Über das schneebedeckte Qinghai-Tibet-Hochplateau fahren seit dem 1. Juli Züge aus anderen Landesteilen Chinas aufs Dach der Welt. Seit über fünf Monaten durchqueren die Züge mit einer Geschwindigkeit von 100 Kilometern pro Stunde auf einer Länge von 560 Kilometern dabei die Permafrostzone. Ist eine Zugreise auf das Dach der Welt im eisigen Winter ebenso sicher wie im vergangenen Sommer und Herbst? Hat man spezielle Maßnahmen getroffen, um dafür zu sorgen, dass die Winterkälte der Eisenbahn nichts anhaben kann?
Im August war die Qinghai-Tibet-Eisenbahn-Strecke von chinesischen und ausländischen Experten für Permafrostboden vor Ort inspiziert worden. Die Fachleute hatten zuvor an einem Internationalen Fachsymposium zu Permafrostboden in Asien teilgenommen. Die Experten erklärten, bei diesem Projekt seien alle international geltenden Regeln zum Schutz der Permafrostzone eingehalten worden. Andere Länder könnten von den Erfolgen Chinas lernen.
Im Gespräch mit Radio China International bestätigt Prof. Liu Xiaohan vom Qinghai-Tibet-Institut der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, dass der Permafrostboden die größte Herausforderung beim Bau der Qinghai-Tibet-Eisenbahn gewesen sei:
"Der Permafrostboden stellt für den Bau und den Betrieb einer Hochlandseisenbahn wie dieser die größte Schwierigkeit dar. Es ist eine große Leistung, dass man diese Hürde überwinden konnte. Die diesbezüglichen Forschungen der Chinesischen Akademie der Wissenschaften gelten daher als wichtigste Voraussetzung, dass diese weltweit höchst gelegene Eisenbahn entstehen konnte. Auch jetzt sind unsere Forschungen zum Permafrostboden entlang der Qinghai-Tibet-Eisenbahn-Strecke noch nicht vollständig abgeschlossen."
Viele Fahrgäste, die schon mit der Qinghai-Tibet-Eisenbahn gefahren sind, sind sehr überrascht, wenn der Zug die Permafrostzone erreicht und plötzlich unzählige Eisenstangen neben den Schienen aufragen. Diese Stangen dienen dazu, die Temperaturen des Bettes, in dem die Schienen verlegt worden sind, niedrig zu halten. Diese Stangen leiten Wärme ab. Die verschlossenen Stahlröhren enthalten Ammoniakwasser. Steigt die Temperatur des unterirdischen Teils des Schienenbettes an, verwandelt sich das Ammoniakwasser in den Röhren in Gas, das dann oberirdisch an die Atmosphäre abgegeben werden kann. Die Bodenwärme entweicht so oberirdisch, die Temperatur des Erdreichs sinkt. Auf einigen Streckenabschnitten hat man zwischen den Dauerfrostboden und die oberflächlichen Bodenschichten eine mehr als einen Meter breite Steinschicht gefüllt. Diese Steinschicht funktioniert als Klimaanlage, die die Temperaturen in der Permafrostbodenschicht kühl halten soll. Diese Steinschichten, künstliche Böschungen, Durchlüftungsröhren, Wärmedämmstoffe unter dem Schienenbett, Sonnenschutzdächer sowie Brücken über äußerst instabile Dauerfrostzonen - all dies sind Maßnahmen, die die Gefahr, die der Permafrostboden für eine Eisenbahnstrecke darstellt, mindern. Dazu Prof. Liu Xiaohan:
"An den Strecken, wo wir Schutzmaßnahmen getroffen haben, haben sich die Schienenbetten als stabil erwiesen. Um das zu erreichen, haben wir künstliche Böschungen geschaffen, Durchlüftungsröhre, Wärmestangen und weitere Mittel eingesetzt. Daher ist eine Reise mit der Qinghai-Tibet-Eisenbahn zu jeder Zeit sicher."
Neben Prof. Liu Xiaohan ist auch der Bauleiter des Qinghai-Tibet-Eisenbahn-Projekts, Sun Yongfu, sicher, dass die weltweit höchste Eisenbahn-Strecke den eisigen Winter problemlos überstehen wird. "Unsere Forschungsergebnisse haben mich davon überzeugt", sagt Sun wörtlich. Der Permafrostboden auf dem Qinghai-Tibet-Hochplateau befand sich eigentlich von Juni bis September in seiner aktivsten Phase. Überwachungsergebnissen zufolge wiesen 95 Prozent der Schienenbetten in der Permafrostzone danach nur ganz geringe Veränderungen auf. Jährlich senkt sich der Dauerfrostboden durchschnittlich um weniger als zwei Zentimeter. Damit entspricht dies bereits dem Weltniveau.
Die minimalen Veränderungen weniger Schienenbetten konnten nur von hochsensiblen Geräten erfasst werden. Diese kleinsten Abweichungen stellten für den Zugverkehr auf der Strecke kein Problem dar, erklärt Prof. Liu Xiaohan:
"Wenn man allerdings keine entsprechenden Maßnahmen gegen diese winzigen Veränderungen ergreift, dann entwickeln sie sich zu großen Abweichungen und werden schließlich zu einem gefährlichen Problem. Deshalb wird die gesamte Strecke der Qinghai-Tibet-Eisenbahn von Lhasa bis Golmud strengstens überwacht. Sollten Gefahren entstehen, könnte man sofort reagieren und beispielsweise den Zugverkehr einstellen."
Feststeht, dass die Qinghai-Tibet-Eisenbahnstrecke den sommerlichen Temperaturen bereits problemlos standgehalten hat. Der Winter hat gerade erst angefangen, daher wird die Eisenbahnstrecke noch einige Prüfungen überstehen müssen. Wie das chinesische Eisenbahnministerium mitteilte, habe man die Kontrolle der Strecke aktuell intensiviert. Überwachungsgeräte und -anlagen würden sowohl in den Zügen, aber auch entlang der Strecke eingerichtet. Außerdem habe man die Zahl der Bahnwärter erhöht. Rund um die Uhr werden Luft- und Bodentemperaturen sowie kleinste Veränderungen des Frostbodens erfasst. Bauleiter Sun Yongfu sagte, man könne nie garantieren, dass es keine Probleme geben werde, aber man sei fest überzeugt, dass Probleme immer rechtzeitig gefunden und gelöst werden könnten. All dies gewährleiste die Verkehrssicherheit der Qinghai-Tibet-Eisenbahn.
Ein totales Vorwarnsystem ist zudem unbedingt notwendig, um mögliche Gefahren oder Naturkatastrophen, beispielsweise ein Erdbeben, rechtzeitig zu erkennen. Dazu Prof. Liu Xiaohan:
"Die Schienenbetten sind erdbebensicher. Wir haben zunächst aktive Bruchzonen und erdbebengefährdete Bereiche der Region lokalisiert und kontrollieren hier besonders genau. Dazu nutzen wir modernste Mittel, zum Beispiel Satellitentechnik. Das Globale Ortungssystem GPS macht eine perfekte Überwachung möglich. Zudem haben wir die Erdbebenvorhersagen verbessert."
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