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Chunjie 2.0: Wenn der Hong Bao durch den Chat-Raum flattert
  2017-02-07 16:16:34  cri

 

Zum Neujahrsfest, meist in der Nacht zum ersten Tag des neuen Mondkalenderjahres, werden in China üblicherweise Geldgeschenke verteilt. In Hong Bao, den verzierten Umschlägen, gehalten in sattem Rot, der Farbe des Glücks, gehen die Scheine traditionell an die jüngere Generation, an Nicht-Erwachsene. Was früher auf die Familie beschränkt war, hat sich in den vergangenen drei Jahren erheblich ausgeweitet.

WeChat, die Nachrichtenplattform des chinesischen Internetunternehmens Tencent, hat 2014 eine aktualisierte Version des Geldschenkens vorgestellt: den digitalen roten Umschlag.

40 Millionen Mal ging damals „Lucky Money" an Freunde und Kollegen, mit denen in China gegenwärtig über 800 Millionen Menschen via WeChat verbunden sind. Eine neue Form für die Bewerbung und Stimulation digitaler Bezahlservices war geboren. Andere Unternehmen zogen schnell nach mit eigenen originellen Aktionen, um ihre Kunden mehr an sich zu binden und für größere Anteile am Online-Bezahlmarkt.

2017 wurden Sonder-Promotions plötzlich abgeschafft. Die Macher besannen sich. „Die Leute sollten [an diesem besonderen Fest] mehr Zeit mit ihrer Familie verbringen, anstatt mit ihrem Handy zu spielen", erklärte der Chef des Hong-Bao-Dienstes von Alipay den Stopp der Werbemaßnahmen.

Dennoch: Laut aktuellen Schätzungen der Nachrichtenagentur Xinhua, die auf WeChat-Angaben verwies, gab es in diesem Jahr einen Rekordanstieg bei dem Versand der digitalen Geldgeschenke. Mit über 14 Milliarden „Red Packets" stieg der Umfang im Vergleich zu 2016 um satte 75 Prozent. Für die meisten Nutzer ist das Befüllen und Verteilen der digitalen Umschläge ein Spiel.

Grace Yin, Managerin bei WeChat Pay, sagt, dass damit Chat-Gruppen belebt würden, dass man die Leute animiere und alle Spaß dabei hätten. Freude auf allen Seiten also, denn vor allem auch die Betreiber der Plattform dürften sich bei solchen Zahlen mächtig auf die Schultern klopfen. Raketenartiger Zuwachs bei weniger Werbung – der Traum eines jeden Marketingteams.

Eine Studie über die von Verbrauchern beabsichtigten Ausgaben zum Frühlingsfest in Auftrag von der United Overseas Bank (UOB) ergab, dass drei Viertel der 1000 Befragten die digitalen Hong Bao schon fest eingeplant hatten. Als Gründe für den Versand nannten sie neben Spaß und Originalität auch die Bequemlichkeit. Man mache das der Einfachheit halber.

Und so flattern die Hong Bao munter durch die Chat-Fenster. Für Chunjie liegt laut Studie das Budget für den Sozial-Cash im Durchschnitt bei umgerechnet knapp 400 Euro. Die dickeren Umschläge werden nach wie vor von Hand zu Hand gereicht. Für die herkömmliche Art planten die Umfrageteilnehmer fast doppelt so viel Geld ein.

Den Stellenwert dieser traditionellen Geste hat auch der Westen mittlerweile verstanden. Als Chinas Basketball-Legende Yao Ming kürzlich von den Houston Rockets für seine Beiträge damit geehrt wurde, dass seine Trikotnummer 11 nun nicht mehr vergeben wird, erinnerte er mit einer netten Geschichte an die Anfänge seiner NBA-Karriere. Seine Teamkollegen hätten ihm, als er ganz neu war, auch einmal einen Hong Bao überreicht, damit er sich mehr zu Hause fühle in Texas. Ganze 2 US Dollar hatten sie hineingepackt, was für großes Gelächter gesorgt habe. Bis heute trage Yao Ming einen dieser Dollarscheine bei sich als Symbol für die familiäre Bindung zu seinem amerikanischen Team.

Text von Marie Müller-Diesing

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