Während der Festveranstaltung anlässlich der Fertigstellung der Qinghai-Tibet-Eisenbahn konnte man unter anderem das lächelnde Antlitz einer alten Tibeterin beobachten. Ihr Gesicht schien sich die Zukunft des Schneeplateaus zu spiegeln. Zweifellos wird die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung Tibets verstärkt vorangetrieben und der Lebensstandard wird sich schneller erhöhen. Experten der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften analysierten, welche Auswirkungen die Fertigstellung der Qinghai-Tibet-Eisenbahn wahrscheinlich auf die Wirtschaft und den Handel haben wird.
Die Wirtschaftsentwicklung Tibets nachhaltig fördern
Die besonderen geographischen Bedingungen Tibets machen es unvermeidbar, dass die Wirtschaftsentwicklung Tibets langfristig vom außen abhängen wird. Wegen der beschränkten Transportkapazität und der hohen Erhaltungskosten für die bisherigen Verkehrsverbindungen war es nicht möglich, den Warenaustausch zwischen dem Autonomen Gebiet Tibet und der Außenwelt wesentlich zu erweitern, was die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung Tibets zweifellos begrenzt hat.
Die BIP-Angaben der vergangenen Jahren zeigten, dass Tibets Wirtschaftswachstum zunehmend von den Warenmengen abhängt, die aus Tibet ins Landesinnere beziehungsweise von da nach Tibet gebracht werden. Das Transportproblem war bisher der Engpass, der ein schnelleres Wachstum behinderte. Die Qinghai-Tibet-Eisenbahn wird diesen beseitigen. Der Gütertransport zwischen Tibet und der Außenwelt wird bedeutend zunehmen und somit eine gute Grundlage für die kontinuierliche wirtschaftliche Entwicklung Tibets schaffen.
Transportkosten werden wesentlich reduziert
Man nehme die Baubranche als Beispiel. Sie zählt gegenwärtig zu den sich relativ schnell entwickelnden Branchen Tibets. Die Nachfrage nach Baumaterialien steigt ständig. Infolge der geringen Ressourcen und der hohen Auflagen für den Umweltschutz kann aber in Tibet die Produktion von Baumaterialien, insbesondere von Zement, nicht spürbar gesteigert werden. Darum wird die Baubranche in Tibet immer von Rohstoffen aus anderen Gebieten abhängig sein. Zur Zeit werden alle Güter auf der Landstraße nach Tibet transportiert, die Kosten dafür sind hoch. Die Qinghai-Tibet-Eisenbahn wird nun dazu beitragen, die Transportkosten spürbar zu senken und die Menge der von und nach Tibet transportierten Güter und Waren zu erhöhen.
2010 sollen die Einnahmen aus dem Tourismus 5,8 Milliarden Yuan (575,9 Millionen Euro) betragen
Die Qinghai-Tibet-Eisenbahn ist vorteilhaft für den Tourismus. In der Periode des 9. Fünfjahresplans sowie in den Jahren 2000 und 2001 erhöhte sich die Zahl der in- und ausländischen Tibet-Reisenden jährlich um etwa 20 Prozent. Voraussichtlich wird die Zunahme zwischen 2006, wenn die Eisenbahnlinie Qinghai-Tibet in Betrieb genommen wird, und 2010 30 Prozent betragen. Dann dürfte die Zahl der Touristen, die Tibet besuchen, bei 5,3 Millionen liegen. Rechnet man damit, dass jeder Tourist etwa 1100 Yuan (109,4 Euro) ausgeben könnte, würde man so 5,8 Milliarden Yuan (577,0 Millionen Euro) einnehmen.
Bodenschätze tatkräftig erschließen
In den Weiten Tibets sind zahlreiche Bodenschätze zu finden. Die Vorkommen an Chrom, Kupfer, Bor, Magnesit, Schwefel, Korund und Kaliglimmer zählen zu den größten Chinas. Die Produktionsmenge von Chrom macht mehr als 90 Pozent der Gesamtproduktion Chinas aus. Die Chromreserven nehmen selbstverständlich den ersten Platz im Lande ein. Bei Eisenerz betragen die Reserven über 200 Mio. Tonnen. Der Vorrat an Lithium macht mehr als die Hälfte des Weltvorkommens aus. Außerdem gibt es in Tibet über 2000 Salzseen mit einer Gesamtfläche von 60 000 Quadratkilometern. Dort findet man mehr als zehn Arten von Bodenschätzen. Allein der Salzsee Dazhabu im Bezirk Xigaze hat einen potentiellen Erschließungswert in Höhe von Hunderten Milliarden Yuan. Fast alle Bodenvorkommen Tibets liegen in Gebieten entlang der Qinghai-Tibet-Eisenbahn, was für deren Erschließung natürlich sehr günstig ist. Die zunehmende Erschließung der Bodenschätze wird zur Verminderung der Unterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen Tibet und den anderen Landesteilen beitragen.
Tibet wird nicht mehr so isoliert wie früher sein
Die schlechte Verkehrsanbindung Tibets hat manche rückständige Idee lange am Leben erhalten und damit auch dazu geführt, dass Tibet insgesamt lange als rückständiges Gebiet galt. Seit der Reform und Öffnung hat sich Tibet wie die anderen Landesteile auf vielen Gebieten reformiert und bei der Öffnung nach außen große Fortschritte gemacht. Aber im Vergleich mit den entwickelten Regionen an der Küste Chinas blieb Tibet weit zurück, was die Einführung der Marktwirtschaft und die Entwicklung der Marktmechanismen betraf. Nach Inbetriebnahme der Qinghai-Tibet-Eisenbahn wird nun aber der Austausch zwischen Tibet und der Außenwelt ständig zunehmen. Tibet wird nicht länger so stark von der Außenwelt isoliert bleiben wie bisher. Die moderne Zivilisation wird nach Tibet vordringen und die Grundlage für die sprunghafte Entwicklung des Gebietes schaffen.
Tibet tritt in ein neues Stadium seiner Entwicklung ein
In Tibet gibt es zahlreiche Arten von Tieren und Pflanzen, einzigartige "grüne" Lebensmittel wie Pilze, Rhodiola rosea und Ginseng-Früchte sowie reines Mineralwasser mit zahlreichen Spurenelementen. Früher konnten diese Produkte wegen der schlechten Verkehrsbedingungen und der hohen Transportkosten nur in kleinen Mengen aus Tibet exportiert werden. Experten meinen, die Qinghai-Tibet-Eisenbahn schaffe die notwendigen Verkehrsbedingungen, um diese Waren auf den Markt außerhalb Tibets zu bringen. Damit dürfte die wirtschaftliche wie die gesellschaftliche Entwicklung Tibets in ein neues Stadium treten.
Die Eisenbahnlinie Qinghai-Tibet nimmt am 1. Juli versuchsweise den Betrieb auf. Lhasa ist nicht nur Endpunkt der Strecke, hier wird diese Linie auch mit dem schon vorhandenen Verkehrsnetz verknüpft. Damit rücken Tibet und die übrige Welt enger zusammen.
(China.org.cn, Lanzhou Morgenzeitung)
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