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Ski Alpin: Österreich versteht die Welt nicht mehr
   2006-02-14 19:04:02    cri
Sestriere - Es war ein trostloser Abend. Hermann Maier, immer noch geschwächt von einer Grippe, flüchtete geradewegs heim nach Flachau, um sich von Mutter Gerti Körper und Seele pflegen zu lassen.

Im "Österreich Haus" in Sestriere gingen die Gäste derweil zu hochprozentiger Frustbewältigung über und versuchten engagiert, sich die Silbermedaille von Michael Walchhofer irgendwie schön zu trinken.

Doch so sehr sich die Österreicher auch mühten: Nach dem Abfahrts-Olympiasieg des Franzosen Antoine Deneriaz verstand die rot-weiß-rote Nation die Ski-Welt nicht mehr.

"Der abnormale Wahnsinn"

"Ein Franzose schnappt uns Gold weg. Michael Walchhofer war schon mit eineinhalb Beinen Olympiasieger gewesen", ereiferte sich die Kronenzeitung. Das sei doch "der abnormale Wahnsinn", fand Die Presse.

Unschlüssig in seinem Urteil zum aktuellen Gemütszustand der Nation schien dagegen der Kommentator des Wiener Kurier. Eine Silbermedaille sei doch kein Grund zur Verzweiflung, merkte er an:

"Im Gegensatz zu großen Nationen wie Deutschland, USA oder Russland zählen in Österreich Menschen, die alle bis auf einen oder zwei schlagen, nicht als Verlierer." Der gefühlte Frustfaktor und der Getränkeumsatz in der "Casa Austria" signalisierten Anderes.

"Bist Du deppert?"

Den besten Einblick in die Seelenlage der Österreicher konnte man beim Hören der ORF-Kommentatoren Robert Seeger und Experte Armin Assinger während des Laufs von Deneriaz bekommen.

Als die zweite Zwischenzeit genommen wurde, konnte Assinger sich nicht mehr halten: "Bist Du Deppert? Vier Zehntel is der vorn. Ja spinnt der denn? Fohrt der da oba wie die g'sengte Sau. Ja Wahnsinn, ja Wahnsinn, wie der fohrt."

Deneriaz demütigt Walchhofer

Tatsächlich ist Österreich ziemlich bedient. Und ganz schlimm ist: Deneriaz demütigte Walchhofer mit einem gewaltigen Vorsprung von 0,72 Sekunden, was Rot-Weiß-Rot nicht einmal die Möglichkeit gibt, von Pech, tragischem Schicksal oder einer Verschwörung zu sprechen.

Entsprechend staatstragend äußerte sich daher Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer. "Walchhofer hat ein fantastisches Rennen geliefert, wir sind alle stolz auf ihn", versicherte das Staatsoberhaupt.

Außerdem sei es doch auch "eine gute Sache", dass Deneriaz mit den Skiern "einer österreichischen Marke gewonnen hat". Wenn solche Sätze mal nicht seine Wiederwahl gefährden

Drei Millionen Euro für Gold

Ein Abfahrts-Olympiasieger kann in Österreich zum gemachten Mann werden. Bis zu drei Millionen Euro, sagt ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel, bringe dieses Gold. Ein französischer Olympiasieger hat es da schwerer.

"Es braucht schon viel, um als Skirennläufer in Frankreich berühmt zu werden. Ein Olympiasieg ist sicher ein guter Anfang, doch Berühmtheit ist damit nicht automatisch verbunden", sagt Luc Alphand über Landsmann Deneriaz.

Alphand, der immerhin den Gesamtweltcup gewonnen hat, muss es wissen: Er ist erst seit Januar ein Star in Frankreich - als Sieger der Rallye Dakar.

Raich unter Druck

Der Kurier wirft angesichts der Enttäuschung in der Abfahrt derweil die Frage auf: "Gibt es ein Sieger-Gen? Und wenn ja: Setzt sich in Österreich jemand ernsthaft damit auseinander?"

Antworten könnte es bereits am Dienstag geben, beim Kombinations-Wettbewerb der Männer (Abfahrt 12.00, 17.00/19.30 Uhr). Alles andere als ein Sieg des Österreichers Benjamin Raich wäre ein weiterer Grund für sein Heimatland, die Ski-Welt nicht mehr zu verstehen - und entsprechend darauf zu reagieren.

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