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Pingshu-Erzähler Shan Tianfang
   2005-10-13 10:03:34    cri
Das Erzählen von Geschichten hat in China eine lange Tradition. Schon in der Tang-Dynastie vor über 1.000 Jahren waren Geschichtenerzähler in der Bevölkerung sehr beliebt. In geschichtlichen Überlieferungen liest man, dass Geschichtenerzähler ihre Geschichten in den Straßen an das Volk gebracht haben. Aber auch in Teehäusern oder anderen Vergnügungsplätzen waren sie zu finden. Meist standen die Geschichtenerzähler hinter einem Tisch. Dort sprachen sie mal laut, mal leise. Dabei zeigten sie viele Gesten, um die Geschichte so lebhaft wie möglich den Zuhörern rings um sie herum zu vermitteln. Die Beliebtheit des Geschichtenerzählens hat sich bis heute erhalten, denn auch heute noch hören die Chinesen gern Geschichtenerzählern zu. Eine Form des Geschichtenerzählens, die sich besonders bei den Menschen im Norden Chinas großer Beliebtheit erfreut, ist Pingshu. Die Pingshu-Erzählungen stammen meist aus Geschichtsbüchern oder aus der klassischen chinesischen Literatur. Sie werden oft in mehreren Fortsetzungen vorgetragen, so dass sich das Erzählen einer Geschichte durchaus mehrere Monate hinziehen kann. Ein Pingshu-Künstler muss redegewandt sein, er muss verschiedene Stimmen imitieren, alle Arten von Impressionen vermitteln und durch eine lebhafte Erzählweise seine Zuhörer fesseln können. Einige talentierte Künstler haben sich in der Pingshu-Kunst besonders hervorgetan. Zu ihnen gehört Shan Tianfang.

Der heute 69jährige wurde in eine Pingshu-Familie in Anshan in der nordostchinesischen Provinz Liaoning hineingeboren. Seine Mutter war eine bekannte Pingshu-Künsterin in der Region, sein Vater war Geigenspieler. Auch die vier Onkels von Shan Tianfang waren in der Unterhaltungskunst engagiert. Angeleitet von seiner künstlerisch begabten Familie konnte Shan Tianfang schon als fünfjähriges Kind Pingshu-Erzählungen klangreich und lebendig vortragen. Shan Tianfang weiß, welchen Einfluss seine Familie auf seinen späteren beruflichen Erfolg hatte:

"Ich bin in eine Pingshu-Familie hineingeboren. Da hörte ich nichts anderes als Pingshu-Erzählungen. Gäste, die zu uns zu Besuch kamen, waren zum größten Teil aus der Unterhaltungsbranche. Und bei den Treffen war die Pingshu-Kunst ein sehr beliebtes Gesprächsthema."

Shan Tianfang war sehr kunstbegabt. Und nachdem er sich für die Laufbahn eines Pingshu-Künstlers entschieden hatte, machte er schnell große Fortschritte. Im Alter von 22 Jahren begann in seiner Heimatstadt Anshan seine große Karriere. Damals erzählte er in einem Teehaus seine Geschichten in der Art des Pingshu, und immer war das Haus voll mit Liebhabern der Pingshu-Erzählungen. Doch Shan Tianfang wollte mehr. Er erkannte, dass Kenntnisse der Geschichte und der Literatur das Fundament für die Pingshu-Kunst sind. Deshalb unterbrach Shan Tianfang seine Karriere, um für drei Jahre Geschichte an der Universität Liaoning zu studieren.

Einen weiteren Höhepunkt in seiner Karriere erlebte Shan Tianfang in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals war Fernsehen in China noch nicht so verbreitet, das Radio war noch das wichtigste Unterhaltungsmedium für die einfachen chinesischen Bürger. Shan Tianfang begann bald, jeden Tag im Radio Geschichten in der Art des Pingshu zu erzählen. Die Zuhörer liebten seine charakteristische etwas heisere Stimme, wenn er in unzähligen Radioprogrammen seine Geschichten erzählte. So kam es, dass bald hunderte Millionen Chinesen zur selben Zeit am Radio seinen Geschichten lauschten.

Rund 100 Pingshu-Erzählungen von Shan Tianfang sind bis heute aufgenommen worden und finden großen Anklang bei den Hörern.

Shan Tianfang steht jeden Tag morgen bereits um vier Uhr auf, dann zündet er sich eine Zigarette an und beginnt mit der Arbeit. Dabei hat Shan Tianfang einen ganz speziellen Arbeitsstil. Bevor er Geschichten in der Art des Pingshu erzählt, liest er die Vorlage drei Mal ausführlich durch. Beim ersten Mal verschafft er sich einen Überblick über die Handlung der Geschichte. Beim zweiten Mal denkt er nach, welche Passagen wichtig sind, was beim Vortragen hinzugefügt werden muss und was weggestrichen werden kann. Beim dritten Mal merkt er sich die Namen der Figuren, die Ortsnamen und die zeitlichen Daten der Ereignisse in der Geschichte.

Shan Tianfang stellt harte Kriterien an seine Arbeit, wie auch an die anderen Pingshu-Künstler. Dazu sagt er selbst:

"Ähnlich wie bei den Unterhaltungskünsten "Kuaiban" und "Xiangsheng" muss der Künstler beim Pingshu mehrere Eigenschaften besitzen. Zum einen muss der Künstler beim Vortragen gelassen bleiben. Denn es ist für die Zuhörer anstrengend, wenn zu schnell gesprochen wird. Zum zweiten darf die Handlung der Gesichte nicht so trocken geschildert werden, sonst werden die Zuhörer müde. Zum dritten muss ein Pingshu-Darsteller eine deutliche Aussprache haben, und viertens muss er sich wie andere Bühnenkünstler bei der Darstellung kreativ zeigen."

Wie andere traditionelle Unterhaltungskünste, muss sich auch die Pingshu-Kunst in China der großen Herausforderung von Fernsehen und Internet stellen. Diese Notwendigkeit hat auch Shan Tianfang erkannt und vor einigen Jahren in Beijing ein Unternehmen gegründet, das sich auf die Verbreitung der Pingshu-Kunst spezialisiert hat. Und noch bis heute zählen die Geschichtenserien von Shan Tianfang in der Art des Pingshu zu den beliebtesten Unterhaltungsprogrammen im Radio.

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