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Schlange im Schnaps
   2005-10-13 09:24:47    cri
A: Wir wollen Ihnen die Redewendung "Bei Gong She Ying" vorstellen.

B: Auf deutsch kann man das etwa mit "eine Schlange im Schnaps" übersetzen. Und da dies nun für Sie wahrscheinlich ebenso Chinesisch klingt, wie das chinesische Original, bitten wir unsere Kollegin X, Ihnen alles ganz genau zu erzählen.

X: Es war in der Östlichen Han- Dynastie (25-220 Jahren nach unserer Zeitrechnung). In jener Zeit lebte ein lokaler Mandarin namens Ying Chen, der sehr gesellig und gastfreundlich war. Ying Chen lud oft Freunde und Untergebene zu sich nach Hause zum Essen ein.

Also erhielt eines Tages auch Du Xuan, einer seiner Untergebenen, eine Einladung zum Schnapstrinken beim und mit dem Boss. Als die beiden plauderten, waren schon reichlich Speisen auf dem Esstisch im Empfangsraum aufgetragen worden. Auch ein Tonkrug mit gutem Schnaps stand bereit und war bereits geöffnet. Ying Chen empfing gerne seine Gäste im Empfangszimmer. Es war ein ordentlicher Empfangsraum mit einer Reihe Bücherregalen und einigen blühenden Topfblumen an der Ecke. Zur Dekoration hing an der Wand der nördlichen Seite auch noch ein fein gearbeiteter Bogen, der rot lackiert war. Die beiden setzten sich am Tisch und hoben das Glas. Plötzlich glaubte Du Xuan zu sehen, dass sich eine kleine rote Schlange in seinem Schnapsglas bewegte. Pfui Spinne - oder eben Pfui Schlange! Da nun aber sein Gastgeber und gleichzeitig auch Vorgesetzter Ying Chen gerade sein Glas erhoben hatte, und ihm freundlich zuprostete, blieb Du Xuan nichts anderes übrig, als jetzt sehr, sehr tapfer zu sein. Mühsam lächelte er seinen Gastgeber an, dann schloss er die Augen und stürzte den Schnaps hinunter. Wie das brannte, da bahnte sich wohl die rote Feuerschlange aus dem Glas ihren Weg in den Magen. Und sogleich begann es auch dort, zu rumoren. Das konnte nur die Schlange sein, die sich in den Schnaps geschlichen hatte.

Du Xuan war sich zunehmend sicher, dass er die rote Schlange verschluckt hatte. Was sollte sonst so brennen in seinem Magen und so rumoren? Das Essen war jedenfalls eine pure Qual für ihn. Als Du Xuan sich vom Gastgeber verabschiedete und nach Hause ging, meldete sich sein Magen immer öfter. Du Xuan ging es richtig schlecht. Ganz egal, ob er etwas aß oder trank, ob er stand oder auf dem Bett lag, ihm war einfach schlecht, und in seinem Magen rumorte es. Sie wissen ja, die rote Schlange im Schnaps...

Da die anderen nicht wussten, was Sie, liebe Hörer, natürlich wissen, konnte niemand die seltsamen Symptome erklären. Du Xuan jedenfalls wusste, dass die Schlange im Schnapsglas an allem Schuld war, und wurde richtig krank.

Die Ärzte waren ratlos, und schließlich hörte Du Xuans Vorgesetzter Ying Chen von der außergewöhnlichen Krankheit seines Untergebenen. Also machte er sich auf den Weg, den Kranken zu besuchen. Der war bereits so krank, dass er nicht mehr aufstehen konnte. Mit matter Stimme erzählte Du Xuan seinem Chef, dass er wohl neulich beim Schnapstrinken eine rote Schlange verschluckt haben müsse, die ihm nun so zusetze, igitt. Ying Chen war einigermaßen überrascht und konnte sich nicht so recht vorstellen, dass da eine Schlange im Schnapsglas gewesen sein sollte, noch dazu in seinem eigenen Haus. Das ging zu weit, drohte es doch, seinen Ruf zu ruinieren. Er kehrte also umgehend nach Hause zurück und setzte sich mit einem Glas Schnaps in der Hand genau dorthin, wo Du Xuan gesessen hatte. Dann sah er den roten Bogen an der Wand hängen, und dann besah er sein Schnapsglas, und siehe, der Bogen spiegelte sich im Glas. Das war sie also, die rote Schlange!

Ying Chen befahl also einem Kutscher, sofort Du Xuan abzuholen und zu ihm zu bringen. Dann befahl er dem schon sehr kranken und sehr leidenden Du Xuan, sich genau dorthin zu setzen, wo er auch neulich gesessen hatte. Doch damit nicht genug, Ying Chen gab seinem Untergebenen auch wieder ein Glas Schnaps. Du Xuan beäugte den Schnaps misstrauisch, und siehe ? da war sie wieder, die rote Schlange. Und wie beim ersten Mal bewegte sie sich sogar. Igitt, igitt! Während sich Du Xuan schüttelte, sagte Ying Chen: "Sei ein Mann! Du hast weder eine Schlange verschluckt, noch eine gesehen. Alles, was Du in deinem Glas gesehen hast, ist das Spiegelbild des roten Bogens an der Wand."

Du Xuan warf einen ganz vorsichtigen Blick auf sein Glas, und siehe ? es war wirklich keine rote Schlange da, sondern nur ein Spiegelbild des Bogens. Das Spiegelbild eines Bogens im Glas war ja nun weitaus besser, als eine Schlange im Glas, und kaum begann Du Xuan die ganze Tragweite dieser Feststellung zu erahnen, ging es auch seinem Magen gleich besser. Der ganze Du Xuan genas zusehends, und schon bald war die Krankheit vergessen.

A: So, ein herzliches Dankeschön an X für die interessante Erzählung.

B: Ja, dem schließe ich mich an. Ich glaube, mit dieser Geschichte wird ein weit ebenso altes wie weit verbreitetes Problem beschrieben: Einbildung ist Alles.

A: Ja. Und ein solcher selbstgemachter Stress kann sich wiederum negativ auf die körperliche Gesundheit auswirken, was vielleicht auch ein wichtiger Grund für den heutzutage so oft beschworenen Sub-Gesundheits-Zustand ist.

B: Da könntest Du recht haben. So, aber Du Xuan ist ja von seinem Psycho-Stress in Sachen "Schlange im Schnaps" geheilt worden, und so gesehen gibt es immer auch Hoffnung.

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