Ein Kind nahm die Axt seines Vaters, um Brennholz zu schlagen. Aber es passte nicht auf und schlug sich in den Finger, dass er blutete. Es schleuderte die Axt von sich und schrie:

"Diese blöde Axt hat meinen Finger verletzt!"

Die Axt murrte verdrießlich:

"Was kann ich denn dafür? Du kannst nicht mit mir umgehen!"

Die Lerche hat hundert Lehrmeister

Bei Morgendämmerung flog eine Lerche der aufgehenden Sonne entgegen und trällerte dabei ein wunderschönes Lied. Sie sang so herzbewegend und inniglich, dass selbst die Spatzen, die so gerne früh des Morgens laut zwitscherten, mit ihrem eintönigen Gesang aufhörten.

Zwei Spatzen saßen auf einem Ast und lauschten dem Lied der Lerche. Dabei wurden sie immer neidischer. Der eine sagte zum anderen:

"Es wäre herrlich, wenn wir auch solch eine schöne Stimme hätten!"

"Die Stimme ist angeboren", antwortete der andere.

"So ist es!" rief jener. "Der Himmelsgott war sehr ungerecht, dass er ihr eine wunderschöne Stimme gegeben hat, die jeder gerne hört. Und wir? Wir sind mit einer hässlichen Stimme bedacht worden, mit der wir nur ein paar krächzende Töne hervorbringen können - sonst nichts!"

Sie schimpften ein Weilchen über den Himmelsgott, dann hielten sie wieder den Schnabel.

Diese Lerche tirilierte noch ein wenig, dann ließ sie sich neben den beiden Spatzen auf dem Ast nieder und fragte:

"Warum singt ihr nicht, Brüder Spatzen?"

"Wir..." stammelten die Spatzen kleinlaut, "wir schämen uns, weil wir nur eintönig singen können."

"Ich möchte euch sehr gerne singen hören", entgegnete die Lerche. "Außerdem will ich noch von euch lernen!"

"Mach dich doch nicht über uns lustig!" empörte sich einer der Spatzen. "Jeder weiß, dass du mit einer wunderschönen Stimme auf die Welt gekommen bist. Du kannst Hunderte von Vögeln nachahmen und am besten von allen singen. Wozu solltest du also noch von anderen lernen?"

"Ihr irrt euch!" antwortete die Lerche. "Wenn ich wirklich gut singen kann, dann kommt es nur daher, dass ich von allen anderen Vögeln gelernt habe. Zu denen gehört auch ihr, und deswegen will ich natürlich auch von euch lernen!"

Als die beiden Spatzen dies hörten, schauten sie sich an und brachten keinen Ton mehr hervor. Sie konnten nicht gut singen und dachten auch nicht daran, von anderen zu lernen. Die Lerche hingegen, die so wunderschön singen konnte, wollte trotzdem noch von anderen lernen. Was sollten die Spatzen da noch sagen! Sie waren zutiefst beschämt.