiserlichen Akademie. Zahlreiche hochrangige Beamte und Prominente des Kaiserhofs bzw. der Gesellschaft stammten aus Huizhou.

Huizhou legte großes Gewicht auf die Einhaltung der Gesetze und der disziplinären Riten, was architektonisch in der Errichtung einer großen Anzahl von Ahnenhallen sowie Ehren- und Gedenkbögen zum Ausdruck kam. Die Ahnenhalle war das Zentrum einer Sippe. Da in Huizhou sehr konzentriert zahlreiche Sippen lebten, gab es hier besonders viele Ahnenhallen hohen Ranges. Ein Beispiel dafür ist der Baolun-Pavillon im Hinterhof der Ahnenhalle der Luo-Sippe im Dorf Chengkan, der in der Regierungsperiode Wanli der Ming-Dynastie (1573-1619) gebaut wurde. Der Pavillon ist 29 m breit und 10 m tief, verfügt über 11 Räume und ist reichlich mit Ornamenten und Schnitzereien dekoriert, von denen besonders die Farbmalerei am Tragbalken im Schlafgemach in ganz China eine Seltenheit ist. Ein weiteres Beispiel ist die Jing'ai-Halle im Ahnentempel der Hu-Sippe im Dorf Xidicun. Sie hat zwei hintereinander liegende Höfe mit drei Hallen. Ihre Räume wirken großzügig und feierlich, die Balken sind groß, hoch und mit fein gearbeiteten Schnitzereien versehen. Die Ahnenhallen in den Dörfern Huizhous waren nicht nur das architektonische sondern auch das geistige Zentrum der Dorfbewohner der verschiedenen Sippen. Die Zeremonien der Ahnenverehrung einer Sippe, wichtige Entscheidungen, Auszeichnungen und Bestrafungen aller Art wurden hier vorgenommen. Heute sind die Ahnentempel in Huizhous alten Dörfern zu einer ganz besonderen Sehenswürdigkeit geworden.

Die Gedenkbögen bewahrten die feudale Ethik zwischen den Sippen und Herrschern. Huizhous Gedenkbögen stehen hinsichtlich Anzahl und Qualität an der Spitze in ganz China. Allein in Shexian gibt es 94 Gedenkbögen, von denen 34 Ehrenbögen für die Keuschheit verwitweter Frauen stehen. Diese Gedenkbögen spielten die Rolle eines Tores, sie galten entweder als Kennzeichen für einen Eingang oder als Trennmauer für den Raum und waren sehr abwechslungsreich gestaltet. Der Gedenkbogen am Eingang des Dorfes Xidicun mit seinen drei Abschnitten, vier Säulen und fünf Balken ist mit einer Höhe von 13 m einer der höchstrangigen seiner Art. Er wurde Hu Wenguang, dem Gouverneur der Jiaozhou-Präfektur, vom Kaiser Shenzong während der Regierungsperiode Wanli in der Ming-Dynastie verliehen. Die derzeit größte Gruppe von Gedenkbögen in Huizhou liegt in Tangyue. Diese aus sieben Gedenkbögen bestehende Gruppe steht heute still zwischen den Rapsfeldern. Doch ihre imposante Größe, die fein gearbeiteten Schnitzereien und Inschriften von weit und tief greifender Bedeutung erzählen von Ruhm und dem Auf und Ab der Familiengeschichte.

Technik und Kunst Huizhou - "Dreierlei Schnitzereien" und Gartenanlagen

Huizhous "Dreierlei Schnitzereien" (Holz-, Ziegel-und Steinschnitzerei) sind für ihre perfekte technische Ausführung landesweit bekannt. Noch bemerkenswerter ist ihre kunstvolle Kombination innerer und äußerer Bauteile und Dekorationen. Damit verleihen sie den Gebäuden mehr Ausstrahlung und heben sich selbst hervor. Tor-Schirme, Balken-Enden, Gitterfenster und Trennwandtafeln sind fein gearbeitet und von unvergleichlicher Formvollendetheit. Anerkennenswert ist, dass die Technik dieser Huizhouer Schnitzereien niemals übersteigert sondern nur dort eingesetzt wurde, wo sie wirklich notwendig war. Diese Schnitztechnik betont die freie Ausführung. Im Schlichten sucht man nach Schönheit und die Feinheit wird durch robuste Elemente unterstrichen. Alle diese Schnitzereien sind von höchster Qualität.

In der Regel wurden Ginkgo- und Phoeben-Holz sowie andere Edelholzarten als Materialien für Holzschnitzereien verwendet. Sie wurden dann nicht mehr farbig lackiert sondern nur noch mit Holzöl bestrichen. So kamen die Feinheiten der Schnitzerei besser zur Geltung und auch die natürliche Schönheit des kostbaren Holzes und der Maserung traten besser zutage.

Als Material für die Steinschnitzereien wählte man zumeist "Yixian-Blaustein". Dieser Stein hat eine harte Konsistenz, feine Maserung und einen milden Glanz. Er stammt hauptsächlich aus den Bergen von Xidicun und Meixicun im Kreis Yixian. Steinschnitzereien fanden nicht nur an den Toren der Huizhou-Wohnhäuser und an den Gedenkbögen breite Verwendung. Erstaunlicherweise wurden auch viele Gitterfenster aus einem ganzen Stein geschnitzt und ihre Muster sind in einer gelungenen Kombination aus Härte und Zartheit geformt. Sie verleihen dem Raum Transparenz und schmücken ihn sehr fein und erlesen.

Huizhous Ziegelschnitzereien sind aus den in Huizhou reichlich produzierten blauen Ziegeln in harter und vorzüglicher Qualität gefertigt. Sie fanden in Torbögen, Tor-Schutzhüllen und Türstürzen breite Verwendung und sind ein wichtiger Bestandteil der Huizhou-Wohnhäuser.

Huizhou hat nicht nur ein hoch entwickeltes Kunsthandwerk, wie beispielsweise Bonsais, Xuanzhi-Reispapier, chinesische Tuschsteine im Huizhou- und Shexian-Stil; es hat auch eine hoch entwickelte Kunst, wie beispielsweise das Drama und die Malerei im Huizhou-Stil, insbesondere den Xin'an-Malstil. Berühmte Künstler wie Hong Ren (1610-1664) und Zha Shibiao (1615-1698) aus der frühen Qing-Dynastie bis zum modernen Künstler Huang Binhong (1865-1955) haben hier zahlreiche Landschaftsmalereien mit Tusche geschaffen und die Entwicklung der traditionellen chinesischen Malerei gefördert. Der Geschmack, der Stil und die Ausdrucksweise dieser Künstler haben das Antlitz, die optische Komposition und die Aufteilung der Bau- und Gartenkunst Huizhous in großem Ausmaß beeinflusst.

Der Gartenbau im Huizhou-Stil ist ein wichtiger Bestandteil der dortigen Architektur, er ist durch Bonsais, Teiche und Grünanlagen charakterisiert, verteilt sich überall in den Wohnanlagen der Menschen und ist eng mit ihrem Alltagsleben verbunden. Der Chan'gan-Garten im Dorf Tangmo des Kreises Yixian, der als "Kleiner Westsee" bezeichnet wird, ist ein berühmter Garten im Huizhou-Stil. Er wurde in der frühen Qing-Dynastie von einem Kaufmann namens Xu für seine Mutter errichtet, damit sich diese hier in Anhui an der Landschaft des Hangzhouer Westsees erfreuen konnte. Dieser Garten war klein und exquisit und wurde unter Einbeziehung der Bauelemente von Jiangsu- und Zhejiang-Gärten angelegt. Der "Gengdu-Garten" ("Garten von Acker und Studium") des Kreises Yixian liegt am Fuß des Grünen Berges und verbindet diesen mit dem Wasser zu einer Landschaft. Vor der Studierstube liegt ein Wasser-Hof mit einem von Wasserpflanzen bewachsenen Teich. Außerhalb der Wände erstrecken sich die weiten Reisfelder. Sein Name lässt sich also leicht von seinem Standort ableiten. Der Wasser-Garten in Li Shumings Haus in Hongcun liegt hinter der Haupthalle und hat im Vorhof einen kleinen Teich. Der "Armsessel der Schönheiten" (Ein "Armsessel der Schönheiten" ist ein hölzerner Sitzplatz mit Lehne, der in der Regel in einem Pavillon oder Korridor im Garten stand. Die schönen Damen des Hauses saßen oft auf solchen Armsesseln im Garten, daher seine Bezeichnung.) und steinerne Baluster, auf denen Bonsais im Huizhou-Stil stehen, bilden in Kombination mit den Gitterfenstern aus polierten Ziegeln an weiß gestrichenen Wänden die ländlich geprägte idyllische Atmosphäre...

Huizhou der Kaufleute und konfuzianischen Gelehrten - Handel und Kultur ergänzen sich

Dass in Huizhou die Baukultur hoch entwickelt war, ist kein zufälliges Phänomen. Der Hauptfaktor dafür war das Aufkommen der Huizhouer Kaufleute im konfuzianischen Stil. Im Unterschied zu denen aus der Provinz Shanxi kamen sie aus einer Region mit dem Hintergrund der Verschmelzung von Han- und Yue-Nationalität, in der weniger Land vorhanden und eine größere Bevölkerung zu verzeichnen war. Viele Menschen waren gezwungen, ihre Heimat zu verlassen und ihre Geschäfte woanders zu tätigen. Sie orientierten sich zunehmend nach außen. Infolge ihrer hoch entwickelten Kultur und Bildung waren sie intelligent und seriös und verstanden sich gut auf ihre Geschäfte. Sie wussten auch, dass "Reichtum den Konfuzianismus weiterentwickeln und eine Karriere den Handel schützen kann" und so erzielten sie sowohl im Handel als auch in ihrer eigenen Karriere beträchtliche Erfolge. Sie handelten mit Salz und Tee, betrieben Pfandhäuser, Verlage und andere Firmen. "Kein Marktplatz ohne Huizhou-Kaufleute" hieß die Devise und diese wurden immer reicher. Die stabile wirtschaftliche Grundlage führte zur Förderung der Kulturentwicklung, während umgekehrt die fortgeschrittene Kultur den Geist der Huizhouer Kauf leute in Richtung zunehmende Außenkontakte und Außenhandel mit anderen Landesteilen ankurbelte. Als Folge davon blühte die Wirtschaft immer mehr auf.

Der Großteil der Wohnhäuser in Huizhou wurde mit Hilfe des großen Wirtschaftspotentials ihrer Kaufleute gebaut. Unter dem Einfluss der hoch entwickelten Kultur wirken diese Bauten fein und nobel, frei von Vulgarität oder Extravaganz. Am charakte­ristischsten sind Bauten wie Ahnenhallen, Gedenkbögen und Lehranstalten, die sich erst auf der Basis der mehrfachen Identität der Huizhou-Kaufleute als Handelsherren, konfuzianische Gelehrte und Beamte entwickeln konnten. Der Xu Guo-Gedenkbogen in Shexian wurde mit Genehmigung des Kaisers während der Regierungsperiode Wanli der Ming-Dynastie dem Minister und Großsekretär Xu Guo aus Shexian zu Ehren im Gedenken an seine besonderen Verdienste errichtet. Erwähnenswert sind in diesem Zusammenhang noch der Gedenkbogen für den Gouverneur der Präfektur Jiaozhou am Dorfende von Xidicun, der Ahnentempel der Luo-Sippe im Dorf Chengkan, der Baolun-Pavillon und die Süd-See-Lehranstalt im Dorf Hongcun sowie weitere große Huizhou-Kaufmannshäuser. Baolun-Pavillon und Süd-See-Lehranstalt stehen als Schwerpunktobjekte unter staatlichem Denkmalschutz. All diese Gebäude wurden nicht auf alleiniger Grundlage der Finanzkraft erbaut, sie sind das Resultat einer umfassenden Prosperität und der gegenseitigen Ergänzung von Wirtschaft, patriarchalischem System, Kultur und Kunst.

Die hohe Entwicklung und die Öffnung der Kultur Huizhous ermöglichten diesem Gebiet, die kulturelle Quintessenz aus den benachbarten Gebieten aufzunehmen und seine lokale Kultur fortwährend zu bereichern und zu vervollkommnen.

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