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Äpfel versüßen das Leben der Luochuan-Bauern
  2018-04-05 19:50:37  cri

Früher hieß es: „An apple a day keeps the doctor away!" Heute sind die Anforderungen an einen Apfel geringer. Er soll nur schmecken. Aber auch bei exquisiter Ware entscheidet am Ende das kreative Marketing über den Erfolg.

Die Äpfel aus dem Kreis Luochuan (Stadt Yan'an, Provinz Shaanxi) gelten als konkurrenzlos süß und lecker in China. Ich habe sie schon vor dieser Reise in Beijing probiert und sie schmecken tatsächlich sehr gut. Sie haben praktisch keine Säure, was allerdings Boskop-Fans als Nachteil sehen könnten.

Im Dorf Asi, das im Kreis Luochuan liegt, werden zwar Äpfel noch nicht angebetet, aber doch schon so verehrt, dass man ihnen Skulpturen, großflächige Bilder und einen Apfelturm gewidmet hat. Die Verehrung der Äpfel ist kein Spleen gelangweilter Dorfbewohner, sondern Ausdruck von Dankbarkeit für den wirtschaftlichen Erfolg durch das süße Früchtchen.

Luochuan gilt nicht umsonst als „Heimat der Äpfel". Auf ungefähr 35.000 Hektar oder rund 80 Prozent aller fruchtbaren Böden werden dort heute Apfelbäume angebaut. Pro Jahr werden schon fast eine Million Tonnen geerntet. Die Früchte werden in Luochuan auch weiterverarbeitet, etwa zu schmackhaftem Apfelsaft, zu Apfelessig oder zu Apfelchips

Beim Betreten des Dorfes Asi sehe ich zu meiner Rechten schon eine der bereits erwähnten Bronzen. Die sehr große Plastik zeigt zwei Freunde oder Brüder beim Tragen eines gigantischen Apfels. Äpfel im Monsterformat tauchen noch einige Male auf, als Skulptur mit und ohne schlafenden Jungen auf der oberen Seite oder etwa als Drahtring, durch den ein Tiger springen könnte.

Kurz vor dem Marktplatz sehe ich ein gut fünfmal zwei Meter großes Wandgemälde. Sein Motiv sind zwei Frauen bei der Apfelernte. Dann erblicke ich eine eindrucksvolle Skulptur und muss trotz ihrer erhabenen Größe von etwa zehn Metern lächeln. Drei rote Äpfel, gefolgt von einem grünen, liegen übereinander. Auf dem obersten grünen Apfel sitzt ein Vogel, wahrscheinlich eine Gans, die gerade zum Picken ansetzt.

Der Künstler des Apfelturms hat einen sympathischen Hang zum Apfelgrößenwahn mit einer Portion Humor. Die scheinbar zufällige Anordnung der Apfelstile: nach vorne, nach hinten, nach links und dann wieder nach vorne, ist bestimmt ein geheimer Code, auf den Dan Brown in seinem nächsten Roman eingehen wird.

Auf dem Marktplatz laufen ein paar Dutzend tanzende Musiker zur Hochform auf bei lokaltypischen Tänzen mit Paarbecken aus Messing in den Händen oder Trommel vor dem Bauch.

Weiter geht es zu den Apfelbaumgärten, wo zahlreiche Apfel-Produkte präsentiert werden. Auf dem Weg dorthin bitten mich mehrere Einheimische um gemeinsame Fotos. Das passiert Ausländern häufig in ländlichen Regionen, wo sie eine Seltenheit und Attraktion darstellen. Die Ansinnen sind lieb gemeint und werden auch so vorgebracht.

Apfelscheiben werden auf einem Teller angeboten wie exklusive Pralinen. Sie sind ja auch lecker. Die Äpfel selbst sind stilvoll verpackt. Ein eifriger Mann, den ich filme, hält mir im Gegenzug die Apfelscheiben direkt vors Gesicht. Ich nehme dankbar an. Beim Essen absolviere ich noch rasch ein Selfie mit einer älteren Dame, bis ich von den netten Veranstaltern der Busreise Apfelchips angeboten bekomme.

Die Chips sind 100 Prozent Natur und die besten Apfelchips, die ich bis dahin gegessen habe. Super lecker! Ich will mir eine Familienpackung mit mehreren Tüten kaufen, die nur 30 Yuan RMB kosten soll. Ich habe aber nur einen 100-Yuan-Schein und der Verkäufer kann nicht wechseln. Zahlungen via Handy mit WePay oder AliPay sind am Stand auch möglich und ich greife zum Handy. Zu spät, der Verkäufer schenkt mir den Karton. Ich deute auf mein Handy, aber er schüttelt den Kopf. Die Chinesen sind in der Regel auch außerhalb von Pressereisen ausgesprochen gastfreundlich und hilfsbereit. Einfach so, ohne Hintergedanken. Meine Kollegen beim Radio übrigens auch.

Wenn man den QR-Code scannt, kann man nicht nur zahlen. Der WeChat-Scan eröffnet einem einen multimedialen Obstgarten, auf den Adam und Eva sogar neidisch gewesen wären. Der User kann im Internet heute nicht nur das Gras wachsen hören (kleiner Scherz), sondern auch den Werdegang eines Apfelbaums von der Pflanzung über das erste Tragen bis zur letzten Ernte beobachten.

Apropos Ernte: Wer will, kann auch einen Apfelbaum adoptieren bzw. pachten. Der Pächter hat dann für 1.000 bis 1.500 Yuan RMB Anspruch auf alle geernteten Äpfel. Das ist teurer als ein Kauf im Supermarkt, aber origineller. Außerdem weiß man, was man bekommt: Qualitätsware.

Auch Unternehmen können Apfelbäume adoptieren und die Früchte dann zum Beispiel unter eigenem Firmenlabel werbewirksam verschenken.

Die Luochuan-Äpfel sind schon seit Generationen über die Provinzgrenzen hinaus bekannt. Durch das Internet finden sich nun landesweit noch mehr Liebhaber. Inzwischen stammen 95 Prozent des Einkommens der Bauern aus dem Apfelanbau. Das ist dem Fleiß und der Innovationsfreude der Leute vor Ort zu verdanken sowie Regierungsprojekten zur Armutsbekämpfung, welche oft die Grundlagen schafften.

Der Apfel hat das Leben im Luochuan-Kreis versüßt: Mehr als 60 Prozent der Apfelbauern haben sogar ein jährliches Einkommen von mehr als 100.000 Yuan-RMB. Und nachdem die Äpfel China erobert haben, werden sie jetzt sogar weltweit verkauft.

Ein Deutscher hat sich schon in sie verliebt. Guten Appetit!

Text und Bilder: Nils Bergemann

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