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Großmutter Wolf
   2005-10-12 16:37:58    cri
Vor langer Zeit lebte einmal eine Mutter mit ihren drei Kindern. Eines Tages, als die Großmutter Geburtstag hatte, machte sich die Mutter auf den Weg, um sie zu besuchen. Zuvor aber sagte sie zu ihren drei Kindern:

"Sheng, Dou, Boji, meine Lieblinge, hütet das Haus gut! Sobald die Sonne hinter den Bergen untergeht, müsst ihr die Tür schließen und den Riegel vorschieben! Heute Abend wird eure Mutter nicht zurückkommen."

Die alte Wölfin in den Bergen aber erfuhr, dass die Mutter ihr Haus verlassen hatte.

Als es Abend wurde, schlich sich die Wölfin, die sich als alte Frau verkleidet hatte, vor die Tür. "Bum-bum-bum ...!" klopfte sie heftig an die Pforte.

"Wer klopft draußen?" fragte Sheng.

Die alte Wölfin antwortete: "Sheng, Dou, Boji, meine Lieblinge, eure Oma ist gekommen."

"Ach, Großmutter", sagte Sheng. "Unsere Mutter ist heute zu dir gegangen, um dich an deinem Geburtstag zu besuchen."

"Mich besuchen? Vielleicht sind wir verschiedene Wege gegangen und haben uns verfehlt!" erwiderte die Wölfin.

Da sagte Sheng: "Großmutter, es ist schon dunkel, warum kommst du so spät?"

"Der Tag ist kurz und der Weg ist lang. Ich habe mich beeilt, aber nun komme ich doch so spät", entgegnete die alte Wölfin.

Der kleinen Sheng aber kam die Stimme der Großmutter verändert vor. Also fragte sie: "Großmutter, warum ist deine Stimme heute so anders?"

"Ich bin erkältet und habe Schnupfen, deshalb bin ich etwas heiser", sagte die alte Wölfin. "Liebe Kinder, es ist dunkel und stürmisch hier draußen. Macht die Tür auf und lasst eure Großmutter schnell hinein!"

Sheng war noch immer misstrauisch und wollte weiter Fragen stellen, aber die zwei jüngeren Schwestern wurden schon ungeduldig und schoben den Riegel zur Seite: "Komm schnell herein, Großmutter!"

Doch kaum war die alte Wölfin in der Stube, da blies sie das Licht aus.

Das gefiel der kleinen Sheng nicht, und so sagte sie missmutig: "Großmutter, wir brauchen das Licht. Warum machst du es aus?"

"Die Augen eurer Großmutter sind entzündet und scheuen das licht", antwortete die alte Wölfin. Sheng bat nun die Großmutter, sich auf einen Schemel zu setzen.

Als die alte Wölfin sich niedersetzte, wurde ihr Schwanz eingeklemmt und sie musste vor Schmerz laut aufheulen.

"Was ist dir, Großmutter?" fragte Sheng verwundert.

"Eure Großmutter hat eine Beule am Gesäß. Ich will mich lieber woanders niedersetzen." Und damit setzte sich die alte Wölfin auf einen Korb. Ihr Schwanz, der innen herunterhing, schlug im Korb hin und her.

Da fragte die kleine Sheng wieder: "Großmutter, was bewegt sich da im Korb?"

"Die Großmutter hat euch ein schönes Huhn mitgebracht", antwortete die Wölfin.

Sheng streckte ihre Arme aus und versuchte das Huhn zu fangen, aber die alte Wölfin hinderte sie daran und sagte: "Fang es nicht, sonst fliegt das Huhn über den Fluss."

Dou und Boji umtanzten nun die Großmutter und baten, hochgenommen zu werden.

Die alte Wölfin nahm die kleine Dou auf, betastete sie und sagte:

"Ah, mein Liebling, wie schön dick und fett du bist!"

Dann befühlte sie auch Boji und sagte: "Was bist du für ein süßes, kleines Baby, Boji, so zart und angenehm!"

Mit ihren Vorderpfoten umschloss sie Boji und fuhr fort:

"Mein liebes Kind, deine Großmutter hat dich sehr gern; du darfst auch heute mit der Großmutter am gleichen Kopfende schlafen." Dann stellte sich die alte Wölfin gähnend und fügte hinzu: "Die Hühner schlafen schon alle. Gehen wir nun auch zu Bett, meine Lieblinge!"

Die Wölfin nahm nun Boji mit sich, und Sheng trug die kleine Dou. Die alte Wölfin schlief mit Boji an dem einen Kopfende, Sheng mit Dou an dem anderen.

Als Sheng ihren Fuß ausstreckte, berührte sie den behaarten Schwanz der Wölfin.

"Großmutter, warum bist du so haarig?" fragte Sheng.

"Eure Großmutter dreht Hanfseile und hat ein Bündel Hanf mitgebracht", antwortete die alte Wölfin.

Als Sheng ihre Arme ausstreckte, berührte sie "Großmutters" krallige Füße.

"Großmutter, sag, warum ist dein Fuß so spitz?"

"Großmutter näht Schuhe, und da hat sie eine Ahle bei sich."

Als Sheng ein Licht anzündete, sah sie, dass Kopf und Gesicht der "Großmutter" mit Haaren überdeckt war. Die Wölfin erschrak sehr über das Licht und beeilte sich, es rasch auszublasen. Sheng aber dachte an Flucht. Sie ergriff Boji, schloss sie in ihre Arme und sagte:

"Boji muss ihr kleines Geschäft verrichten!"

"Also geh unters Bett!" sagte die Wölfin.

"Das geht nicht! Dort wohnt der Gott des Bettes", antwortete Sheng.

"Dann geht ans Fenster!" sagte die Wölfin.

"Dort ist der Gott des Fensters", antwortete Sheng.

"Also geht zur Tür!" rief die Wölfin.

"Dort ist der Türgott", antwortete Sheng.

"Dann geht in die Küche!" sagte die Wölfin.

"Dort wohnt der Küchengott", antwortete Sheng.

"Nun, dann geht nach draußen!" sagte die Wölfin.

"Dou, Kleine, Dou", rief Sheng, "führe Boji schnell einmal hinaus ..."

Also brachte Dou die kleine Boji vor das Haus.

Dann fragte Sheng: "Großmutter, hast du jemals Ginkgo-Früchte gegessen?"

"Wie schmecken sie?"

"Ginkgo-Früchte schmecken einfach köstlich. Sie sind weich und zart. Wenn man ein einziges Stück davon isst, wird man unsterblich wie die Geister."

"Schmecken sie noch besser als Menschen-fleisch?" fragte die alte Wölfin.

"Ganz gewiss!" antwortete Sheng. "Weißt du, wo man sie herbekommt?" wollte die Wölfin wissen.

"O ja", sagte Sheng, "sie wachsen auf Bäumen."

Da seufzte die alte Wölfin und sagte: "Eure Großmutter ist alt und ihre Glieder sind steif. Da kann sie nicht mehr auf Bäume klettern."

"liebste Großmutter", sagte Sheng, "ich werde dir einige Früchte pflücken."

"Das ist lieb von dir", sagte die Wölfin, "geh nur schnell und pflücke sie, geh!"

Sheng sprang sogleich aus dem Bett, lief zur Tür hinaus, und suchte Dou und Boji. Sie erklärte ihnen ihren Plan, und zu dritt kletterten sie auf einen großen Baum.

Die alte Wölfin wartete im Bett. Aber so lange sie auch wartete, Boji kam nicht zurück, Sheng und Dou ließen sich nicht sehen, und niemand brachte ihr Ginkgo-Früchte. Schließlich wurde die alte Wölfin ungeduldig, sprang zornig aus dem Bett und eilte vor die Tür. "Sheng, Dou, Boji! Wo steckt ihr denn bloß!" rief sie.

"Großmutter, wir sitzen hier auf dem Baum und essen Ginkgo-Früchte", antwortete Sheng.

"Gutes Kind, pflücke mir auch schnell welche!" forderte die Wölfin.

Sheng aber sagte: "Ginkgo ist eine Feenfrucht. Sie verändert sich, sobald man sie vom Baum nimmt. Du wirst schon heraufklettern müssen, sonst kannst du sie nicht essen."

"Oma, Ginkgo-Früchte schmecken aber fein!" rief die kleine Dou vom Baum herunter.

Die alte Wölfin rannte aufgeregt um den Baum herum, und das Wasser lief ihr im Mund zusammen.

Schließlich sagte Sheng: "Ich habe einen Einfall. Vor der Türschwelle liegt ein Weidenkorb und hinter ihr ein Seil. Binde das Seil an den Weidenkorb, komm her damit und setz dich in den Korb. Das Seilende aber wirf herauf, damit wir dich hochziehen können. Dann kannst du auch Ginkgo-Früchte essen."

"Das ist eine gute Idee", sagte die Wölfin und holte sogleich Korb und Seil. Sie warf das Seilende hinauf, und Sheng zog den Korb mit der Großmutter bis zur halben Höhe des Baumes. Dann ließ Sheng los, und der Weidenkorb sauste hinunter, dass die alte Wölfin tüchtig durchgeschüttelt wurde.

"Oje!" rief Sheng, als ob es ihr Leid täte. "Ich bin nicht sehr stark. Arme Großmutter, du musst dich böse verletzt haben."

"Oma, setz dich noch einmal in den Korb. Diesmal helfe ich meiner Schwester ziehen!" sagte die kleine Dou.

Die alte Wölfin hatte nur einen Gedanken: Ginkgo! Also setzte sie sich wieder in den Korb, und die beiden zogen ihn ruckweise in die Höhe. Sie zogen ihn höher als das erste Mal, bevor sie das Seil losließen. Wieder sauste der Korb hinab, und die alte Wölfin brach sich ein Bein und verletzte sich auch am Kopf. Sie war sehr böse und schimpfte aus vollem Hals.

"Großmutter, verzeih uns", bat Sheng, und Dou ergänzte: "Die wunderbare Frucht wird jede Wunde heilen."

Boji rief: "Auch ich helfe euch ziehen."

"Diesmal fällst du bestimmt nicht!" sagte Sheng.

Fluchend warf sich die Wölfin in den Weidenkorb. "Jetzt aber vorsichtig, vorsichtig!" heulte sie. "Es möchte euch gereuen. Früher oder später werde ich euch den Kopf abbeißen, einem nach dem anderen!" Mit ihrer ganzen Kraft zogen die drei Kinder am Seil. "Hau-ruck! Hau-ruck!" riefen sie, und der Korb stieg an - höher als das erste Mal, höher auch als das zweite Mal und immer noch höher, bis er dreißig Fuß über der Erde schwebte. Mit ihren Vorderpfoten konnte sie beinahe den Ast des Baumes erreichen. In diesem Augenblick gab Sheng durch ein Hüsteln das Zeichen, und alle drei ließen das Seil los. Da stürzte der Weidenkorb zu Boden, und der Schädel der alten Wölfin zerschellte, und ihr Bauch wurde auseinander gerissen.

"Großmutter!" rief Sheng, aber von unten gab es keine Antwort.

"Großmutter!" rief Dou, aber niemand antwortete. "Großmutter!" rief auch Boji, aber nichts rührte sich. Da schauten sie alle zur Wölfin hinunter. Die aber war mausetot.

Fröhlich kletterten die Kinder vom Baum hinunter, gingen ins Haus und verriegelten die Tür. Nun konnten sie ungestört schlafen.

Am nächsten Tag kehrte die Mutter zurück. Sie brachte ihren Kindern viele köstliche Leckerbissen von der Großmutter mit. Und wie sie beieinander saßen und Süßigkeiten naschten, erzählten ihr die Kleinen von ihrem nächtlichen Abenteuer.

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