Das Autonome Gebiet Tibet liegt auf dem Qinghai-Tibet-Plateau, das als "Dach der Welt" bekannt ist. Von der Hauptstadt Lhasa sind es rund 1800 Kilometer zur Ngari-Region im Nordwesten Tibets. Wer die Gemeinde am Shiquan-Fluss erreichen wollte, musste in der Regel bisher drei Tage einplanen. Der Weg war mühsam und schwierig, und nur wenige Menschen nahmen die Mühen auf sich. Wir wollen heute einmal diese Reise nach Ngari und dabei schauen, was sich bis heute verändert hat. Eine kleine ungewöhnliche Reise in eine entlegene und zauberhafte Gegend Tibets.
Zu dieser Reise starten wir in Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets Tibet. Wir nehmen eine unbefestigte sandige Straße und fahren an den Ausläufern des Himalaya-Gebirges entlang in Richtung Westen. Nach einigen Hundert Kilometern erreichen wir einen Gebirgspass auf über 5.200 Metern Höhe über dem Meeresspiegel. Dort beginnt die Ngari-Region, die auch als das "Dach vom Dach der Welt" bekannt ist.
Die Region Ngari ist das Traumziel vieler Tibeter, Festlandschinesen, sowie ausländischer Touristen und Forscher. Auf diesem entlegenen und weiten Hochplateaugipfel leben wilde Pferde und Esel sowie tibetische Antilopen. Menschliche Siedlungen gibt es hier kaum. Die Wetterbedingungen sind rauh. An nur einem Tag erleben wir Wind und Regen, Schnee und Hagel und dann wieder die sengende Sonne. In der Region existierte vor langer Zeit das Königreich Guge, das sich nach den Überlieferungen einige Jahrhunderte blühend entwickelt habe. Dann aber verschwand es plötzlich. Nur einige historische Relikte zeugen von der Hochkultur.
Da die Region Ngari auf über 4.500 Metern über dem Meeresspiegel liegt, ist sie überwiegend menschenleer. Es gibt nur sehr wenige Verbindungen nach Ngari. Transporte in die Gegend waren lange Zeit nur mit Pferd und Yak möglich, da es keine ebene Wege gab. Die erste, wenn auch nur dürftige, Straßen entstand, als Truppen der chinesischen Volksbefreiungsarmee im Jahre 1951 nach der friedlichen Befreiung Tibets in der Ngari-Region stationiert wurden. Die Straße beginnt im nördlichen Teil der Ngari-Region, der sich im Autonomen Gebiet Xinjiang befand. Dann führt sie durch die Ngari-Region im Tibet bis in die tibetische Hauptstadt Lhasa. In der Zeit von November bis Mai war die Straße in der Regel unpassierbar, weil große Schneemassen ein Durchkommen verhinderten. In den vergangenen 10 Jahren konnte dieses Problem etwas entschärft werden.
Zu unserer Reise in die Ngari-Region hatten wir Herrn Wang Du befragt. Er lebte lange Zeit im Tibet und war für eine Reportage im Sommer 1998 durch sieben Kreise der Ngari-Region gereist. Im Gespräch erzählte er uns, dass die Landstraßen ihn am tiefsten beeindruckt hätten:
"Damals waren in der Ngari-Region überhaupt keine geteerten Straßen zu sehen. Nur am Sengye Tsangpo-Fluß gab es eine Betonstraße von beinahe fünf Kilometern, die wie eine Startbahn aussah. Im Jahre 1998 war sie die einzige gute Landstraße in der Ngari-Region. Als ich dort war, hatten sie diese Landstraße gerade fertiggebaut. Alle anderen Straßen waren nicht befestigt."
Wang Du erklärte, dass unebene Wege fast nur aus Sand und Erde bestanden. Die Oberflächen solcher Landstraßen weisen viele Schlaglöcher und Unebenheiten auf. In der Ngari-Region ist es sehr trocken. Und so wirbelt großer Staub auf, wenn man mit einem Auto eine solch unbefestigte Straße passiert. Das Öffnen von Autofenstern ist unter diesen Bedingungen unmöglich. Wang Du erzählt, dass das Auto auf seiner Reise oft von der Sonne aufgeheizt war. Auf Regen zu hoffen, war aber keine Lösung. Denn bei einem Regen hätte sich der Sand auf der Straße in Schlamm verwandelt. Und der hätte alles noch schlimmer gemacht.
Der Sonderbeauftragte der Verwaltung der Ngari-Region, Dong Mingjun, sagte uns, dass die Landstraßen in der Region auch heute noch großenteils unbefestigt sind. Er begründete dies mit den komplexen geographischen Bedingungen und dem rauhen Klima in der Gegend. Dazu kommen die Schwierigkeiten bei der Straßeninstandhaltung. In den vergangenen zehn Jahren hätten die Zentralregierung und die lokalen Verwaltungen Unsummen in den Straßenbau und die Verkehrsregulierung investiert. Berge wurden passierbar gemacht. Landstraßen innerhalb der sieben Kreisen in der Ngari-Region repariert. Oft aber wurden Straßen durch Schnee und Regen sowie durch Erd- und Steinrutsche zerstört.
Die chinesische Zentralregierung hat die rückständige Infrastruktur in der als Kernproblem der hiesigen Wirtschafts- und Sozialentwicklung ausgemacht und deshalb 8,5 Mrd. an Investitionen bereitgestellt. Damit soll die 2100 Kilometer lange Landstraße Nr. 219 komplett als geteerte Straße ausgebaut werden. Die Landstraße beginnt von der Stadt Yecheng im Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang, führt durch die Ngari-Region bis in den Lhatse-Kreis der tibetischen Shigatse-Region. Außerdem beschloss die Zentralregierung, einen Flughafen zu errichten, erzählt Dong Mingjun:
"Als Teil der Sonderhilfen des Staates wird das Projekt zum Umbau der Landstraße 219 gegen Juli und August dieses Jahres gestartet. Die Straße wird nach den Normen zu einer geteerten Straße umgebaut. Rund 1.000 km führt die Landstraße 219 durch die Ngari-Region. Das größte Projekt, um Ngari's Verkehrslage zu verbessern, steht vor der Tür."
Als Teststrecke wurde ein 80 km langer Abschnitt der Landstraße südlich der Sengye Tsangpo-Gemeinde geteert. Für die Leute, die nach Ngari kommen und früher auf ihrem Weg durch das Gebiet viel erleiden mussten, ist eine geteerte Landstraße zweifellos eine Glückseligkeit. Der Sonderbeauftragte von der Verwaltung der Ngari-Region, Dong Mingjun schätzt, dass nach dem Umbau der Landstraße 219 nur zwei Tage notwendig sein werden, um von Lhasa aus die Sengye Tsangpo-Gemeinde in Ngari zu erreichen.
"Wir geben unser Bestes, um innerhalb von sechs Jahren die feste Straßenverbindung herzustellen. In diese sechs Jahre ist dieses Jahr eingeschlossen. Im Rahmen der Erfüllung des 11. Fünf-Jahr-Planes wird sich die gesamte Verkehrslage in der Ngari-Region bis zum Jahre 2010 enorm ändern. Dann wird die Landstraße 219 eine wichtige strategische Bedeutung haben und zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen beitragen."
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