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Exklusivinterview mit dem Präsidenten der Helmholtz-Gemeinschaft, Prof. Dr. Jürgen Mlynek
   2006-04-21 10:44:43    cri
Im April unternahm der Präsident der größten deutschen Forschungsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft, Prof. Dr. Jürgen Mlynek, eine achttägige Dienstreise in China. Mitgereist waren mit ihm Leiter und Chefforscher einiger HGF-Forschungszentren. Prof. Mlynek nahm sich auch Zeit, ein Exklusivgespräch mit unserem Sender zu führen:

CRI: Herr Präsident, auf Ihrem Programm standen Besuche bei der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und der Akademie der Medizinwissenschaften. Zu welchen Vereinbarungen sind Sie mit den beiden Organisationen der Spitzenforschung Chinas gekommen?

M: Zunächst ging es darum, sich gegenseitig etwas besser kennen zu lernen. Mein Anliegen war, gegenüber beiden Akademien das Potential der Helmholtz-Gemeinschaft deutlich zu machen. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist ja als Gemeinschaft noch nicht so bekannt. Viele ihrer Zentren sind bekannter an bilateralen Kontakten auch zu vielen Wissenschaftseinrichtungen, auch zu den akademischen Instituten in China. Wir haben vereinbart, dass wir versuchen wollen, in ganz konkreten Bereichen über engere Kooperationen nachzudenken. Ein Themenfeld ist das der Photonenphysik. Deutschland baut ja ein großes Gerät - den XFEL, ein Röntgenlaser mit internationaler Beteiligung. Das akademische Institut für Hochenergiephysik ist daran interessiert. Wir wollen mal sehen, welche engere Form der Kooperation es gibt, weil auch dieses Institut für die nächsten fünf bis zehn Jahre ähnliche Pläne hat.

Mit der Akademie der Medizinwissenschaften haben wir verabredet, vielleicht auf dem Gebiet Diabetesforschung, also wirklich der krankheitsorientierten Forschung, über gemeinsame Projekte nachzudenken.

CRI: Sie waren jahrelang Präsident der Humbolt-Universität in Berlin. Das spricht ganz sicher auch für Ihr Interesse an Hochschulkontakten. Fast alle Eliteuniversitäten in China haben Sie diesmal auf dem Programm. Welche Vorhaben wollen Sie mit ihnen erreichen?

M: Neben den Instituten der Akademie der Wissenschaften spielen natürlich auch die Universitäten, insbesondere die sogenannten Eliteuniversitäten in China, denke ich, für internationale Kooperation eine wichtige Rolle. Sie haben also in China den Weg gewählt, einige Universitäten in besonderer Weise zu fördern und auch finanziell zu unterstützen. Dazu gehören etwa hier die Peking-Universität, die Tsinghua-Universität. Wir werden in Shanghai noch Universitäten besuchen, auch in Xi'an. Ich denke, dass auch hier je nach Fachgebiet bilateral zwischen den Zentren der Helmholz-Gemeinschaft und den Universitäten Projekte vereinbart werden können. Herr Balliing, der das Helmholz-Zentrum für Infektionsforschung leitet, ist gestern (am 11. April) zum Honorarprofessor an der Peking-Universität ernannt worden. Grundlage ist eine bereits begonnene Kooperation auf dem Gebiet der Mausgenetik, die weiter ausgebaut werden soll.

CRI: Sie haben einmal den Rahmen Ihrer Aufgaben so abgesteckt, die Helmholtz-Gemeinschaft sozusagen als Marke zu etablieren, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung eine größere Rolle spielt. Wir wissen, dass die Max-Planck-Gesellschaft bereits eine strategische Partnerschaft mit der chinesischen Akademie der Wissenschaften pflegt und sich in China auch einen großen Namen gemacht hat. Haben Sie etwa Kooperationsmodelle mit China im Kopf wie die Max-Planck-Gesellschaft?

M: Es stimmt. Die Max-Planck-Gesellschaft hat seit über 30 Jahren enge Kontakte zur Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Da war, glaube ich, vorletztes Jahr, das 30-jährige Jubiläum. Die Helmholtz-Gemeinschaft ist noch nicht so bekannt als Gemeinschaft. Viele unserer Zentren haben Kontakte mit chinesischen Wissenschaftseinrichtungen. Was wir verabredet haben, auch mit dem Präsidenten der Chinesischen Akademie der Wissenschaften, Prof. Lu und Prof. Liu, dem Präsidenten der Chinesischen Akademie der Medizinwissenschaften, ist, mehr auf partnerschaftliche Modelle zu setzen. Beim Max-Planck-Modell der Nachwuchsgruppen ist es ja so, dass Max-Planck-Forschergruppen in China, insbesondere in Shanghai und Umgebung, Projekte auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften finanzieren. Wir möchten eigentlich mehr eine Forschungsplattform etablieren - im partnerschaftlichen Sinne, so dass ein Austausch jetzt von Informationen, von Ideen und auch von Personen in beide Richtungen erfolgt.

CRI: Planen Sie in der Zukunft ein gemeinsames Institut in China oder vielleicht auch in Deutschland?

M: Wir haben darüber diskutiert, ob eine Plattform ein sogenannter Jointlabotory sein kann, etwa im Gesundheitsbereich. Wie man das ausgestaltet, muss man sehen. (Wir waren uns einig, entscheidend ist neben dem Thema und konkret verabredeten Zielen letztlich auch das Gewinnen von Personen, also von Forschern, die hinter dem Projekt stehen und sich ein solches Projekt zu eigen machen. Nur mit den geeigneten Personen wird man dann, denke ich, erfolgreich gemeinsam arbeiten können. )

CRI: Den Wissens- und Technologietransfer zu verstärken, sehen Sie ebenfalls als eine Aufgabe. Gilt dies auch für Ihre eventuellen Partner in China?

M: Das stimmt. Auch für unsere chinesischen Partner ist der Transfer von Wissen und Know-how aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft wichtig, weil beide Seiten, die chinesische und die deutsche Seite, wissen, dass wir letztlich auch von Seiten der Wissenschaft zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beitragen müssen, gerade auch in wissensbasierten Bereichen. Das ist nicht ganz einfach. Da gibt es auch keine Patentrezepte. Man kann über Patente gehen, über Lizenzen gehen. Man kann Unternehmensgründung machen. Was wir festgestellt haben, ist, dass hier in China sehr viel Aktivitäten und sehr viel Dynamik entsteht. Die Wissenschaftler werden bei solchen Aktivitäten in China auch von den Instituten, in denen sie tätig sind, nachdrücklich unterstützt. Und von daher ist China hier durchaus, was die Mentalität und die Gründungskultur anbetrifft, ein Partner auf Augenhöhe.

CRI: Zwischen 1996 bis 2001 waren Sie Vizepräsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft und zuständig für Kontakte und die Zusammenarbeit mit China. Würden Sie sagen, dass Ihre Erfahrungen mit China bei künftigen Entscheidungen, die China angehen, helfen können?

M: Ich hoffe das zumindest sehr. Ich habe mich, als ich im Präsidium der Deutschen Forschungsgemeinschaft war, hier gekümmert um den Aufbau des Deutsch-Chinesischen Zentrums - ein Zentrum, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der National Science Foundation of China gemeinsam finanziert und betrieben wird. Mittlerweile hat sich dieses Zentrum, glaube ich, gut etabliert. Es gibt - hörte ich kürzlich - jetzt gut 2.000 Besuche jährlich. Es finden viele gemeinsame Workshops statt, es gibt Projekte, die gemeinsam über dieses Zentrum finanziert werden. Seitdem bin ich eigentlich jährlich in China in unterschiedlicher Funktion und mit der Entwicklung in China im Bereich der Wissenschaft, denke ich, gut vertraut. Und dieses Wissen ist natürlich hilfreich auch bei neuen Projekten.

CRI: Ich denke, nach Abschluss Ihrer Reise könnten Sie uns noch einiges mehr erzählen. Nach diesem Interview werden Sie noch ein Gespräch mit Chinas Vizebildungsministerin Frau Wu Qidi haben. Können Sie uns aber vielleicht schon einmal verraten, was Sie von der künftigen Zusammenarbeit mit China im Wissenschafts- und Technologiebereich erwarten?

M: Mein Gefühl ist, dass es viele Bereiche für mögliche Kooperationen gibt. Das gilt insbesondere für Kooperationen zwischen den Hochschulen. Die Ministerin, die ich treffe, ist ja für den Ausbildungs- und Bildungsbereich zuständig in erster Linie. Ich kenne sie seit vielen Jahren auch durch meine Tätigkeit als Präsident einer deutschen Universität. Ich würde mir wünschen, dass der Austausch zwischen Studierenden und auch Universitätsangehörigen zwischen China und Deutschland. intensiviert wird. Das setzt natürlich voraus, dass immer mehr Deutsche Chinesisch lernen. Ich bin immer wieder überrascht, wie gut Chinesen jetzt ausländische Sprachen wie Englisch oder Deutsch sprechen - in Anbetracht der wirklichen Unterschiedlichkeit dieser Sprachen auf dem Gebiet von Forschung und Entwicklung. Allgemein denke ich, werden die großen Wissenschaftsorganisationen, Helmholtz, Max-Planck, die Frauenhofer Gesellschaft, die Leibniz Gemeinschaft, sicherlich die für sie interessanten Themenfelder immer wieder zur Sprache bringen bei ihren chinesischen Partnern, insbesondere dann, wenn es für beide Seiten von Nutzen ist. Der muss, glaube ich, auf beiden Seiten vorhanden sein, dann werden sich auch zukunftsweisende Projekte ergeben.

CRI: Herzlichen Dank!

M: Bitte schön!

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