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Feierliche Trauerzeremonie und Hochzeitsweinen der Tujia-Nationalität
   2005-10-13 09:53:07    cri
Hochzeiten werden bei den meisten Völkern als ein freudiges Ereignis gefeiert. Dagegen sind Trauerzeremonien als Abschiedsfeiern von verstorbenen Familienangehörigen oder Freunden meistens sehr traurig. Ganz umgekehrt sehen dies die Mitglieder der Tujia- Nationalität, einer nationalen Minderheit in Zentral- und Westchina.

Die Hochzeit gilt bei den Tujia als eines der traurigsten Ereignisse, denn sie bedeutet sowohl für die Braut, als auch für ihre Familienangehörigen den Abschied voneinander. Wenn die jungen Frauen heiraten, müssen sie ihr Elternhaus verlassen - was natürlich sehr unangenehm ist - und als neues Mitglied zur Familie ihres Ehemannes ziehen. Der Tod hingegen wird bei den Tujia als das natürliche und befriedigende Ende des menschlichen Lebens gesehen und wird von Familienangehörigen und Nachbarn des Verstorbenen mit Gesang und Tanz gefeiert.

Die Tujia ehren den Verstorbenen nach dem Prinzip ?mit einer fröhlichen Trauerzeremonie feierlich Abschied nehmen. Hört man in einem Tujia-Dorf das Blasinstrument Suona spielen sowie den Gong und die Trommeln schlagen, so weiß jedermann, dass ein Dorfbewohner gestorben ist. Zu der Trauerfeier wird dann eine sogenannte Hexenmeistergruppe eingeladen. Dabei spielt jeder Hexenmeister unter der Leitung eines älteren Meisters auf einem Musikinstrument. Bei dem Trauertanz der Tujia tanzen und singen die Teilnehmer der Trauerfeier in Gruppen zu den Rhythmen der Trommelschläge. Der Trauertanz ist eine Ausdrucksform der nachbarschaftlichen Freundschaft, deshalb kommen normalerweise alle Dorfbewohner zu der Trauerzeremonie. Dabei werden einerseits die Verdienste des Verstorbenen besungen und die Familienangehörigen getröstet, andererseits die Lebenden ermahnt. So heißt es zum Beispiel im Text eines Trauerliedes: "Selbst wenn du Kaiser oder General wärst, dem Schicksal, beerdigt zu werden, kannst du nicht entkommen. Alles, was du letztendlich besitzt, ist nichts weiter als ein Sarg, wie viel Geld auch immer du besessen hattest und wie hoch dein Amt gewesen war". Die Melodien der Trauerlieder sind unterschiedlich, ihr beschwingender Rhythmus belebt jedoch die Stimmung.

 Im Vergleich zu der fast fröhlichen Trauerfeier ist die Hochzeitsfeier bei den Tujia eher von einer traurigen Atmosphäre geprägt. Nach Tujia- Brauch müssen Mädchen vor ihrer Vermählung mindestens 7 Tage lang weinen und traurige Lieder singen. So ein Hochzeitsweinen kann einen ganzen Monat lang dauern. Dabei werden die gesungenen Texte improvisiert. Je nachdem von wem die junge Braut Abschied nehmen muss, beweint sie in ihren Liedern den Abschied von ihren Eltern, Geschwistern, Onkeln oder Tanten. Alles in allem muss das heiratende Mädchen ihre große Trauer über die Trennung vom Elternhaus zum Ausdruck bringen. Je mehr die Braut weint, desto mehr Wohlstand und Glück wird sie nach Glauben der Tujia der Familie des Bräutigams bringen. Das Hochzeitsweinen gilt deswegen auch als ein wichtiges Kriterium bei der Bewertung der Fähigkeiten und Tugenden der Tujia-Fauen. Frauen, die eine große Redensgabe haben, rührende Texte improvisieren können und wegen des langen Weinens eine heisere Stimme sowie rötliche und geschwollene Augen bekommen, erhalten allgemeine Anerkennung und werden gewürdigt. Eine Braut, die das alles nicht kann, muss mit dem Spott der anderen rechnen.

Deshalb lernen Tujia-Mädchen das Hochzeitsweinen von klein auf. Sobald die ersten Verwandten und Nachbarn mit Geschenken kommen, um ihnen zu gratulieren, müssen die Mädchen mit den Klageliedern beginnen. Mit den traurigen Liedern drückt die Braut aber auch ihre Trauer beim Abschied ihrer Gäste aus, sozusagen als ein Dankeschön für die Geschenke und den Besuch.

Seinen Höhepunkt erreicht das Hochzeitsklagen am Vorabend und am Tag der Hochzeit. Dazu werden neun unverheiratete Mädchen aus der Familie und Nachbarschaft eingeladen, um gemeinsam mit der Braut die ganze Nacht zu singen und zu weinen. Auch bei diesen Liedtexten handelt es sich oft um den bitteren und schweren Abschied. Die Liedtexte sind improvisiert und rührend, die Szene recht ausschweifend. Die 50jährige Yang Ying aus einem Tujia-Dorf im Westen der Provinz Hunan erinnert sich an ihre Hochzeitsfeier vor 30 Jahren. Sie hatte damals über einen Monat lang geweint:

"Der Bräutigam kommt in einem Monat und holt dich ab. Nun ist es Zeit, mit dem Weinen zu beginnen. Deine Altersgenossinnen im Dorf, Schulfreundinnen, Schwestern und Nachbarinnen, weinen mit dir. Aber die Tränen, die fließen, müssen echt sein."

Das Hochzeitsweinen gehört zu den festen Regeln der Hochzeitsfeier der Tujia. Diese Klagelieder der Mädchen haben sich sogar zu einer einzigartigen Tujia-Volkskunst entwickelt. Unter dem Einfluss der modernen Lebensweise wird diese alte Sitte zwar gepflegt, sie hat sich gleichzeitig aber auch weiterentwickelt. Frau Yang Ying sagte dazu, dass man heutzutage auf dem Markt sogar schon Kassetten mit Hochzeitsklageliedern kaufen kann. So bräuchten die Mädchen von heute nicht mehr selbst zu weinen, was Frau Yang Ying für gar nicht schlecht hielt. Dadurch würden sowohl die Traditionen gepflegt, als auch die Gesundheit der Mädchen geschont, meinte die ältere Dame, die bei ihrer eigenen Hochzeit über einen Monat lang geweint hatte.

Nun scheint das Heiraten bei den Tujia ja schon ein bisschen tragisch und heroisch. Dafür können sich die jungen Leute bei den Tujia heutzutage ihre Partner selbst aussuchen. Der wechselnde Gesang von Männern und Frauen und der Tanz sind eine Form des Kontaktes und der Kommunikation zwischen Mädchen und Jungen der Tujia. Und zahlreiche Liebeslieder der Tujia handeln von der freien Partnerwahl und Liebe.

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