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Ethnologe Cao Baoming
   2007-03-22 15:36:35    Seite drucken   cri

Cao Baoming ist ein bekannter chinesischer Ethnologe. In den vergangenen 30 Jahren hat er zahlreiche entlegene Berggebiete durchstreift, immer auf der Suche nach volkstümlichen Kulturzeugnissen. Jeden Fund hat er sorgfältig katalogisiert und aufgezeichnet. Dank seiner Bemühungen wurde beispielsweise die traditionelle Falkenjagd in Jilin bekannt.

In den Bergen der nordostchinesischen Provinz Jilin pflegen die Bewohner seit Jahrhunderten die Tradition der Falkenjagd. Sie züchten diese herrlichen Vögel auch und haben eine eigene Kultur entwickelt. Bevor Cao Baoming sein Buch "Der letzte Falkenjäger" veröffentlichte, war diese volkstümliche Kultur der Öffentlichkeit außerhalb der Bergregion weitgehend unbekannt und vom Aussterben bedroht.

Cao Baomings Buch vermittelt ein detailliertes Bild der über 400 Jahre alten Kultur der Falkenjagd in Nordostchina. Anhand von Fotos, Zeichnungen und mündlich überlieferten Erzählungen berichtet das Buch in anschaulicher Weise über Geschichte und Technik der Falkenjagd und zeigt die enge Verbundenheit zwischen Mensch und Tier. Dieses Buch ist das Ergebnis eines zweijährigen Zusammenlebens des Autors mit dem Falkner Zhao Mingzhe. Cao Baoming sagt:

"Zwei Jahre lang habe ich mit ihm zusammengelebt und den ganzen Ablauf der Falkenjagd zu Papier gebracht. Ich habe auch erfahren müssen, dass in den vergangenen vier Jahrhunderten diese Fertigkeit allmählich verloren ging. Heute steht sie sogar vor der Gefahr des Aussterbens. Was ist denn immaterielles Kulturerbe? Es ist Wissen, es ist die Weisheit der Menschheit, finde ich. Die Geschichte, das Wissen und die Lebenserfahrungen jeder Volksgruppe ist ein kostbarer Teil vom Erbe der Menschheit."

Kurz nach Veröffentlichung seine Buches "Der letzte Falkenjäger" stand das Dorf Yulou als Heimat der Falkenjagd im Fokus der Aufmerksamkeit in- und ausländischer Medien. Viele Menschen kamen hierher, um sich vor Ort einen Eindruck zu verschaffen. Der letzte noch aktive Falkenjäger Zhao Mingzhe wurde mit dem Titel "Bewahrer traditioneller Kultur" ausgezeichnet. Und das Buch von Cao Baoming wurde als Musterbeispiel für den Schutz des chinesischen immateriellen Kulturerbes eingestuft.

Cao Baoming ist 58 Jahre alt und ein ehemaliger Universitätslehrer. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts ging er oft mit seinen Studenten auf Forschungsreisen. Seine Erlebnisse während dieser Zeit führten ihn in die Ethnologieforschung. "Der letzte Falkenjäger" ist nur eines seiner 64 Bücher über volkstümliche Kunst und Kultur.

Cao Baoming ist heute Vorsitzender des Verbandes der Literatur- und Kunstschaffenden der Provinz Jilin. Den größten Teil des Jahres verbringt er jedoch nicht in der Provinzhauptstadt, sondern ist unterwegs, um traditionelle Volkskünste zu sammeln.

Wegen der großen Wälder, der reichhaltigen Natur und der Mineralienvorkommen war die Provinz Jilin in der Vergangenheit Anziehungspunkt für Goldwäscher, Flößer, Jäger, Falkner, Ginseng-Sammler und Fischer. Alle haben ihre erworbenen Fertigkeiten an die nachfolgenden Generationen weitergegeben, sie wurden aber nie schriftlich aufgezeichnet. Heute haben auch in der Provinz Jilin moderne Produktionsmethoden Einzug gehalten und mit der Industrialisierung verschwinden diese traditionellen Lebens- und Arbeitsweisen allmählich. Cao Baoming sagt, seine Aufgabe sei es, die Menschen nach ihren Kenntnissen und Fähigkeiten zu fragen und diese vor dem Vergessen zu bewahren.

"Die Menschen hier haben ihre Kenntnisse nie zu Papier gebracht, sondern immer mündlich überliefert. Ihr Gedächtnis, ihre Erzählungen sind eine wichtige Quelle zum Bewahren traditioneller Kulturen. Als ich mit dem Leben der Einheimischen intensiv in Berührung kam, stellte ich fest, dass die volkstümliche Kultur viele unterschiedliche Wissensgebiete betrifft. Die Bewohner vieler Regionen haben keine eigene Schrift, aber eine eigene Kultur. Die Kenntnisse über die volkstümlichen Kulturen gehen nun allmählich verloren. Und dies ist bislang von der Öffentlichkeit kaum beachtet worden. Es ist mir ein großes Anliegen, alles über diese volkstümliche Kultur schriftlich aufzuzeichnen."

Um möglichst viel über volkstümliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu erfahren und dokumentieren zu können, lebte und arbeitete Cao Baoming eng mit den Menschen zusammen, die diese traditionellen Kunstfertigkeiten noch heute beherrschen. Cao Baoming sagt:

"Um die traditionellen Kunstfertigkeiten zu retten, verbringe ich jede Menge Zeit mit den Meistern. Sie empfangen in der Regel keine Gäste und lehnen Interviews ab. Ich musste mich erst mit ihnen anfreunden, ihnen meine Verehrung zeigen und sie wie Angehörige der älteren Generation meiner eigenen Familie behandeln."

Um den letzten Falkenjäger Zhao Mingzhe zu interviewen, lebte Cao Baoming zwei Jahre lang mit ihm zusammen und schloss eine tiefe Freundschaft mit ihm. Zhao Mingzhe führt ein bescheidenes Leben, um seine Falken gut versorgen zu können. Sein größter Traum war ein Pelzmantel gegen die grimmige Kälte. Cao Baoming ließ daraufhin einen Lammfellmantel von seinen Verwandten anfertigen und schenkte ihn dem Falkenjäger. Zhao Mingzhe war zu Tränen gerührt, als Cao Baoming ihm den Mantel persönlich überreichte.

Cao Baoming fühlt sich während der Dokumentation der traditionellen Fertigkeiten von Tag zu Tag schwermütiger. Er sagt:

"Ich hatte am Anfang keine besonders traurige Stimmung. Ich habe damals aus reinem Interesse mit meinen Forschungen begonnen. Später, als ich die Bedeutung dieser Aufgabe erkannte, handelte ich viel umsichtiger. Einerseits habe ich mich beeilt, andererseits wollte ich sämtliche Aktivitäten der Meister, ihre Sprache, ihre Handlungen und sogar ihre Bekleidung dokumentieren. Es kam vor, dass ein Meister gestorben war, wenn ich das nächste Mal kam. Ich arbeitete pausenlos, konnte es aber nicht schaffen, jeden Meister vor seinem Tod zu interviewen. So war ich gezwungen, die am stärksten bedrohten und wertvollsten Kunstfertigkeiten auszuwählen und aufzuzeichnen."

Im Jahr 2002 wurde in ganz China ein Projekt für die Rettung und den Schutz des mündlich überlieferten immateriellen Kulturerbes gestartet. Dieses Projekt bedeutete einen großen Ansporn für Cao Baoming. Er sagt, er sei glücklich, mehrere volkstümliche Kunstfertigkeiten vor dem Aussterben gerettet zu haben.

Cao Baoming wird in zwei Jahren in den Ruhestand treten. Er versichert, dann die Rettung des immateriellen Erbes bis ans Ende seines Lebens fortzusetzen.

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