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Chinas "Gesetz gegen häusliche Gewalt"
  2016-12-05 09:10:02  cri

"Gewalt an Frauen und Kindern schadet nicht nur den Opfern, sondern der ganzen Menschheit. Um dieser globalen Herausforderung zu begegnen, habe ich im Jahr 2008 eine gemeinsame UN-Aktion gegen Gewaltanwendung gegen Frauen initiiert."

Sie hörten soeben die Ansprache von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zum Internationalen Tag gegen Gewaltanwendung gegen Frauen im Jahr 2013. Der Kampf gegen häusliche Gewalt sowie der Schutz der Rechte und Interessen von Frauen und Kindern ist ein Thema, das weltweit eine wichtige Rolle spielt. Am 1. März 2016 trat Chinas erstes „Gesetz gegen häusliche Gewalt" offiziell in Kraft.

Chen Jialin vom chinesischen Nationalen Volkskongress war an den Voruntersuchungen, der Ausarbeitung und der Überprüfung des Gesetzesentwurfs beteiligt. Er erläutert:

"In den vergangenen fünf Jahren haben wir in Zusammenarbeit mit dem Nationalen Frauenverband mehrere Voruntersuchungen in den Provinzen Hunan, Fujian, Guangdong und Jiangsu unternommen. Zudem haben wir mit Vertretern von der Behörde für Öffentliche Sicherheit, von Gerichtshöfen und von Frauenverbänden sowie mit Experten über systematische Fragen diskutiert. Darüber hinaus haben wir uns mit internationalen Organisationen und ausländischen Fachkollegen über ihre neuesten Fortschritte bei der Gesetzgebung sowie über effektive Methoden ausgetauscht."

Auch der konkrete Kampf gegen Gewalt in mehreren chinesischen Städten und Provinzen in den vergangenen zwei Jahrzehnten hat eine fördernde Rolle bei der Gesetzgebung gespielt. Chen Jialin sagt:

"An vielen Orten wurde Pionierarbeit im Kampf gegen häusliche Gewalt geleistet. Die Erfahrungen wurden als hervorragende Musterbeispiele für die Gesetzgebung genommen. Die Provinz Hunan ist in diesem Bereich landesweit führend."

Schon seit Anfang der 1990er Jahre hat das Thema häusliche Gewalt in der zentralchinesischen Provinz Hunan öffentliche Aufmerksamkeit erregt.

Am 4. September 1995 fand in Beijing die 4. Weltfrauenkonferenz statt. In der auf der Konferenz verabschiedeten "Beijinger Deklaration"wurde die Entschlossenheit der Weltgemeinschaft zum Kampf gegen häusliche Gewalt hervorgehoben. Die Chinesen nehmen seitdem immer stärker zur Kenntnis, dass körperliche und geistige Verletzungen innerhalb der Familie durch Schläge, Beschimpfungen und die Einschränkung der persönlichen Bewegungsfreiheit Menschenrechtsverletzungen sind. Kurz nach Abschluss der Konferenz forderte Rong Xiuqin vom Frauenverband der Provinz Hunan die Ausarbeitung regionaler Gesetze gegen häusliche Gewalt. Rong und ihre Kollegen haben dem Nationalen Volkskongress der Provinz Hunan einen Bericht über die Notwendigkeit der Ausarbeitung von regionalen Gesetzen auf der Basis von 254 Fällen häuslicher Gewalt vorgelegt. Rong Xiuqin erläutert: "Der Bericht war überzeugend. Die Ausarbeitung von gesetzlichen Vorschriften zur Vorbeugung und Eindämmung häuslicher Gewalt wurde schließlich in den Plan für die Gesetzgebung für das Jahr 1996/97 einbezogen. Im März 2000 wurde dann die ‚Resolution zur Vorbeugung und Eindämmung häuslicher Gewalt' auf der 14. Sitzung des 9. Nationalen Volkskongresses der Provinz Hunan mit 57 Ja-Stimmen, einer Nein-Stimme und zwei Enthaltungen angenommen."

Es war Chinas erstes regionales Gesetz zur Bekämpfung häuslicher Gewalt. Bis 2008 haben 29 chinesische Provinzen und Städte dem Beispiel Hunans folgend lokale Gesetze und Vorschriften gegen häusliche Gewalt ausgearbeitet. Parallel dazu wurde der international übliche Befehl zum Schutz der persönlichen Sicherheit an über 200 chinesischen Gerichtshöfen getestet. Die Wirkung des Befehls, der den Antragssteller im Scheidungsprozess vor häuslicher Gewalt schützen soll, ist aber begrenzt. Chen Fen, stellvertretende Vorsitzende des Frauenverbandes der Provinz Jiangsu, erklärt: "Der Befehl zum Schutz der persönlichen Sicherheit wirkt erst im Scheidungsprozess. Aber gibt es eine wirksame Methode, mit der man den Gewalttäter etwa zu Beginn der häuslichen Gewalt warnen oder abschrecken kann?"

Der Jiangsu'er Frauenverband hat deswegen in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Institutionen ein Schreiben zur Warnung vor häuslicher Gewalt entworfen. Dieses erstellt der Polizist im Falle einer Ausübung häuslicher Gewalt vor Ort, nachdem sich das Opfer bei der Polizei gemeldet hat. Damit wird das Opfer direkt während der Gewaltausübung unter Schutz gestellt. Chen Jialin vom Nationalen Volkskongress spricht von einer einzigartigen Gesetzesregelung auf der Grundlage chinesischer Gegebenheiten.

"Der Vorteil dieses Schreibens ist, dass auch leichte Gewalttaten von der Behörde für Öffentliche Sicherheit bestraft werden. Statt der früheren mündlichen Kritik wird der Täter nun schriftlich gewarnt. Damit wird die Abschreckungskraft massiv vergrößert. Das Schreiben kann zudem als Bestätigung für die Ausübung häuslicher Gewalt bei Gericht genutzt werden. Dies trägt dazu bei, das Problem mangelnder Beweiserhebung zu lösen."

Ende August 2015 hat der chinesische Staatsrat dem Ständigen Ausschuss des Nationalen Volkskongresses den Entwurf des "Gesetzes gegen häusliche Gewalt" zur Überprüfung vorgelegt. Im darauf folgenden Monat wurde die Öffentlichkeit um Meinungen dazu gebeten. Ende Dezember 2015 wurde der Gesetzesentwurf des Nationalen Volkskongresses mit überwiegender Mehrheit angenommen.

Die Umsetzung des Gesetzes sei kein Ende, sondern ein neuer Anfang im Kampf gegen häusliche Gewalt, meint Chen Jialin: "Das größte Problem nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ist die Aufklärung und Personalausbildung. Polizisten, Beamte und Sozialarbeiter müssen sich über ihre Pflichten im Klaren sein. Andererseits ist die Ausarbeitung von Regelungen und Vorschriften durch die entsprechenden Behörden notwendig. Beispielsweise muss das Oberste Volksgericht konkrete Bestimmungen zum Schutz der persönlichen Sicherheit erlassen."

Das chinesische Gesetz gegen häusliche Gewalt muss auch in der Praxis weiter optimiert werden. Gleichzeitig muss seiner Durchsetzung große Aufmerksamkeit beigemessen werden, um häusliche Gewalt in China effektiv einzudämmen.

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