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Alptraum aus Plastik
  2017-11-29 15:03:10  cri

 

Einzeln in Plastikfolie eingeschweißte Nudeln? Undenkbar ist das hier in China nicht. Im Zweifel wird nämlich alles verpackt und gerne auch einzeln. In der Obstabteilung präsentieren sich die jeweils in Schaumstoff gekleideten Äpfel wie Luxusartikel.

Auch das, was die Natur schon ausreichend verpackt hat, wie etwa Bananen, wird noch zusätzlich künstlich umhüllt. Das soll den Kunden ein Maximum an Frische, Hygiene und wohl auch Wertigkeit vermitteln.

In Hongkong konnte man eine Zeit lang manchen Orts Cola-Dosen nur in mit Plastikfolie zugeschweißten Plastikbehältern kaufen. Ja, das grenzt an Verpackungswahn!

Großpackungen enthalten in China meistens kleinere Plastikpackungen. Darin befinden sich manchmal nur einzelne, klitzekleine Waffeln. Aber welches Schleckermaul begnügt sich schon mit einem einzigen dieser Zweigramm-Happen?

Vielleicht dachten sich die Hersteller, dass unverpackte Waffeln in der Großpackung zusammenstoßen und Krümel erzeugen könnten. Und Krümel oder angestoßenes Obst sind in der schönen neuen Warenwelt ein absolutes No-Go. Für lange Frische werden in China übrigens auch Kekstüten schon mal mit chemischen Entfeuchtern ausgestattet. Diese kleinen Kieselsäuregel-Päckchen kennen die meisten Deutschen wohl nur aus den Verpackungen von Elektrogeräten.

Toilettenpapierrollen sind in einer chinesischen Großpackung auch oft noch einzeln verpackt.

Doppelt verpackt hält eben besser.

Im Restaurant sind Teller, Schälchen und Glas zusammen in Folie eingeschweißt für das größtmögliche Versprechen von Reinheit und Frische. Beim Aufmachen fühlt man sich fast wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum.

Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sich die ersten Einheimischen nach dem Duschen in Plastikfolie einschweißen.

Wer aber glaubt, der Verpackungswahn wäre nur ein Problem aufstrebender Nationen wie China, irrt. Die Länder des Westens produzieren immer noch den meisten Müll. Deutschland ist sogar Mülleuropameister, gerade beim Plastikmüll weit vorne und immer noch sehr kreativ, was überflüssige Mehrfachverpackungen angeht.

Auch die Lust auf Verpacktes hat den Kunststoffproduzenten weltweit ein sensationelles Wachstum beschert. Als das Plastikmaterial entwickelt wurde, das war in den 50er Jahren, wurden weltweit nur 1,5 Millionen Tonnen der Kunststoffe pro Jahr produziert. Heute sind es 300 Millionen Tonnen, also 200-mal so viel. Etwa 32 Millionen Tonnen davon gelangen als Müll jedes Jahr in die Umwelt.

Aber das Umweltbewusstsein der Menschen wächst, auch in China. Der Jutebeutel gehört zwar noch lange nicht zur Grundausstattung hiesiger Supermarktkunden, aber an den Kassen muss in China schon seit einigen Jahren für Tüten gezahlt werden.. (Siehe dazu auch unseren Beitrag: https://german.cri.cn/3105/2017/11/17/1s271709.htm)

Viele chinesische Verbraucher haben sich mit dem Thema „Verpackung und Umweltschutz" auseinandergesetzt. So zum Beispiel Herr Wang, der gerade einen Großeinkauf im Regenbogen-Supermarkt in Westpeking getätigt hat. In seinem Einkaufswagen sind auch Kunststoffverpackungen zu sehen.

„Ich finde, das hat zwei Seiten. Auf der einen Seite haben diese Verpackungen Vorteile. Man kann sie einfach mitnehmen. Zum Beispiel kann man auf Reisen zwei kleine Verpackungen mitnehmen und muss nicht die ganze große Verpackung mitnehmen. Auf der anderen Seite gibt es Nachteile. Es gibt dadurch mehr Abfall. Der Abfall ist auch nicht gut für die Umwelt. Wir nutzen zuhause viele Plastikartikel, zum Beispiel Becher. Diese Becher sind gut für Besucher zum einmaligen Gebrauch. Das ist gut für die Hygiene. Aber wie gesagt, ist das nicht gut für die Umwelt."

Frau Jin hat auch schon über den Sinn und Unsinn von Verpackungen nachgedacht:

„Es ist praktisch. Wenn wir Essensreste haben, können wir sie einpacken. Dadurch ist das Essen länger haltbar. Aber es ist das gleiche Problem wie mit der Verpackung: Wenn man mehr benutzt, bekommt man auch mehr Abfall. Wir möchten nicht so viele Verpackungen nutzen, um die Umwelt zu schonen. Zurzeit, wenn wir in den Supermarkt gehen, nehmen wir eine Tüte mit, damit wir keine neue brauchen.

Das weltweite Umdenken ist gut. Denn jedes Jahr landen allein mehr als zehn Millionen Tonnen Kunststoffe in den Weltmeeren, so die Schätzungen von US-Forschern. Diese Materialien sind biologisch kaum abbaubar und werden mit der Zeit in immer kleinere Partikel zerteilt oder an die Strände geschwemmt. Auch auf anderem Wege kehren die Kunststoffe zu uns zurück: Mikroplastikpartikel reichern sich nicht nur in Meerestieren an, sondern auch in unseren Körpern.

Text: Nils Bergemann

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