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Entspannt wie Buddha: Die Gegenbewegung zur chinesischen Leistungsgesellschaft
  2018-01-12 08:51:36  cri

Bist du eher der unkomplizierte Typ, der alles im Leben so akzeptiert wie es ist? Wenn ja – dann gibt es jetzt ein neues Internet-Buzzword für deine Einstellung: „Buddha-ähnlich (佛系)"! Der Begriff ist hauptsächlich für die chinesische Generation bestimmt, die in den 1990er Jahren geboren wurde und spiegelt vor allem ihre gleichgültige und gelassene Lebenseinstellung in der chinesischen Leistungsgesellschaft wider.

2014 in Japan erstmals aufgetreten, liest man auch auf den chinesischen sozialen Netzwerken immer öfter von der „Buddha-ähnlichen Jugend". Grund für die virale Verbreitung war die Veröffentlichung eines Texts mit dem Titel „Die ersten Kinder der 90er sind bereits Mönche geworden", auf dem öffentlichen WeChat-Account „Xin Shixiang".

Natürlich geht nicht die gesamte „Buddha-ähnliche Jungend" wirklich ins Kloster. Sie glaubt aber, dass sie die Illusionen der materiellen Welt durchschaut hat. Sie versucht, Konflikte zu vermeiden, lehnt es ab, sich emotional in eine Sache hineinzusteigern und nimmt eine Zen-ähnliche Haltung gegenüber Errungenschaften und Rückschlägen im Leben ein.

Dem Text zufolge lautet ihre Lebensphilosophie: „Es ist ok, etwas zu haben, und es ist auch ok, etwas nicht zu haben. Es gibt keinen Wettbewerb, keinen Kampf, keinen Gewinn und auch keinen Verlust."

Dieses Buzzword trifft scheinbar genau den Nerv der chinesischen Jugend, die einem enormen psychischen Druck ausgesetzt ist. Immer mehr junge chinesische Netizens bezeichnen sich als „Buddha-ähnlich" und erzählen, wie gelassen sie durchs Leben gehen.

„Ich bin besonders Buddha-ähnlich beim Thema Essen", schreibt der WeChat-User Heipimao, „Ich mache mir selten Gedanken darüber, was ich zu Mittag essen soll. Wenn Kollegen das Essen zusammen bestellen, mache ich mit. Wenn nicht, nehme ich mein Handy raus und bestelle nochmal das gleiche wie gestern." „Ich koche für mich selbst", so ein anderer WeChat-User. „Das beste Gericht, das ich koche, ist: ‚gebratener Reis mit egal was ich noch in meinem Kühlschrank finde'."

Auch viele „Buddha-ähnliche Eltern" melden sich zu Wort. „Was auch immer ich esse, ich hacke es klein und füttere es meiner Tochter", schreibt die WeChat-Userin Fubufuqi. „Die Hälfte der Anziehsachen meiner Tochter erbe ich von meinen Freunden. Manchmal sind die Klamotten echt hässlich, aber egal, meine Tochter kennt den Unterschied sowieso nicht." Weibo-User Qinghuapengci berichtet, er lehne jeglichen Nachhilfeunterricht für seinen Sohn ab. „Es werden sowieso nur wenige Kinder hervorragende Errungenschaften erzielen, wenn sie erwachsen sind. Warum soll ich die Kindheit meines Sohnes unnötig erschweren?"

Beim Online-Shopping kann man auch ganz „Buddha-ähnlich" sein. „Wenn möglich, vermeide ich jegliche Kommunikation mit dem Händler. Wenn ich die Produktbeschreibung okay finde, kaufe ich es", so ein WeChat-User. Eine andere Userin berichtet: „Ich habe online einen roten Pullover gekauft, habe aber letztendlich einen grünen bekommen. Meine Kollegin meinte, ich soll mich beschweren und eine Entschädigung verlangen. Ich behalte aber den grünen. Ich denke, es ist irgendwie vom Schicksal bestimmt."

Auch in Unternehmen steigt die Zahl der „Buddha-ähnlichen" Mitarbeiter. „Wenn ich eine Auszeichnung bekomme, sage ich in meiner Dankesrede: ‚Ich verdanke alles meinen Kollegen'. Wenn ich auf der Arbeit Kritik einstecken muss und mein Boss wütend ist, sage ich: ‚Okay, nächstes Mal mache ich es besser'", so ein WeChat-User. Er fasst zusammen: „Es ist gut, weder glücklich noch traurig zu sein. Es ist ja nur Arbeit. Man muss sich ja nicht umbringen, um sie perfekt zu machen."

Während die entspannte Lebenshaltung bei jungen Leuten gut ankommt, macht sich die chinesische Tageszeitung „People's Daily" echte Sorgen um dieses populäres Wort. Anstatt dem Trend blind zu folgen und ziellos durchs Leben zu gehen, solle sich die chinesische Jugend ein bisschen zusammenreißen, so die Volkszeitung.

Text Hu Hao

Bild via sohu.com

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