Startseite | Nachrichten | Zeitgeschehen | Chinesischkurs | China ABC | Inet Radio | Frage der Woche | Paralympics 2008 in Beijing | Sendeplan
 

-Empfangsbericht
-Feedback   -Archiv

Um unser "Lebenswasser" zu schützen - das chinesisch-deutsche Forstprojekt am Miyun-Stausee
   2006-01-27 10:58:15    cri
Seit sechs Jahren fahren Mitarbeiter der deutschen Botschaft in Beijing im März in den Kreis Miyun, um in der Nähe des Miyun-Stausees Bäume anzupflanzen. An eben jenem Stausee wird auch ein Forst- und Wasserschutzprojekt durchgeführt, das Deutschland mit technischer Hilfe unterstützt. Im Rahmen des Projekts beschäftigen sich chinesische und deutsche Experten mit der Frage, wie man den Miyun-Stausee als "lebenswichtigen Wasserspeicher" für Beijing besser schützen kann. Denn aus dem Stausee werden rund 80 Prozent des Trinkwasserbedarfs der chinesischen Hauptstadt gedeckt. Das chinesisch-deutsche Kooperationsprojekt wurde im Jahre 1998 gestartet und soll im Jahre 2007 vollendet werden.

In der Bergregion des Kreises Miyun im Norden der chinesischen Hauptstadt Beijing befindet sich der Miyun-Stausee. Sein Einzugsgebiet innerhalb Beijings ist 4.500 qkm groß. Der Stausee wurde im Jahre 1960 errichtet und kann 4,37 Milliarden Kubikmeter Wasser speichern. Mit dem Wasser aus dem Stausee werden rund 80 Prozent des Trinkwasserbedarfs von Beijing gedeckt.

Vor einigen Jahren nahmen die Probleme im Gebiet des Stausees zu. Es herrschte zunehmende Wasserknappheit, außerdem nahmen Bodenerosion und Verschlammung zu. Negativ wirkten sich auch die Monokultur der Wälder und die unzureichende Pflege der Wälder aus. Mit zunehmendem Wirtschaftswachstum in der Region verschlechterte sich die Wasserqualität des Stausees. Der Schutz der Wasserressourcen schränkte die lokalen Bewohner in ihrem Lebensstandard und ihrer wirtschaftlichen Entwicklung ein.

Doch die Lage am Miyun-Stausee ändert sich, seitdem im Jahre 1998 ein chinesisch-deutsches Forstprojekt gestartet worden ist. Über die Hintergründe des Projekts erklärt uns Dr. Wang Xiaoping vom Beijinger Forstamt:

"Für Beijing ist das Wasser aus dem Miyun-Stausee eine Art 'Lebensquelle'. Aber Beijing steht wie zahlreiche andere Großstädte und mittelgroße Städte in China vor großen Herausforderungen beim Schutz seiner Trinkwasserquellen. Die Wasserknappheit ist ja inzwischen auch eine globale Herausforderung. Aufgabe des Projekts ist es, lokale Regierungsverwaltungen zu beraten und technische Entwicklungsstrategien und Entwicklungsmodelle zu erarbeiten. Dies wird für den Schutz der Wasserquellen und die geregelte Verteilung der Wasserressourcen von großer Bedeutung sein. Von solch einem Projekt können auch andere Städte in der Welt profitieren. Auf chinesischer Seite mangelt es an Technik und an Erfahrung. Deutschland hingegen besitzt ein umfangreiches Wissen, ausgereifte Technik und weitreichende Gesetze. Die deutsche Seite hat Schwerpunkte der technischen Zusammenarbeit mit dem Ausland gesetzt. Dazu gehören der Schutz von Ressourcen und der Umwelt sowie die Regulierung von Einzugsgebieten. So sind das Beijinger Forstamt auf chinesischer Seite und die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit auf deutscher Seite zusammengekommen und haben dieses Projekt gestartet."

Dr. Christoph Peisert hat das chinesisch-deutsche Projekt am Miyun-Stausee von Anfang an begleitet. In seinem Büro im Beijinger Forstamt sagt er uns:

"Ich bin der einzige entsandte deutsche Experte. Wir haben jedes Jahr drei, vier Einsätze von sogenannten Kurzzeitexperten, die uns zu bestimmten Themen helfen. Und wir haben natürlich auch ein deutsch-chinesisches Projektteam. Wir sitzen hier sehr eng zusammen und können direkt kommunizieren. Und wir haben mittlerweile auch ein junges Team, das sich sehr gut versteht. Wir sind eigentlich ganz zufrieden mit dem, was wir an Beratung auch aus Deutschland oder auch aus anderen westlichen Ländern hier anbringen können. Wir fahren ja viel herum im Kreis Miyun, wenn wir Dinge sehen, die nicht erlaubt sind, dann können wir auch schon mal zur Kreisregierung gehen und sagen: Hier, Leute, Ihr müsst Euch mal darum kümmern, das ist für Miyun sehr schlecht, was da passiert. Das haben wir auch immer wieder gemacht, und das hat auch zum Teil große Wirkung gezeigt. Das ist nicht immer einfach für den Kreis, aber auch wenn man ihn überzeugt, dann hat sich das durchgesetzt. Insofern sind wir auch so etwas wie die Beschützer des Stausees in jeder Hinsicht. Wir verstehen uns so. Aber unsere Arbeit konzentiert sich auch im Wesentlichen auf die forstlichen Aspekten."

Die in Deutschland entwickelte Idee des "naturnahen Waldbaus" hat sich allmählich auch im Kreis Miyun und in Beijing durchgesetzt. Inzwischen ist der "naturnahe Waldbau" in der Forstentwicklungsplanung der Stadt Beijing festgeschrieben. Um den Stausee als Wasserquelle besser zu schützen, hat das Expertenteam entsprechend den Bodenverhältnissen und der Vegetation fünf Entwicklungsmodelle für das Schutzgebiet festgelegt. Kahle Berge sollen aufgeforstet werden. Junge Wälder erhalten eine besondere Pflege, und selbst in abgelegenen Bergregionen sollen Wälder gepflegt und gegebenenfalls durch Aufforstung erneuert werden. Hinzu kommt eine systematisierte Sanierung einzelner kleiner Einzugsregionen mit regen menschlichen Aktivitäten.

Von chinesischer Seite ist Prof. Yu Xinxiao von Anfang an bei dem Projekt dabei. Prof. Yu ist zugleich Leiter des Instituts für Wasserschutz bei der chinesischen Universität für Forstwirtschaft. Zum Entwicklungsstand des Projektes sagte er:

"Unser Projekt befindet sich derzeit in der dritten Phase, in der wir unsere Entwicklungsmodelle umsetzen. Nicht nur in Beijing, sondern auch am oberen Abschnitt des Miyun-Stausees in der Provinz Hebei, also in den Regionen von Chengde und Zhangjiakou sowie in Baoding im Süden von Hebei ist die Umsetzung unserer Modelle großflächig angelaufen. Die von uns erarbeiteten Standards für Wälder zum Schutz der Wasserressourcen werden sich bald in Beijing durchsetzen. An der Verwirklichung unserer Entwicklungsmodelle wirken neben der Beijinger Forstverwaltung auch andere Behörden der Stadt mit, darunter die Landwirtschaftskommission, das Wasseramt, das Umweltschutzamt, das Finanzamt und die Planungskommission. Bei der Verbreitung neuer Technologien in Hebei hat uns auch die staatliche Forstverwaltung geholfen."

Acht Jahre läuft das chinesisch-deutsche Forstprojekt inzwischen. Laut Professor Yu waren es acht Jahre harter Arbeit in enger Verknüpfung mit konkreten Forschungen. Das Projektteam hat sich seit 1998 an der Erarbeitung des 9., 10., und 11. Fünfjahresplans für die Entwicklung Beijings beteiligt. Für seine Leistungen erhielt das Team insgesamt fünf Wissenschaftspreise, darunter einen Nationalpreis. Zudem wurden acht Fachbücher über theoretische und technische Systeme und deren Verbreitung veröffentlicht.

Von dem Wasserschutzprojekt in Miyun haben auch die Bauern der Region kräftig profitiert. Dr. Wang Xiaoping teilt uns mit:

"Mehr als 3.600 Bauern erhielten die Chance, an einem der insgesamt 23 Ausbildungskursen teilzunehmen. Die Idee einer ökologischen Landwirtschaft hat in ihren Köpfen Wurzeln geschlagen. Außerdem hat sich das Umweltbewusstsein der lokalen Bewohner verstärkt. Viele Bauern weisen sich inzwischen als eine Art Förster aus. Sie fühlen sich verpflichtet, den Stausee als Trinkwasserquelle der Hauptstadt zu schützen. So haben sie inzwischen auf Fischerei und Fischzucht verzichtet und sich stattdessen auf den ökologischen Obstanbau spezialisiert. Dafür werden sie von der Stadtverwaltung entlohnt."

Im Einzugsgebiet des Miyun-Stausees wurden bislang rund 510 Hektar kahle Gebiete aufgeforstet, 1.265 Wälder wurden künstlich erneuert, zudem werden 880 Hektar Jungwälder intensiv gepflegt. In dem Gebiet wurden kleine Einzugsgebiete mit einer Gesamtfläche von 1.250 Hektar saniert, an den Berghängen zeigen sich neue Obstgärten und Gewächshäuser. Moderne Straßen ermöglichen bessere Verbindungen. Der Kreis Miyun zeigt heute ein neues Antlitz. Vor alledem ist das Lebenswasser für die chinesische Hauptstadt heute deutlich klarer und sauberer, dank der Nutzung deutscher Erfahrungen. Deshalb verwundert es nicht, dass der deutsche Teamleiter Dr. Christoph Peisert mit dem Freundschaftspreis des chinesischen Staatsrates und dem Greatwall-Freundschaftspreis der Beijinger Stadtregierung ausgezeichnet wurde.

     mehr zum Thema Ihre Meinung

Not Found!(404)

Not Found!(404)