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Urlaubswahnsinn Goldene Woche
  2017-09-26 11:02:00  cri

 

Überfüllte Bahnhöfe und Busstationen, hoffnungslos überlastete Flughäfen, Ausnahmezustand auf Autobahnen. Wenn 1,3 Milliarden Chinesen auf einmal frei haben, und das ganze Land Anfang Oktober von einem geschäftigen Gewusel erfasst wird, nennt sich das in China „Goldene Woche".

Zum Nationalfeiertag am 1. Oktober bekommen alle Chinesen drei Tage frei. Mit Vor- oder Nacharbeit und einem Wochenende kommt man so auf sieben freie Tage am Stück. In diesem Jahr sind es sogar acht Tage, denn in die Goldene Woche fällt ausnahmsweise auch das Mondfest. Ein seltener Luxus, denn ein Großteil der arbeitenden Bevölkerung hat im Jahr lediglich fünf Urlaubstage zur Verfügung. Die Goldene Woche im Oktober ist, neben dem chinesischen Neujahrsfest in Frühling, also für viele berufstätige Chinesen die einzige Gelegenheit länger zu verreisen.

„Ich und meine Mitbewohnerinnen wollen zusammen nach Jiuzhai fahren. Die Landschaft dort ist sehr schön, da wollte ich schon immer mal hin. "

„Zu den feiern Tagen reise ich nach Chongqing und Kunming."

Laut Ctrip, einem großen chinesischen Reiseanbieter, werden zur diesjährigen Goldenen Woche über 650 Millionen Chinesen innerhalb Chinas unterwegs sein. Das bedeutet, jeder zweite Chinese macht sich mit dem Flugzeug, Bus, Zug oder Auto auf den Weg. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung von etwa 12 Prozent und ein neuer Rekord. Die Top Drei innerchinesischen Ziele sind Hainan, Yunnan und der Klassiker: die Hauptstadt Beijing.

Die Destinationen und Sehenswürdigkeiten versuchen den Ansturm irgendwie zu bewältigen. Sehenswert sind auf jeden Fall die Bilder der Menschenmassen, die sich über die Chinesische Mauer oder durch die Verbotene Stadt schieben. Wer für letztere eine Eintrittskarte ergattern will muss früh aufstehen. Zu Hochzeiten ist das Ticket-Kontingent bereits mittags erschöpft. Problematisch wird es, wenn das Wetter nicht mitspielt. So mussten im vergangenen Jahr 1000 Besucher notgedrungen auf dem beliebten Berg Huashan übernachten. Die Seilbahnen waren mit dem Wind und dem Menschenauflauf überfordert und konnten die Besuchermassen nicht zurück ins Tal transportieren.

Nicht alle betreiben jedoch Heimattourismus. Wer den Scharen entkommen will und es sich leisten kann, fliegt ins Ausland.

„Ich möchte mit meinem Freund nach Japan reisen. Dort gibt es sehr gutes Essen."

6 Millionen Chinesen haben sich für die diesjährige Goldene Woche ein Urlaubsziel außerhalb von China ausgesucht. Populär sind die USA, Japan und, ganz oben auf der Beliebtheitsskala, Thailand. Die Gefahr, auf massenweise chinesische Touristen zu treffen besteht Anfang Oktober allerdings auch dort.

Traditionsreich ist die Goldene Woche übrigens nicht. Erst 1999 führte die Regierung die Feiertagsregelung ein. Der Grund für den Sonderurlaub war pragmatisch. Man wollte den Tourismus und den Konsum fördern.

Die Rechnung ist aufgegangen: Einer Studie von Ctrip und dem chinesischen Institut für Tourismusforschung zufolge gibt der durchschnittliche Tourist 8000 Yuan, also etwa 1000 Euro während der Feiertage aus.

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Ob sich ein Erholungseffekt einstellt, wenn man mit dem halben Land gemeinsam in Urlaub fährt kann bezweifelt werden. Inzwischen überlegen es sich viele Chinesen zweimal, ob sie sich der Völkerwanderung in der ersten Oktoberwoche anschließen wollen. Überall sei es viel zu voll, sagt diese ältere Dame, warum solle man sich das antuen:

„Die Berufstätigen haben sonst nicht viel Zeit. Sie alle wollen zu den Feiertagen in den Urlaub fahren. Wir Rentner bleiben zu dieser Zeit lieber zuhause warten, bis die Feiertage vorbei sind. "

Die Forderung, die kollektiven Urlaubstage zu entzerren gibt es schon länger. Doch an der gesetzlichen Urlaubsregelung ist wohl erst mal nicht zu rütteln.

Text von: Johanna Wolff

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