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Deutsche Küchen-Profis auf der AWE-Messe in Shanghai: "Die Geschwindigkeit ist hier schon enorm."
  2019-03-18 20:29:19  CRI

Die führende Messe "Appliance & Electronics World Expo 2019" (AWE2019) im Shanghai New International Expo Center lockte vom 14. bis 17. März 2019 erneut bekannte Hersteller und Kunden von morgen aus aller Welt an, auch das Who is Who der Küchen-Branche war vertreten, wobei Deutschland als weltgrößter Küchenproduzent natürlich besonders präsent war. Veranstalter der jährlichen Messe ist die China Household Electrical Appliances Association.

Wir sprachen mit drei Teilnehmern aus Deutschland, alle sind Küchenspezialisten. Volker Irle ist Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche e.V. (AMK), dem Fach- und Dienstleistungsverband der gesamten Küchenbranche. Die AMK, die auch im Bereich Normierung aktiv ist, gehören derzeit mehr als 140 Mitgliedsunternehmen an, namhafte Hersteller von Küchenmöbeln, Elektro-/Einbaugeräten, Spülen, Zubehör sowie deren Zulieferer.

Volker Irle (AMK): Made in Germany wirkt auch bei Küchen.

"Wir bieten eine Kommunikationsplattform zum Austausch über das Thema Küche ", erklärt er. In China gehe es um die Unterstützung für deutsche und europäische Unternehmen, zum Beispiel durch den Aufbau von Netzwerken, was ohne Leute vor Ort nicht funktioniere: "Wir haben in Peking und Shanghai Büros." In China hätten sie Beratungspartner: "Wir arbeiten hier mit großen Handelsketten, aber auch mit kleinen Herstellern im Möbel- und Hausgerätebereich zusammen."

Wie beurteilt er die Entwicklung des chinesischen Marktes? "China ist positiv gesehen am Explodieren. Das ist der Wahnsinn, was hier passiert." Verantwortlich für den Boom seien die Wohlstandsentwicklung und eine steigende Globalisierungsrate, in deren Folge der Mittelstand wachse. Dieser habe weltweit ähnliche Ansprüche. So drücke man mit einer Einbauküche auch in China immer mehr sein Lebensgefühl und seine Individualität aus. "Einbauküchen können auch ein Statussymbol sein", sagt er. Die Wachstumsraten für deutsche Unternehmen seien jedoch prozentual gesehen noch nicht so groß, vor allem im Vergleich zum europäischen Markt.

Die Wirkung von " Made in Germany" sei unglaublich, sowohl bei Küchen als auch Einzelkomponenten. Auch nicht unverdient, wie er findet: "Man muss zugeben, dass die Qualitätsunterschiede nach wie vor sehr, sehr groß sind. Trotzdem gibt es inzwischen auch in China große lokale Hersteller."

Das "Made in Germany" ziehe natürlich als "Brand", aber vor allem sei es die exzellente Qualität. "Wir haben auch in Zukunft keinen Stress, wenn sich große chinesische Anbieter zeigen - wegen der Qualitätsunterschiede." Es würden einfach noch unterschiedliche bedient. In Deutschland bedienten deutsche Unternehmen alle Preissegmente, in China dagegen nur das mittlere und obere.

Chinesische Zulieferer würden Möbel auch mit deutschen oder europäischen Komponenten, wie etwa Beschlägen aufwerten, verrät er. "Jedes Teil, das aus Deutschland oder Europa kommt, führt zu einer Aufwertung des Produkts."

Küchenmöbel würden noch komplett aus Deutschland importiert, um den Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. Anders ließen sich die hohen Qualitätsansprüche, zum Beispiel an Hitze- und Feuchtigkeitsbeständigkeit, nicht gewährleisten. In Deutschland sei sehr viel in der Branche investiert worden, um diese hohen Standards zu erreichen.

Zum Thema "langfristiger Erfolg" sagt der Manager: "Markenbildung ist in China absolut wichtig." Marketing sei schwierig, ein Patentrezept gäbe es nicht. "Sie können keine Marketing-Kampagnen für Deutschland kreieren, die auch in China funktionieren." Man müsse die richtigen Adressaten ansprechen. "Um den Markt zu verstehen, müssen Sie vor Ort sein!" Es wäre vermessen zu sagen: Wir haben schon als Deutsche verstanden, wie der chinesische Konsument angesprochen werden muss." Dafür sei der kulturelle Sprung einfach zu weit. Die deutschen Unternehmen beschäftigten deshalb zum Teil chinesische Mitarbeiter in Deutschland.

Durch interkulturelle Trainings werden laut Irle beide Seiten geschult, um besondere Eigenheiten besser zu verstehen - wie zum Beispiel, dass eine "Deadline" in Deutschland strikt eingehalten werden müsse und keinen Vorschlagcharakter habe. Irle schätzt chinesische Mitarbeiter auch in dieser Beziehung: "Sie sind hochmotiviert und willig, das zu lernen." Die Zusammenarbeit mit den Chinesen sei spannend und bereichernd. Offenbar haben das auch andere erkannt: "Wenn Sie sich hier umsehen, sehen sie viele Chinesen - das sind alles Mitarbeiter dieser deutschen Unternehmen."

Die AMK führe Recruiting-Tage in China durch, mit Studenten aus China, so Irle. Umgekehrt geschähe das auch in Deutschland mit Austauschstudenten, die später ihr Wissen und deutsche Unternehmensphilosophie in China einsetzten. In China werde Wissen aufgebaut, welches dann dort auch verfügbar sei.

"Die Küchenindustrie ist sehr mittelständisch geprägt mit einem guten Preisleistungsverhältnis." Der gute Umgang mit den Mitarbeitern und den Produkten sowie eine hohe Selbstverpflichtung zeichneten gerade solche familiengeführten Unternehmen besonders aus, betont der AMK-Geschäftsführer: "Die sagen, wenn da mein Name darauf steht, muss die Qualität auch stimmen." Irle zeigt auf ein paar Stände: "Gucken Sie sich hier um, bei ganz vielen Unternehmen stehen Familien dahinter."

Kirk Mangels ist Vorstandsmitglied bei der MHK Group AG. Er ist für Marketing und Unternehmenskommunikation verantwortlich. Vor dieser Tätigkeit war er Geschäftsführer der AMK. Die MHK Group beschreibt sich selbst als ein modernes Dienstleistungsunternehmen und eine erfolgreiche Gemeinschaft für den mittelständischen Küchen-, Möbel- und Sanitärfachhandel, mit mehr als 2700 Handelspartnern.

Mangels macht gleich zu Beginn des Interviews eine erstaunliche Aussage: "Wir sehen andere deutsche Hersteller in China eigentlich gar nicht so stark als Wettbewerber, weil wir sagen: Gemeinsam können wir diesen Marktbereich öffnen." Gemeinsames Ziel sei es, dass sich die chinesischen Konsumenten mit dem Thema "importierte Küchen" auseinandersetzen.

Kirk Mangels (MHK): Gravierende Unterschiede beim Thema Küche.

Made in Germany sieht der MHK-Vorstand auch als Türöffner und er betont, dass das Qualitätsversprechen auch noch eingehalten werden müsse, wenn später in China produziert werde. In anderen Branchen sei das ja gelungen.

Es werde versucht, das Produkt Küche noch stärker in den Markt zu bringen. "Jeder hat eine Küche, bloß noch längst nicht so ausgestattet, wie wir uns das wünschen." Eine chinesische Küche sei mit etwa sechs bis acht Quadratmetern im Vergleich zu deutschen Verhältnissen klein, sagt Mangels: "Gerade bei dieser Größe kommt es auf die optimale Nutzung, auf die Funktion und die Zusammenstellung an, um den Stauraum optimal nutzen zu können. Ich glaube, wir haben da ein gutes Produkt."

In China sei der Handel nicht nur an Küchen, sondern auch an Wohn- und Badezimmern mit Produkten aus Deutschland interessiert. Die MHK stelle sich hier auch gerade breiter auf, unter anderem mit der Software seines Dienstleisters Carat, mit der Einrichtungen in den Bereichen Küche, Wohnen und Bad geplant werden können.

Zu den Unterschieden beim Thema Küche in Deutschland und China sagt Mangels: "Natürlich gibt es kulturell, auch von den Essgewohnheiten her, gravierende Unterschiede." Das bedeute für deutsche Küchenhersteller, dass sie weiter in der Qualität von "Made in Germany" liefern, aber gleichzeitig ein Produkt anbieten müssten, dass auf die Nutzungs- und Essgewohnheiten der chinesischen Konsumenten zugeschnitten sein müsse. Mangels fasst es zusammen: "Also ein deutsches Produkt, aber angepasst an den chinesischen Konsum."

Um so ein Produkt zu erstellen, helfe auch deutsch-chinesische Zusammenarbeit: "Bei uns im Unternehmen arbeiten natürlich Chinesen", sagt Mangels, der auch interkulturelle Kompetenz für wichtig hält. Chinesen, die in Deutschland studiert haben, würden wiederum auch danach in China für die MHK-Group arbeiten.

"Grundsätzlich passt es einfach zwischen Chinesen und Deutschen", sagt Kirk Mangels über die Zusammenarbeit. Aber dennoch seien aber einige Gewohnheiten anders, was man aber im gegenseitigen Austausch lernen könne.

Chinesen seien, so Mangels, zwar an deutschen Küchen interessiert, nicht aber an dem Kauf von deutschen Küchenherstellern auf einem sehr engen Markt. Der Fokus liege bei chinesischen Unternehmen auf dem Binnenmarkt und den Anrainerstaaten.

In China werden laut Mangels Küchenmöbel und -geräte derzeit noch zumeist in getrennten Läden angeboten. "Die Tendenz ist aber auch hier, dass man in ein Geschäft gehen kann, wo man dann die komplette Küche von vorn bis hinten kaufen kann."

Mangels schätzt auch privat China: "Ich schätze die Kultur unheimlich und ich finde, was die Chinesen schaffen und aufbauen, ist sensationell. Wie sie Wachstumstendenzen spüren und steuern - da können wir eine Menge daraus lernen." Umgekehrt könnten die Chinesen auch von den Deutschen lernen. Ihm gefalle China jedes Mal sehr: "Diesen Spirit, diese Geschwindigkeit zu erleben und dieses Gefühl zu haben, dass jeder individuell weiter kommen möchte, sich entwickeln möchte, das finde ich toll."

Jedes Mal, wenn er von China nach Deutschland zurückkomme, bringe er Energie und Motivation mit. "Dann sage ich mir: Wir müssen unsere Geschwindigkeit wieder erhöhen. Wir sind zu langsam geworden."

In China laufe die Entwicklung sehr systematisch, sehr strukturiert ab. Er nennt das Beispiel Mega-City: "Wenn man sich anguckt, wie eine Stadt wie Peking oder Shanghai pro Jahr wächst, und das ja quasi ohne jede Slumbildung oder Ähnliches - das ist beeindruckend."

Claus Sagel, Geschäftsführer der Firma Vauth-Sagel Systemtechnik GmbH, beschreibt den chinesischen Markt als schwierigen Markt mit großem Wettbewerb. Vauth-Sagel sei hier seit rund 15 Jahren aktiv. "Wenn man sich hier als Marke etablieren will, braucht man einen langen Atem." Es stelle sich die Frage: "Hast Du genügend Durchhaltevermögen und Kapital, um zu sagen, ich gehe in einen Markt rein, den ich bearbeiten will." Wenn diese Frage bejaht werden könne, dann gehe es.

Vauth-Sagel will hochwertige Systemlösungen für Lebensräume schaffen. Dazu gehören laut Claus Sagel auch zum Beispiel Stauraumlösungen für die eher kleine chinesische Küche.

Den guten Ruf von "Made in Germany" sieht Sagel auch als Vorteil, allerdings eher im gehobenen Marktsegment: "Wer zum Beispiel Mercedes fährt, der kann mit dem Begriff auch etwas anfangen."

Claus Sagel (Vauth-Sagel): In China braucht man einen langen Atem.

Für Vauth-Sagel als klassischen Zulieferer sei Marketing im gesamten Verkaufsprozess nur ein ganz kleiner Baustein, sagt er. "Namen wie AEG oder Bosch ziehen da mit Sicherheit mehr", nennt er den Vorteil globaler Gerätehersteller.

Die Firma verhandle in China mit der Großindustrie und sei mit einem Vertriebspartner vernetzt, der logistische Aufgaben übernehme.

Als Unternehmer in China könne man etwas lernen: "Wenn Du irgend etwas machen willst, musst Du investieren, das heißt auch in die Kultur investieren, in die Menschen investieren." Sowohl in Deutschland als auch China, gäbe es daher chinesische Mitarbeiter.

China sei immer wieder eine Herausforderung: "Wenn Du ein paar Monate nicht hier warst, musst Du schon schauen: Ist die Straße noch immer so, wie sie war - die Geschwindigkeit ist hier schon enorm." Ein weiteres Beispiel sei auch die rasche digitale Transformation. In Deutschland gebe es bei diesem Thema mehr Bedenken.

Essverhalten und Esskultur seien in China völlig anders und wer Erfolg haben wolle, müsse sich darauf einstellen. Es lohne sich aber wahrscheinlich: "China ist der größte Küchenmarkt der Welt, als Einzelmarkt betrachtet, und der wird sich entwickeln." Das bedeute aber eben auch immer mehr "Made in China", gibt er zu bedenken. "Ich glaube nicht, dass hier überhaupt Elektrogeräte verkauft werden, die hier nicht hergestellt werden." An die 99 Prozent der in China vermarkteten Geräte seien wohl auch hier hergestellt, schätzt er. "So ein großes Land wie China kann man nicht von Europa aus bedienen."

Claus Sagel schätzt das Land auch privat: "China ist ein Land, das viel bieten kann. Es ist immer anspruchsvoll. Man weiß nie, was morgen ist."

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