Wang Mingxi ist nun fast 70 Jahre alt. Er hat im Jahr 1954 damit begonnen, Fahrräder zu sammeln. Warum ist das Fahrrad mit ihm so eng verbunden? Der alte Mann nannte uns zwei Gründe. Der eine ist, dass er von klein auf Interesse an Fahrrädern an den Tag legte. Als er fünf oder sechs Jahre alt war, jagte er allen Menschen nach, die Fahrrad fuhren. Ein anderer Grund ist, dass er dem Fahrrad die Rettung seiner ganze Familie in die Schuhe schiebt. Es war im chinesischen Bürgerkrieg, damals war Wang Mingxi gerade 11 Jahre alt. Seine Familie wohnte in der nordostchinesischen Stadt Changchun. Es war seinerzeit sehr, sehr schwierig, etwas zum Essen zu organisieren. In seiner Familie existierte ein Fahrrad, und zwar eines, das in Japan hergestellt wurde. Er benutzte dieses Fahrrad und suchte mit ihm überall nach etwas Essbarem, wie zum Beispiel nach Baumrinde und Wildgemüse. Wang Mingxi war mit dem Fahrrad zum Essensorganisator geworden. Das ging so eine Zeit lang, bis die Stadt Changchun befreit wurde.

Nun hat Wang Mingxi etwa 140 verschiedene Fahrräder gesammelt. Ganz besonders stolz ist er auf das Fahrrad Nr. 1, mit dem er seine Sammlung begonnen hatte. Dazu sagte er:

"Damals gab es nicht sehr viele Fahrräder, insbesondere gab es kaum im Ausland hergestellte Fahrräder. Ein solches Fahrrad zu fahren war der Traum eines jeden, es war so, als wenn man einen Mercedes-Benz fahren würde. Das erste Fahrrad meiner Sammlung kostete mir über zwei Jahre, denn ich musste 480 Yuan RMB sparen, um es kaufen zu können. Es ist ein in England hergestelltes schwarzes Raleigh. Nachdem ich es gekauft hatte, war ich überglücklich und so begeistert, dass ich einige Nächte kaum schlafen konnte. Das neue Fahrrad ist seinerzeit Teil meines Lebens geworden. Wenn meine Frau das Fahrrad berührte, ärgerte ich mich sehr darüber. Im Winter war draußen sehr kalt. Ich legte das Fahrrad in ein Zimmer und bedeckte es mit meiner Jacke, um es zu wärmen und zu schützen."

Wang Mingxi hat die ganze Entwicklungsgeschichte des Fahrrades aufmerksam verfolgt und tüchtig Fahrräder gesammelt. So sind zum Beispiel Fahrräder mit verschiedenen Antrieben in seiner Sammlung. Die Herstellungsorte seiner Fahrräder sind recht verschieden, sie stammen aus China, England, Deutschland, Frankreich, Japan und aus anderen Ländern. Das Alter seiner gesammelten Fahrräder ist auch völlig verschieden. Das jüngste ist etwa 10 Jahre alt und stammt aus Japan, sein ältestes Fahrrad kommt aus England und stammt aus dem Jahr 1917. Und mit diesem Fahrrad aus England hat es etwas auf sich: Etwa im Jahr 1920 kamen zehn dieser Fahrräder nach China. In England sind diese Fahrräder aufgrund ihres Alters und der inzwischen erfolgten beiden Weltkriege quasi ausgestorben. Nachdem ein britischer Fernsehsender in Großbritannien informierte, dass ich im Besitz dieses Fahrrades bin, kam ein britischer Fahrradsammler im Jahr 1998 innerhalb von drei Monaten zweimal nach Beijing, um dieses kostbare Stück zu erwerben.

"Er sagte, er wollte mir ein in England hergestelltes Auto, einen Rolls-Royce, geben, wenn ich ihm das Rad überlasse. Das Auto kostet immerhin über 1,7 Millionen Yuan RMB. Will ich dieses Fahrrad mit seinem Auto tauschen? Ich denke, dass ich das nicht machen kann. Dieses Fahrrad ist auch in China von unschätzbarem Wert, ich konnte es nicht herausgeben. Bis jetzt ist dieses Fahrrad bei mir sehr gut aufgehoben."

Bei mehr als 2.000 Fahrradsammlern in Beijing ist Wang Mingxi sehr bekannt, insbesondere auch seine drei Besonderheiten. Zunächst hat er mehr als 140 Fahrräder gesammelt, jedes Fahrrad besitzt einen bekannten Markennamen, und hinter jedem Fahrrad versteckt sich eine eigene Geschichte. Zweites ist Wang ein begnadeter Schlosser und kann jedes Fahrrad reparieren oder zusammensetzen. Jedes alte oder kaputte Fahrrad kann er schnell wieder flott machen. Über 10.000 ausländische Ersatzteile für Fahrräder hat Wang Mingxi gekauft und gelagert. Letztendlich hat er auch im Bereich Fahrräder geforscht. Die Entwicklungsgeschichte des Fahrrades kennt er so gut wie seine Westentasche.

Der alte Fahrradsammler sprach noch darüber, wie er an die Mehrzahl seiner Fahrräder kam. Seit der Gründung der Volksrepublik China kamen viele Auslandschinesen zurück nach China. Manche von ihnen brachten auch ihr im Ausland erworbenes Fahrrad mit. Und es gibt in der Gesellschaft auch viele Menschen, die die Fahrräder sammeln. Diese Sammler veranstalten hin und wieder Fahrradmärkte, um ihre eigenen Sammlungen zu erweitern oder zu verkleinern oder einfach nur, um zu tauschen.

Wang Mingxi hat noch einen Wunsch: Er möchte ein Fahrrad-Museum eröffnen. Jetzt befinden sich seine Schätze in einem Kellerraum mit einer Fläche von etwa 200 Quadratmetern. Wenn es stark regnet, dann ist der Keller sehr feucht und es besteht die Gefahr, dass seine Fahrräder leicht rosten. Wegen Mangel an Geld und Räumlichkeiten ist sein größter Wunsch bisher nicht erfüllt worden. Wang ist stets auf der Suche, für seine Schätze einen idealen Zufluchtsort zu finden.