In der zentralchinesischen Provinz Henan ist ein 1.400 Jahre alter Tempel für den Gott des Jishui-Flusses sehr gut erhalten. In diesem Tempel wird durch eine riesige Statue der Flussgott geehrt. Die Besucher können in der Anlage einige repräsentative Gebäude aus verschiedenen Epochen besichtigen.
Der Tempel befindet sich in der Ortschaft Jiyuan, eineinhalb Autostunden von der Provinzhauptstadt Zhengzhou entfernt. Die Tempelanlage nimmt eine Fläche von über 80.000 Quadratmetern ein. Unser Reisebegleiter Duan Bo erzählt uns, warum man an dieser Stelle für den Gott des Flusses einen Tempel baute:
"In der Vorstellung der Menschen aus der alten Zeit fließen auf chinesischem Boden nur vier große Ströme ins Meer, nämlich der Jangtse, der Gelbe Fluss, der Huaihe-Fluss und der Jishui-Fluss. Man errichtete einen Ehrentempel für den Gott des Jishui-Flusses. Es war eine althergebrachte und sehr wichtige Tradition im alten China, den Göttern großer Flüsse Opfer darzubringen. Heute ist der Jidu-Tempel der am besten erhaltene Tempel für einen Flussgott."
In der Haupthalle der Tempelanlage liegt die Statue des schlafenden Flussgottes. Die Halle steht etwa 200 Meter hinter dem Haupteingang. Auf dem mit Steinplatten gepflasterten Weg vom Eingang zur Haupthalle muss man noch einige große Holztore durchschreiten. Die Halle für den schlafenden Flussgott ist 100 Quadratmeter groß. Die Halle besteht ausschließlich aus Holz. Das Dach wird durch einige Holzsäulen getragen. Auffällig ist die liegende Statue des Flussgottes. Er schläft seelenruhig auf einem Holzbett. Sein langer schwarzer Bart hängt an seinem Kopfkissen herab. Seine drei Konkubinen stehen still an seiner Seite. Sie sehen so aus, als ob sie den Besuchern zeigen wollen, dass sie leise sein müssen, um den Flussgott nicht zu wecken.
Der Reisebegleiter Duan Bo erklärt uns, dass Statuen in liegenden Positionen in chinesischen Tempeln nur selten zu finden sind:
"In China ist es ungewöhnlich, dass man in einem Tempel eine Gottesstatue in schlafender Position findet. Der Gott für den Fluss Jishui ist ein Gott des Taoismus. Man gestaltete in diesem Tempel eine liegende Statue des Flussgottes, weil man glaubte, es würde dann weniger Überschwemmungen geben, wenn der Flussgott den Fluss als Bett benutzt und seinen Kopf auf den Fluss legt."
Hinter der Haupthalle beginnt der Jishui-Fluss. Es gibt dort zwei plätschernde Quellen, aus denen der Jishui-Fluss entsteht. Der Jishui fließt von hier aus mehr als 1.000 Kilometer Richtung Osten und mündet im Bohai-Meer.
In der Tempelanlage stehen Gebäude verschiedener Epochen. Ein Rundgang durch den Tempel gleicht einer Zeitreise in die Geschichte der chinesischen Architektur. Die Haupthalle gehört zu den ältesten Gebäuden, die über 1.000 Jahre alt sind. Und die neusten wurden in der Qing-Dynastie gebaut. Die Konstruktion der meisten Gebäude des Tempels ist hauptsächlich aus Holz. Der Tourist Guo Xiaoke aus Beijing bewundert die altchinesische Architektur in dem Tempel. Er sagt uns:
"Den Tempel betrachte ich als ein großes architektonisches Museum. Man sieht Gebäude verschiedener Stilrichtungen. Die architektonische Kunst Chinas ist interessant. Wenn man sie betrachtet, denkt man dann spontan an die lange Tradition Chinas. Der Tempel ist daher ein Reiseziel, in dem man viel von der chinesischen Kultur kennen lernt."
Der Haupteingang des Tempels besteht seit 500 Jahren. Der Eingang hat oben ein dreischichtiges Dach, das durch vier dicke Säulen getragen wird. Wo die Quellen entspringen, sind ein 700 Jahre altes Tor und ein Pavillon zu sehen. Die Grundlage des Pavillons wurde in der Song-Zeit gelegt und hat eine Geschichte von 1.000 Jahren. Die Säulen sind aus der Yuan-Dynastie und etwa 700 Jahre alt. In der Ming-Dynastie vor 500 Jahren restaurierte man das Dach des Pavillons. Das Geländer um die Quellen wurde in der Song-Dynastie vor 1.000 Jahren errichtet.
Ein taoistischer Priester des Tempels namens Zhang erklärt uns, dass man regelmäßig Opferzeremonien für den Flussgott veranstaltet:
"Pilger bitten regelmäßig den Flussgott um seinen Segen und ihre Sicherheit. Wir haben jedes Jahr hier auch große Opferzeremonien."
Zu den größten Zeremonien gehört der sechste Tag des zweiten Monats nach dem chinesischen Mondkalender, da hat nämlich der Flussgott Geburtstag. In alter Zeit wurden an diesem Tag mehr als 10.000 Schweine und Schafe dem Flussgott geopfert. Heute ist die Zeremonie nicht mehr so groß wie früher. Trotzdem kann man auch noch einige überlieferte Traditionen erleben.
Reisetipps:
Die Fahrt von Zhengzhou zur Tempelanlage dauert eineinhalb Stunden. Für den Rundgang in dem Kloster braucht man einen halben Tag. Wer nach der Besichtigung noch Zeit hat, kann zwei andere Sehenswürdigkeiten in der Nähe besuchen, und zwar das taoistische Fengxian-Kloster und den buddhistischen Daming-Tempel. Das in der Nähe liegende Taihang-Gebirge und das Wangwu-Gebirge sind ebenfalls ideale Ausflugsziele. Und probieren Sie einmal die lokale Spezialität, nämlich einen prächtigen Eintopf!
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