Bereits vor 30 Jahren begann der israelische Sinologe Yuri Pines, Chinesisch zu lernen. Heute befasst er sich mit politischen Gedanken und Ideen aus der chinesischen Antike, die er als äußerst reichhaltig und fördernd einschätzt, wenn es um die Schaffung einer multipolaren und verbindlichen Welt gehe.
Yuri Pines wurde im Jahr 1964 im ukrainischen Kiew, in der damaligen Sowjetunion geboren. Aufgewachsen war er zu einer Zeit, in der sich die diplomatischen Beziehungen zwischen der ehemaligen Sowjetunion und China verschlechtert hatten. Später wanderte seine Familie nach Israel aus.
Ein Zufall weckte sein Interesse an China.
Anfang der 1980er Jahren musste Yuri Pines wie die meisten erwachsenen israelischen Bürger zur Armee Wehrdienst leisten. Er weigerte sich jedoch, ins Westjordanland geschickt zu werden, was ihm sechs Monate Haft in einem militärischen Gefängnis einbrachte. Dort traf er einen Mithäftling, der chinesische Philosophie studiert hatte. Aus den Gesprächen wuchsen Pines Neugierde und Begeisterung für traditionelles chinesisches Gedankengut.
Nach seiner Entlassung versuchte Pines, in einer Bibliothek Bücher über chinesische Philosophie zu leihen, musste aber feststellen, dass es zu jener Zeit in den Bücherregalen der israelischen Bibliotheken kein einziges hebräisches Buch über China gab. Dafür fand er einschlägige russischsprachige Werke.
„Es war ein ausgesprochen begeisterndes Gefühl, als ob man eine neue Welt entdeckte", sagte Pines. Er bezeichnet chinesische Philosophie als interessant, divergent und tiefgründig.
1985 begann der Israeli damit, an der Fakultät für Ostasienstudien an der Hebrew University Sinologie zu studieren. Heute lehrt er an seiner Alma Mater. Im Jahr 2012 wurde seine englischsprachige Monographie "The Everlasting Empire: Traditional Chinese Political Culture and Its Enduring Legacy" (auf Deutsch: Das ewige Reich: Traditionelle chinesische Politik und ihr fortdauerndes Erbe) von der Princeton University Press herausgegeben. Sein jüngstes Werk „The Book of Lord Shang: Apologetics of State Power in Early China" (Das Buch über die Shang-Herrscher: Apologetik der staatlichen Macht im alten China) wird Anfang 2017 erscheinen.
„Ich dachte immer, dass es bestimmt eine gute Lösung für alle Probleme gibt. Aber jetzt sehe ich ein, dass es in der Welt keine universale Lösung gibt – so wie wir auch nicht immer das gleiche Essen zu uns nehmen können. Und das ist die wichtigste Lehre, die wir aus der chinesischen Philosophie ziehen können."