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Die Zauberschüssel
   2005-10-12 16:38:18    cri
In alten Zeiten lebte in der Gegend Yigunadui eine Familie mit Vater und Sohn. Der Vater hieß Naruojiuluo, und der Sohn Naruo-xinggen. Sie waren sehr arm. Eines Tages fragte der Sohn den Vater: "Vater, warum ist unsere Familie so arm?" Der Vater seufzte und sagte: "Jahr für Jahr gibt es immer wieder Naturkatastrophen. Der Buchweizen blüht nicht, der Weizen trägt keine Ähren, die Kuh kalbt nicht, die Stute wirft kein Fohlen, und das alles, weil uns die Zauberschüssel geraubt worden ist, die wir von unseren Vorfahren geerbt hatten. . ."

Der Sohn fiel ihm ins Wort und fragte: "Die Zauberschüssel? Welche Zauberschüssel?"

"Die Zauberschüssel war unser Familienschatz." Der Vater erzählte mit schwerer Stimme: "Man braucht in diese Zauberschüssel nur einen Tropfen Wasser zu gießen, und sofort ist sie voll Wasser. So ist es auch mit Reis: Man wirft nur einige Körner Reis hinein, und sofort ist die Schüssel voll Reis. Schüttet man die Schüssel aus, wird sie gleich wieder voll. Mann kann sie nicht leer essen und nicht leer trinken."

Der Sohn war begeistert davon: "Unsere Familie hat solch eine seltsame Schüssel gehabt! Wer hat sie uns denn weggenommen?"

"Ach! Kengzidaiyou hat uns betrogen und sie geraubt!"

Naruoxinggen rieb sich die Hände, krempelte die Ärmel hoch und sagte: "So, dann gehe ich und hole sie zurück!"

Der Vater sah dem Sohn in die klugen Augen und sagte betrübt: "Oh Kind, es ist sehr schwer, die Zauberschüssel zurückzuholen! Kengzidaiyou ist sehr grausam! Deine ältere Schwester war schon einmal bei ihm und hielt die Zauberschüssel auch schon in den Händen. Aber auf dem Rückweg wurde sie von ihm gefangengenommen und muß jetzt als Magd bei ihm arbeiten..."

Naruoxinggen fragte sogleich: ,"Vater, welche besonderen Fähigkeiten hat Kengzidaiyou eigentlich?"

Der Vater seufzte tief: "Kengzidaiyou sieht sehr eigenartig aus: Er hat den Körper wie ein Mensch, und Hände und Füße wie ein Mensch, aber er hat einen Hundekopf und einen Hundeschwanz. Außerdem kann er viel schneller laufen als ein Hund. Aber das Schlimmste an ihm ist, dass er ein Wahrsagebuch besitzt. Wenn man in diesem Buch liest, dann weiß man alles ganz genau, und man kennt die Vergangenheit und die Zukunft."

Der Sohn runzelte die Stirn und überlegte lange. Dann fragte er: "Vater, welchen Charakter hat Kengzidaiyou?"

Der Vater dachte nach und sagte schließlich: "Erstens liebt er es, mit seinem Reichtum zu prahlen. Wenn Gäste zu ihm kommen, holt er die Zauberschüssel und gibt damit an; zweitens hütet er sorgfältig seine persönlichen Sachen. Er ist ängstlich darum besorgt, dass auch nicht ein einziges Eßstäbchen verlorengeht. Und drittens: Am meisten hasst er es, wenn ihn jemand auslacht. Wenn man ihn einmal auslacht, wird er wütend; wenn man ihn zum zweiten Mal auslacht, verliert er die Geduld und greift zum Messer, um diesen Menschen zu töten."

Während er dem Vater zuhörte, überlegte Naruoxinggen lange hin und her. Er war sehr klug. Auf Grund der drei charakterlichen Eigenheiten Kengzidaiyous, von denen der Vater ihm erzählt hatte, dachte er sich einen Plan aus. Er verabschiedete sich von seinem Vater und wollte sich auf den Weg machen. Der Vater war sehr beunruhigt und schärfte seinem Sohn zum Abschied immer wieder ein: "Mein Kind, vor Kengzidaiyou darfst du nicht lachen!"

Naruoxinggen ging über 99 Berge, durch 77 Täler und erreichte schließlich das Haus von Kengzidaiyou. Als Kengzidaiyou sah, dass Naruoxinggen kostbare Kleider trug, empfing er ihn als hohen Gast. Er wedelte mit seinem buschigen dunkelgrauen Hundeschwanz und fegte darnit über den Boden, um so den Ehrengast seine Hochachtung auszudrücken. Beinahe hätte Naruoxinggen laut lachen müssen, doch er unterdrückte es sofort, denn ein Lachen hätte die ganze Sache verdorben. Da sah Naruoxinggen, dass Kengzidaiyou vorsichtig mit beiden Händen eine herrlich glänzende Goldschüssel herantrug und sie vor ihn hinstellte. Ein Fass Wein wurde herbeigeschafft. Man goss nur einen Tropfen in die Schüssel, und in einem Hui war sie randvoll mit Wein. Naruoxinggen dachte bei sich, das ist also die Zauberschüssel unserer Familie! Sein Herz brannte und die Finger juckten ihn, er wollte nur die Schüssel an sich reißen und weglaufen. Aber, ach, das konnte er nicht. Er wusste, dass Kengzidaiyou viel schneller als ein Hund lief, da gab es für ihn kein Entkommen. Er prostete Kengzidaiyou zu und betrachtete dabei verstohlen die Umgebung. Er sah einen Behälter gefüllt mit Essstäbchen, und sofort stand sein Entschluss fest. Er wartete, bis Kengzidaiyou zwei Essstäbchen aus dem Behälter nahm, mit seiner langen Hundezunge die Stäbchen sauber leckte und sie auf den Tisch legte. Da lachte er voller Absicht laut auf. Als Kengzidaiyou sah, dass der Gast lachte, da verfinsterte sich sein Hundegesicht, und er fletschte die Zähne. Naruoxinggen lachte voller Absicht zum zweiten Mal. Da wurde Kengzidaiyou plötzlich sehr wütend. Er machte kehrt und ging in ein anderes Zimmer, um ein Messer zu holen. Naruo-xinggen schüttete sofort den Wein aus der Zauberschüssel und verbarg sie an seiner Brust. Dann nahm er schnell alle Stäbchen aus dem Behälter und machte sich geschwind davon. Als er zurückblickte, sah er, dass Kengzidaiyou ein großes blitzendes Hackmesser schwenkte und ihm wie im Flug nachjagte. Naruoxinggen warf ein Essstäbchen hinter sich. Kengzidaiyou sah, dass es ihm gehörte, hob es sogleich auf und brachte es nach Hause zurück. Dann verfolgte er Naruoxinggen weiter. Jedes Mal, wenn Naruoxinggen einen Berg hinter sich gebracht hatte, ließ er ein Stäbchen fallen. Und jedes Mal brachte Kengzidaiyou es nach Hause zurück und lief dann wieder hinter ihm her. Je weiter der Weg wurde, desto müder wurde Kengzidaiyou vom Laufen. Vor Müdigkeit ließ er seine lange Hundezunge heraushängen und keuchte heftig. Nun musste Naruoxinggen gleich zu Hause sein. Doch: Er drehte sich um und sah, dass Kengzidaiyou wie ein Pfeil auf ihn zugeflogen kam. Alle Essstäbchen waren schon fortgeworfen. Was sollte er tun? Sollte er sich irgendwo verstecken? Das ging nicht, denn Kengzidaiyou besaß ein Wahrsagebuch, aus dem er alles erfahren konnte. Doch Not macht erfinderisch. Er rannte in eine verborgene Grube, so dass er sich den Blicken Kengzidaiyous entziehen konnte. Dann flog er gleichsam zu einem Bach, grub ein Rasenstück aus und setzte es sich auf den Kopf, daraufhin füllte er seine Schüssel mit Wasser und stellte sie auf das Gras. Dann kletterte er flink auf eine hohe Fichte. Als Kengzidaiyou ihn bis zu dem Baum verfolgt hatte, schaute er nach rechts, blickte nach links und bellte einige Male. Dann zog er aus der Tasche sein Wahrsagebuch heraus, wiegte den Kopf hin und her und zermarterte sich das Gehirn, während er in ihm nachschlug. Er schnalzte mit der Zunge, leckte sich die Schnauze und murmelte: ,"Oh, seltsam, sehr seltsam! Der Mann, den ich verfolge und töten will, der soll im Himmel sein, sagt das Buch (Der Mann befand sich auf der Fichte). Er ist aber gleichzeitig auch unter der Erde (Er war unter dem Rasenstück auf seinem Kopf). Das Buch sagt, er ist unter der Erde, aber gleichzeitig auch auf dem Meeresgrund (Er war unter der Wasserschüssel). Ach! dieses Buch ist nichts wert! Nichts wert! Was soll ich noch mit ihm anfangen!" Er zog einen Feuerstein heraus, schlug Funken und steckte das Wahrsagebuch in Brand. Niedergeschlagen kehrte er dann nach Hause zurück. Da kletterte Naruoxinggen schnell vom Baum herunter, hob das brennende Wahrsagebuch auf, löschte die Flammen und nahm es mit nach Hause.

Die Zauberschüssel war wieder im Besitz der Familie Naruojiuluo. Seitdem gab es in der Gegend Yigunadui wieder schönes Wetter und reiche Ernten, und das Leben wurde immer besser. Von dem Wahrsagebuch aber waren schon neun Zehntel verbrannt und nur ein Zehntel ist übriggeblieben. Wenn daher die Menschen heute das Wahrsagebuch nach ihrem Schicksal befragen, dann stimmen neun Zehnte! nicht.

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