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"Mittsommerschnee": Ein Drama und Denkmal für Frauen
   2006-11-29 16:04:12    cri
In den finstersten Gassen fühlte er sich fast wie Zuhause. Er sprach mit Dieben, scherzte mit Gauklern, kannte die Tanz-Mädchen in den Vergnügungsparks, die von ihren Eltern an Bordelle verkauft worden waren. Guan Hanqing kannte die Halb- und Unterwelt von Kublai Khans Hauptstadt Khanbaliq (das heutige Beijing), und dennoch war es nicht seine Welt. Er tauchte immer wieder in sie hinein, um Stoff für seine Stücke zu finden. 60 Dramen schrieb Guan, einer der bekanntesten Autoren der Yuan-Dynastie (1271-1368), über die Menschen am Rande der Gesellschaft. Guan Hanqing, der Gelehrte, der anders als seine Kollegen nie kaiserlicher Beamter werden wollte, zeigt sein Mitgefühl für die Unterdrückten durch seine Frauenportraits. Fast immer spielten sie die Hauptrolle, wurde von ihm als tapfer, intelligent und willensstark beschrieben. Einer seiner bekanntesten Frauencharaktere ist Dou E, die er in seinem populärsten Bühnenstück "Mittsommerschnee" auftreten lässt.

Die Geschichte beginnt im Hause der Dame Cai in der Stadt Chuzhou. Dou E ist die einzige Tochter des armen Gelehrten Dou Tianzhang. Ihre Mutter starb, als Dou E gerade drei Jahre alt war. Mit sieben Jahren wird sie von ihrem Vater an die Dame Cai als Braut für deren Sohn verkauft. Er muss eine Schuld bezahlen und braucht Bargeld, um sich auf eine Reise zur Ablegung der kaiserlichen Beamten-Prüfungen zu begeben. Mit siebzehn heiratet sie den Sohn der Dame Cai, doch dieser stirbt bereits zwei Jahre später. Hier beginnt die eigentliche Tragödie.

Nur durch das Erscheinen des alten Zhang und seines Sohnes wird die Dame Cai vor dem Erdrosseln durch einen Doktor Lu bewahrt, bei dem sie ein Darlehen will. Gierig auf ihr Geld zwingen der alte Mann und sein Sohn Lü Zhang durch Drohungen von Gewaltanwendung die Dame Cai, zusammen mit ihrer Schwiegertochter die beiden zu heiraten. Dou E weigert sich und rügt ihre Schwiegermutter in einer ergreifenden Passage, die beginnt: "Frauen! So treulos sie auch immer gewesen sein mögen..." Einige Forscher vermuten, dass dieser Satz auf diejenigen gemünzt ist, die damals ohne Skrupel die vorherige Dynastie verraten und sich auf die Seite der mongolischen Yuan geschlagen hatten.

Weil er damit rechnet, dass Dou E ihn heiraten muss, wenn die alte Dame Cai aus den Weg geräumt ist, vergiftet Lü Zhang deren Suppe. Die wird jedoch von seinem Vater gegessen, der daran stirbt. Lü Zhang stellt Dou E vor die Alternative, ihn zu heiraten oder wegen Mordes angeklagt zu werden. In der sicheren Annahme, ihre Unschuld müsse sich heraus stellen, weigert sich Dou E und wird vor den Präfekten Tao Wu geschleppt. Die Folter kann Dou E nicht dazu bringen zu gestehen, doch als der Magistrat droht, ihre Schwiegermutter zu foltern, legt sie ein falsches Geständnis ab und wird zum Tod durch Enthaupten verurteilt.

Bis zu ihrer Hinrichtung beteuert Dou E ihre Unschuld und droht, dass der Himmel wegen ihrer ungerechten Verurteilung drei Dinge geschehen lassen werde: Nicht ein Tropfen Blut werde auf den Boden fließen, sondern es werde aufwärtsströmen in ein weißes Seidentuch hinein; obschon es mitten im Sommer ist, werde drei Fuß hoch Schnee fallen und ihren Köper bedecken; das Kreisgebiet werde drei Jahre lang unter Dürre leiden. Alle drei Vorhersagen erfüllen sich nach Dou E's Tod.

Drei Jahre später kommt ihr Vater Dou Tianzhang nach Chuzhou. Er hatte das kaiserliche Examen bestanden und war zum Inspekteur für das Verhalten örtlicher Beamter befördert worden. Dou E erscheint ihrem Vater im Traum und fleht um Gerechtigkeit. Er ruft daraufhin die zuständigen Beamten zu einer Anhörung, während welcher der Geist von Dou E erscheint und sie alle anklagt. Lü Zhang wird enthauptet und Präfekt Tao Wu verliert Stellung.

Beamtenbestechung ist das Thema einiger Bühnenwerke aus der Yuan-Zeit, die alle zeigen, dass die sozialen Umstände dieser Periode solche Praktiken förderten. Aus historischen Unterlagen ist zu ersehen, dass allein im Jahr 1202 insgesamt 18 437 Beamte als korrupt angeprangert und 5176 Unrechtsurteile revidiert wurden.

Erpressung und Wucher erreichten damals neue Höhepunkte. Dou E's Vater hatte zum Beispiel fünf Tael Silber von der Dame Cai geliehen und ein Jahr später schon betrug die Summe von Kapital und Zinsen zehn Tael.

Dou E ist eine der strahlendsten Heldinnen der chinesischen Bühne. Sie besitzt einen unbeugsamen Willen; trotz aller Drohungen weigert sie sich, Lü Zhang zu heiraten. Sie versucht zudem, der Dame Cai das Rückgrat zu stärken und sie dazu zu bewegen, keinen Kompromiß einzugehen. Obschon ihre Lebensauffassung mit der ihrer Schwiegermutter nicht übereinstimmt, sorgt sie gut für die Dame.

Sie lässt sich auch durch Folter nicht zwingen und legt das gewünschte "Geständnis" nur ab, um ihre Schwiegermutter vor der Folter zu bewahren. Sie bittet sogar darum, auf einem Umweg zur Richtstätte geführt zu werden, um der Dame Cai den schmerzlichen Anblick zu ersparen. Die Beziehung der beiden Frauen ist größer Sensibilität beschrieben.

Als sie die Hinrichtungsstätte betritt, klagt sie die wahre Natur der Beamten in einer bewegenden Passage an: "Ich schreie es dem Himmel und der Erde entgegen und klage an die Ungerechtigkeit!...Wie kann der Himmel eine unschuldige mit einer schuldigen Person verwechseln? ... Die Guten sind arm und sterben vor ihrer Zeit, während die Bösen reich sind und ein hohes Alter erreichen. Himmel und Erde fürchten die Mächtigen und unterdrücken die Schwachen. Sie lassen dem Bösen seinen Lauf..."

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