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Architekt vom Dach der Welt
   2005-11-28 14:03:50    cri
Im chinesischen Autonomen Gebiet Tibet finden sich eine Menge herausragender traditioneller Bauwerke. Sie haben Jahrtausende überdauert und sind dabei zu einem wichtigen Bestandteil der tibetischen Kultur geworden. Diese Bauwerke zu schützen ist Ziel eines ambitionierten Projekts. Darüber haben wir mit Choekyi Gyaltsen, einem Experten für antike tibetische Bauwerke, gesprochen.

Der Wissenschaftler Choekyi Gyaltsen ist Leiter der Abteilung Antike Bauwerke im Forschungsinstitut für tibetische Architektur und beschäftigt sich seit langem mit der Erhaltung von traditionellen Bauwerken in Tibet. Choekyi Gyaltsen wurde 1948 als Kind einer einfachen Familie im Landkreis Kangding der Provinz Sichuan geboren. In seiner Heimat ist der tibetische Buddhismus weit verbreitet. In jungen Jahren lernte Choekyi Gyaltsen wie die meisten der dort lebenden Einwohner im nahe liegenden Tempel die Lehre vom Lamaismus. Im Alter von 18 Jahren begann er als Bauarbeiter auf einer Baustelle zu arbeiten. Schon damals zeigte er ein großes Interesse für Architektur und eignete sich von seinem Meister die ersten Architekturkenntnisse an. Daneben brachte er sich selbst Chinesisch bei. Sein Eifer, neues zu erlernen, verhalf ihm bald zu einem reichen Wissen über tibetische Architektur und die chinesische Sprache. Später absolvierte er einen Ausbildungskurs für Architekturprojekte mit ausgezeichneten Studienleistungen. Nach Abschluss fand er eine Stelle beim Forschungsinstitut für tibetische Architektur. Zur Frage, was ihn für diese Stelle auszeichnete, antwortete Choekyi Gyaltsen:

"Zu allererst muss ich meinem Meister danken, der die Grundlagen für mein Wissen über Architektur gelegt hat. Nicht zuletzt waren auch meine fundierten Kenntnisse über die tibetische Kultur ausschlaggebend. Ich habe mich nämlich in der Vergangenheit viel mit der Religion und der Kultur in Tibet auseinandergesetzt. Dies schuf eine gute Grundlage für meine heutige Forschung über antike tibetische Gebäude."

In dem Forschungsinstitut für tibetische Architektur begann Choekyi Gyaltsen im Jahre 1980 mit der Erforschung antiker tibetischer Bauwerke. Unter seiner Leitung untersuchte und vermaß eine Gruppe von Forschern antike Bauwerke wie das Jokhang-Kloster, den Potala Palast, Relikte des Königreiches Guge und Norbu Lingka, den Sommerpalast des Dalai Lamas. Danach veröffentlichten sie zahlreiche Fachbücher über ihre Forschungsarbeit, die noch heute von Wissenschaftlern und Behörden wie dem chinesischen staatlichen Amt für Denkmalschutz genutzt werden. Choekyi Gyaltsen und seine Kollegen haben damit einen großen Beitrag zur Erforschung und zum Schutz antiker Bauwerke in Tibet geleistet.

Ein Höhepunkt im Wirken von Choekyi Gyaltsen waren die Restaurierungsarbeiten am Samye-Kloster, die im Jahre 1987 begannen. Das Samye-Kloster befindet sich am Nordufer des Flusses Yarlung Zangbo in der tibetischen Region Shannan und stammt aus der Mitte des achten Jahrhunderts. Damit ist dieses berühmte Kloster das älteste in Tibet. Das Kloster gilt als herausragendes historisches, religiöses und architektonisches Erbe. Hier werden seit dem achten Jahrhundert Wandmalereien und Bildhauereien sowie andere Kulturschätze sorgfältig aufbewahrt.

Der antike Tempel war im Inneren zum großen Teil restaurierungsbedürftig. Einziger Anhaltspunkt für Restaurateure war ein in den 40er Jahren des 20. Jahrhunderts aufgenommenes Foto. Die schwierigen Restaurierungsarbeiten wurden Choekyi Gyaltsen und seinem Team übertragen. Choekyi Gyaltsen besuchte daraufhin antike Bauwerke in der Nähe des Klosters, studierte Materialien über ähnliche Bauwerke und holte sich auch mehrmals Rat bei den Lamas des Tempels. Schließlich konnte er eine vollständige Zeichnung der ursprünglichen Klosteranlage vorlegen. Basierend auf dieser Zeichnung wurde ein Modell des Sanye-Klosters angefertigt, um den Lamas das Konzept der Restaurierungsarbeiten zu veranschaulichen. Dazu sagte Choekyi Gyaltsen später:

"Ich habe ein Modell im Maßstab 1:10 angefertigt. Selbst jeder Balken und jede Säule waren deutlich zu sehen. Die Lamas waren zu Tränen gerührt und sagten tief bewegt, dass endlich die Chance gekommen sei, das ursprüngliche Antlitz des Samye-Klosters wiederherzustellen."

Nach diesem Modell haben Choekyi Gyaltsen und ein Team von Handwerkern das Samye-Kloster restauriert. Dieses Projekt fand großen Anklang bei Geistlichen des tibetischen Buddhismus und bei Experten. Von da an konnte sich Choekyi Gyaltsen über Aufträge nicht beklagen. Der Experten wurde zu Restaurierungsarbeiten im Potala-Palast, den Klöstern Tsahilhungpo und Zhaibung sowie anderen antiken Bauwerken gerufen.

Wie Choekyi Gyaltsen erläuterte, lassen sich tibetische Bauwerke in Paläste, Privathäuser, Gutshöfen und Tempel untergliedern. Und nicht selten sind antike Gebäude in Tibet Zeugnis bautechnischer Meisterleistungen. Ein Studium der angewandten Bautechnologien ermöglicht es Experten wie Choekyi Gyaltsen, wichtige Erkenntnisse und Hinweise zu erhalten und die schwierigen Restaurierungsarbeiten zu bewältigen. Von der Projektierung über die Standortwahl bis zur Wahl der Baumaterialien, der gesamte Bauprozess von tibetischen Gebäuden wurde gemäß den örtlichen Verhältnissen gestaltet. Vor den Restaurateuren steht die schwierige Aufgabe, die Originalität in jeder Einzelheit zu bewahren, so Choekyi Gyaltsen weiter:

"Die antiken Gebäude in Tibet zeugen davon, dass die tibetische Architektur im Vergleich zu anderen Architekturstilen in China einzigartig ist. Mehr noch, die Tibeter haben der Weltarchitektur ein ganz neues Kapitel hinzugefügt. Mit dem Eintritt in das 21. Jahrhundert rücken bei der Verwirklichung von Bauprojekten Themen wie Humanismus, Umwelt und natürliche Schönheit stärker in den Vordergrund. Der Stil der traditionellen Gebäude in Tibet entspricht diesen Themen oft sehr genau. Deshalb haben unsere antiken Gebäude heute eine solch starke Lebenskraft, und die werden sie auch in Zukunft haben."

Choekyi Gyaltsen ist nicht nur mit Restaurierungsarbeiten an antiken Bauwerken beschäftigt, sondern auch als Professor am Institut für Ingenieurwesen der Universität Tibet tätig. Seiner Ansicht nach ist der Mangel an Fachkräften das größte und dringendste Problem, das vor kommenden Restaurierungsaufgaben an antiken tibetischen Gebäuden steht. Nur wenn die personellen Engpässe beseitigt werden, können die antiken Bauwerke in Tibet auch künftig restauriert und erhalten werden.

Soweit liebe Hörer, unser Beitrag über die antiken tibetischen Bauwerke und die Bemühungen des Experten Choekyi Gyaltsen um ihren Erhalt.

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