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Interviews entscheiden über Hochschulzugang
   2006-05-09 13:09:46    cri
Kürzlich wurden 300 Kandidaten mit Abschluss der Mittelschuloberstufe in Shanghai nach Interviews von der renommierten Fudan-Universität aufgenommen, ohne an einer einheitlichen nationalen Hochschulaufnahmeprüfung teilgenommen zu haben. Dies geschah zum ersten Mal in der Geschichte des Bildungswesens der Volksrepublik China.

Zhang Moran ist Schülerin des 3. Jahrgangs der Mittelschuloberstufe in Shanghai. Vor kurzem nahm sie an den Interviews der Fudan-Universität teil, die über die Aufnahme entscheiden. Sie trat aus über tausend Prüfungskandidaten hervor und hat es geschafft. Sie wurde von der renommierten Uni in Shanghai aufgenommen. Im Gegensatz zu schriftlichen Prüfungen könne ein Interview mehr über den Menschen verraten und das umfassende Niveau der Schüler besser feststellen, meint Zhang Moran:

"Ich denke, eine sehr gute Leistung bei schriftlichen Prüfungen bedeutet nicht gleichzeitig, dass das Leistungsniveau tatsächlich sehr gut sein muss. Daher halte ich Interviews für sehr angebracht, denn nur in Gesprächen kann man feststellen, ob Du von den anderen akzeptiert wirst. Man stellt dann auch fest, ob Du mit einer guten Idee die anderen überzeugen kannst. All dies ist sehr wichtig, und man kann alles durch Gespräche erfahren und ersehen."

Die Nachricht, dass die Fudan-Universität durch Interviews neue Studenten aufnehmen will, wurde vor drei Monaten veröffentlicht. Es kamen dann sehr schnell über 6.000 Bewerbungsunterlagen zusammen. Vor den Interviews veranstaltete die Uni noch eine einfache schriftliche Prüfung. Kurz geprüft wurde in Chinesisch, Mathematik, Englisch und Computerwissen. Aufgrund der Leistungen dieser Prüfung wurden knapp über tausend Kandidaten ausgewählt, die sich dann den Interviews stellen mussten.

Gesprächspartner bei den Interviews waren über 100 Professoren der Uni aus den Fachbereichen Geistes- und Sozialwissenschaften, Ingenieur- und Technikwesen, Naturwissenschaften sowie moralische Erziehung. Erst am Tag des Interviews bestimmte das Los, welcher Kandidat von welchen fünf Experten interviewt wurde. Mit jedem dieser fünf Experten wurde ein 15-minütiges Einzelgespräch, also ein "Vier-Augen-Gespräch", geführt. Gemäß der Eindrücke dieser Interviews guckten die Professoren dann die 300 besten Kandidaten aus.

Wie uns einige Teilnehmer der Interviews mitteilten, mussten sie diverse Fragen der Professoren beantworten. Die Fragen hatten fast überhaupt nichts mit erlerntem Wissen zu tun. Beispielsweise wurde gefragt, ob man sich für verantwortungsbewusst hält und ob es Beweise dafür gibt. Es wurde gefragt, wie man dem Verkehrsinfarkt in Shanghai begegnen will, wenn man dort Bürgermeister wäre. Eine andere Frage lautete zum Beispiel, welche Aktionen man durchführen würde, wenn man genug Geld für Veranstaltungen zu Verfügung hätte.

Dieses Frage- und Antwortspiel gab der Uni die Chance, die Bewerber um Studienplätze umfassend zu bewerten, sagt uns der Vize-Rektor der Fudan-Universität, Cai Dafeng:

"Wir haben einige wesentliche Forderungen an die Kandidaten. Und ob diese Forderungen die jungen Leute erfüllen können, erfährt man durch Gespräche. Wir hoffen, dass wir bei den Kandidaten das entdecken können, was die moralische Erziehung angeht. Besonders hervorzuheben ist hier die Gesellschaftsanschauung der Schüler und ihre Erkenntnis über das gesellschaftliche Bewusstsein. Zum zweiten hoffen wir, dass wir dadurch das Potential des geprüften Schülers erkennen, das wir bei Studium und Forschung verlangen. Für uns ist wichtig, ob er gegenüber dem, was er lernt, ständig kritisch bleibt und Fragen stellt. Außerdem legen wir auch Wert darauf, ob er Erlebnisse und Erfahrungen im gesellschaftlichen Leben vorzuweisen hat."

Um zu studieren, muss man in China aber noch bis heute mit wenigen Ausnahmen an der einheitlichen nationalen Hochschulaufnahmeprüfung teilnehmen. Bei dieser Prüfung wird vor allem geprüft, wie viel die Schüler aus den Büchern gelernt haben. Um gute Noten bei dieser Aufnahmeprüfung zu bekommen, sind viele Schüler in China von der Kindheit an zu sehr auf ihre Lernleistung konzentriert, so dass ihre eigene umfassende Entwicklung völlig in den Hintergrund gerät. Trotz guter Noten sind viele Schüler Banausen in anderen Bereichen.

Die Fudan-Universität, so Vize-Rektor Cai Dafeng, wolle nun durch die Interviews die Mittel- und Grundschüler anhalten, ihre alten Lernideen zu ändern und die eigene Innovations- und Praxisfähigkeit zu erhöhen.

Wang Tianyu wird in diesem Sommer die Mittelschuloberstufe absolvieren. Beim Interview der Fudan-Universität fiel er durch. Diesen Reinfall führte er darauf zurück, dass er sich zu sehr auf die Hochschulaufnahmeprüfung konzentrierte und nicht rechtzeitig seine Lernmethode umgestellt habe. Er sagte, dass die Fragen, die die Professoren stellten, nirgendwo aus Schulbüchern zu beantworten waren. Ganz bewusst prüften die Professoren die Lernhaltung der Schüler:

"Ich denke, die wichtigsten Vorbereitungen soll man bereits im ersten und zweiten Jahrgang der Mittelschuloberstufe treffen. Nur eine Woche reicht nicht für ein erfolgreiches Interview. Wenn man erfolgreich sein will, muss man an verschiedenen öffentlichen Aktivitäten, Dienstleistungen sowie Wettbewerben teilnehmen. Denn es geht dabei nicht einfach um gepauktes Wissen, sondern vielmehr darum, die persönliche Fähigkeit in allen Bereichen zu erhöhen."

Die Auswahl durch Interviews, die die Fudan-Universität in diesem Jahr neu einführte, erntete bei chinesischen Bildungsexperten und Medien sowie bei Schülern und Eltern großes Lob. Sie sei begrüßenswert, weil sie die Art und Weise der Hochschulaufnahme in China bereichere und eine große Rolle für die Verstärkung der Qualifikationsbildung in den Mittel- und Grundschulen spiele.

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