Auf dem Pamir-Plateau befindet sich das Konjirap-Bergtal, das durchschnittlich 4000 Meter hoch über den Meeresspiegel liegt. Dort schneit es in allen vier Jahreszeiten. Aber es ist die Hauptstraßenverbindung zwischen China und Pakistan. In den folgenden Minuten lernen wir den Straßenpfleger Dolikun Jani kennen. Er ist Tadschike und betreut bereits seit 22 Jahren diese wichtige Verkehrsverbindung.
An der Straße, die China mit Pakistan verbindet, befindet sich auf der chinesischen Seite, 14 Kilometer von der pakistanischen Grenze entfernt, eine so genannte Konjirap-Straßenpflegestation, in Deutschland würde man sagen "Straßenmeisterei". Leiter dieser Station ist Dolikum Jani.
Im April ist eigentlich die schönste Frühlingszeit, überall blüht und sprießt es. Nicht so im Konjirap-Bergtal. Als unser Reporter die Pflegestation von Dolikun Jani aufsuchte, war dort alles mit einer etwa 30 Zentimeter hohen Schneedecke bedeckt. Die Verhältnisse dort sind ziemlich schwierig, es ist kalt, es mangelt an Sauerstoff aufgrund der Höhenlage. Dolikum Juni arbeitet schon 22 Jahre in diesem Gebiet, er hat sich an die widrigen Gegebenheiten längst gewöhnt.
"Als mein Vater noch gelebt hatte, sagte er mir immer wieder, dass der Adler im Wind und Schnee auf dem Plateau seine Flügel trainiert. Ein Mann, der hohe Ziele hat, muss sich kontinuierlich bemühen, um diese Ziele zu erreichen. Ich bin der Sohn eines tadschikischen Straßenpflegers der ersten Generation auf dem Pamir-Plateau. Die Konjirap-Pflegestation ist mein Zuhause." Der Konjirap-Paß ist jahreszeitlich und vom 1. Mai bis dem 30. September jedes Jahres geöffnet. In diesen fünf Monaten haben Dolikun Jani und seine Kollege die meiste Arbeit. Während dieser Zeit ist die Pflegestation tatsächlich ihr einziges Zuhause. Sie müssen ständig die wichtige Straße im Auge behalten und sie oft genug von Schnee und Eis befreien.
Ayim Bubux, die Frau von Dolikun Jani, hat sich mit ihrem Mann arrangiert. Um ihn zu unterstützen, betreut sie zu Hause ihre Schwiegermutter und das Kind. Sie bringt auch oft ihre Schwiegermutter und das Kind in die Pflegestation zu Dolikun Jani. Sie sagte,
"Mein Mann kann wegen seiner Arbeit manchmal lange Zeit nicht nach Hause kommen. Unser Kind vermisst seinen Vater und meine Schwiegermutter vermisst auch oft ihren Sohn. Deshalb gehen wir zu ihm und wohnen dort einige Zeit in der Konjirap-Pflegestation. Natürlich ist es dort nicht so gemütlich wie zu Hause, aber wir sind trotzdem glücklich, weil wir dann alle beisammen sind."
Als Straßenpfleger der Konjirap-Pflegestation sind Dolikun Jani und seine Kollegen oft Beschwerlichkeiten und Gefahren ausgesetzt. Auf dieser Straße sind häufig Lawinenabgänge zu verzeichnen. Dann sind Dolikum und seine Kollegen gefragt, die Straße wieder frei zu machen.
Im März 1996 hatte es die Fahrzeugkolonne einer Spedition erwischt. Eine Lawine hatte die Fahrzeuge zum Teil überschüttet, an ein Weiterfahren war überhaupt nicht zu denken. Für Dolikun und sein Team bedeutete das Schwerstarbeit. Sie retteten bei minus 30 Grad und bei enormen Schneeverwehungen nach zwei Tagen alle von der Lawine Eingeschlossenen.
Wu Zhongyong, ein Teamkollege, der mit Dolikun Jani schon 16 Jahre zusammenarbeitet, sagte uns, dass Dolikun Jani schon viele ähnliche Notfalldienste erlebt hat. Und jedes Mal ist Dolikun Jani trotz der Gefahren als Erster an Ort und Stelle. Wu sagte,
"Wenn ein Notfall eingetreten ist, mache ich jede Wette, dass Dolikun Jani sich an der Rettungsarbeit beteiligt. Oft erkennt man die Straße wegen des vielen Schnees überhaupt nicht. Dann stochert Dolikun mit einem Stock herum, um einen sicheren Weg zu finden und nicht in ein Schneeloch zu geraten. Dolikun ist schon oft in ein Schneeloch gefallen. Ich habe Angst, dass mir das mal passiert. Dolikun meint aber, dass das zum Berufsrisiko gehört und ganz normal ist. Er krabbelt aus dem Schneeloch dann heraus, klopft sich den Schnee von seiner Kleidung und arbeitet weiter, als ob nichts passiert wäre."
Dolikun Jani macht seine Arbeit perfekt. Mit den dortigen Viehzüchtern ist er gut Freund. Er behandelt sie wie seine Familienangehörigen. Wegen der widrigen Umstände im Konjirap-Bergtal leben nur 26 Viehzüchter mit ihren Familien dort.
Kurbanjan Muhammadreyim ist einer dieser Viehzüchter. Er sagte:
"Uns allen hat Dolikun Jani schon oft geholfen. Wenn jemand in der Familie krank ist, denken wir sofort an Dolikun Jani. Jedes Mal bringt Dolikun Jani die Kranken mit dem Fahrzeug in das Kreiskrankenhaus, das 120 Kilometer entfernt liegt. Er hat uns auf diese Weise so oft geholfen, dass wir das schon gar nicht mehr zählen können."
Dolikun Jani hat drei Schwestern, aber er ist der einzige Sohn. Seit Jahren hat Dolikun Jani Gewissensbisse, dass er seiner Familie zu viel abverlangt. Er war sehr traurig, als sein Vater in einem 300 Kilometer entfernten Krankenhaus gestorben ist und er sich nicht wegen seiner vielen Arbeit bei ihm verabschieden konnte.
Die 65jährige Huxallik Mastax, Mutter von Dolikun Jani, versteht ihren Sohn gut. Sie sagte:
"Dolikun Jani ist wie sein Vater es war, Straßenpfleger. Ich kenne das also. In dem Beruf hat man keine Zeit für die Familie. Anfangs wollte ich nicht, dass mein Sohn in der Konjirap-Pflegestation arbeitet. Nun aber ist er schon lange dabei und durch sein Schaffen völlige Anerkennung gefunden. Ich bin sehr stolz auf ihn."
Nun fliegt der 40jährige Dolikun Jani wie ein Adler über das Pamir-Plateau und verteidigt die chinesisch-pakistanische Straße.
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