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Zhang Liping in der Galerie Art110: Songzhuang erstrahlt
  2016-10-19 16:13:49  cri

Es leuchtet, strahlt und fluoresziert in allen Farben des Spektrums. Mit Betreten der Ausstellung des Künstlers Zhang Liping in der Galerie Art110 umfängt die Besucher ein Licht, das im Kontrast zum trüben Smogwetter vor den Türen einer wahren Offenbarung gleicht: Die Bilder bestechen durch starke Leuchtkraft und räumliche Tiefe, die durch Farbkontraste, ein Spiel mit Hell und Dunkel und geometrische Strukturen zustande kommt. Vollkommen zu Recht schmückt sich die Ausstellung mit dem Titel „Licht" (guang 光). Die Galerie Art110 befindet sich ihrerseits im Künstlerviertel Songzhuang im äußersten Osten Beijings, das der berühmte Künstler und Kunsthistoriker Cheng Daqing einst die „Zukunft der chinesischen Malerei" nannte.

Der Licht-Schaffer Zhang Liping, geboren 1981 in der Provinz Hebei, gilt als Aufsteiger der chinesischen Künstlerszene. In den vergangenen Jahren nahm er an einer Reihe großer Ausstellungen teil und erhielt Auszeichnungen wie den „Zukunftspreis für Ausnahmetalente" der V-Times 2014. Die Schau im Künstlerviertel Songzhuang ist der „nächste Schritt in klarer Konsequenz", wie er seine erste Einzelausstellung selbst bezeichnet. Sie ist Ergebnis eines sich über mehrere Jahre erstreckenden Prozesses, in denen sich der Künstler immer wieder zwischen gegenständlicher Darstellung und Abstraktion bewegend in verschiedenen Techniken erprobte. Sein besonderes Interesse galt zunächst der Natur und ihren mannigfaltigen Erscheinungen, etwa Gesteinsformationen, Pflanzen und Wasser. Bald traten die gegenständlichen und szenenhaften Anteile in Zhangs Bildern immer weiter in den Hintergrund, bis nur noch Farbe, reine Formen und zuletzt das Licht zurück blieb. Am heutigen Punkt angekommen – überflüssiger Bildelemente entledigt an der Grenze zum reinen Ausdruck – habe er ein höchst befriedigendes Gefühl empfunden.

Diesen „Befreiungsprozess" beschreibt Zhang als steinig, voller Herausforderungen und eng mit kunsthistorischen Studien verknüpft. Schließlich habe die Wiedergabe der optischen Erscheinung des Lichts Künstler über viele Jahrhunderte hinweg beschäftigt – im westlichen und asiatischen Kulturbereich auf jeweils spezifische Art und Weise. In der Malerei der europäischen Antike diente Licht oft als Medium, um einen Gegenstand in Hell und Dunkel verordnen zu können; Barockmaler steigerten den dramatischen Ausdruck ihrer Sujets mit „Chiaroscuro"; Impressionisten übersetzten Licht und Atmosphäre entsprechend neuer Erkenntnisse der Optik in subjektive Farbkompositionen.

In der chinesischen Malerei hingegen diente lange Zeit der gezielte Einsatz von nassen oder trockenen Maltechniken der Darstellung von Licht, Schatten und Räumlichkeit. Die Schule der Individualisten überwand im 17. Jahrhundert die Körperlichkeit durch Auflösung von Formen in Licht und Schatten, die wiederum zu einer Verdichtung eines abstrakten Formvokabulars führte. Diese Jahrhunderte und Kontinente umspannenden Entwicklungen inspirierten Zhang Liping auf dem Weg zu seinem ganz eigenen „Licht". Viele verschiedene Elemente seien in seine aktuellen Werke eingeflossen: Rational-physikalische und farbkompositorische Eigenschaften gingen mit Fragen der Räumlichkeit und Abstraktion eine Synthese ein. Doch stünden diese Fragen für ihn schon längst nicht mehr im Zentrum des Schaffens. Sie seien vielmehr ein Mittel, um etwas jenseits des visuellen Eindruckes zu erlangen – auf der Ebene des Imaginären und Geistigen. Ein solches Empfinden sei individuell– für ihn als Künstler und für jeden der Betrachter seiner Bilder. Um den Betrachtungsvorgang so wenig wie möglich zu beeinflussen, hält sich Zhang im Hintergrund. Von Titeln zu den Bildern und Ausstellungserläuterungen hat er abgesehen. Lediglich zwei kurze Sätze prangen am Eingangsportal der Galerie:

„Meine Schaffensquelle geht auf eigene Erfahrungen und Überlegungen über die Elemente der Natur zurück. Als Lebensforscher erfasse ich aus den mannigfachen Naturelementen jene, die am stärksten mit meiner Seele resonieren."

Beim Verlassen der Ausstellung verleiht ein innerer Widerhall einer starken Inspirationsquelle den etwas trostlosen Straßen des einst so belebten Songzhuang ganz unvermittelt einen neuen Glanz. Wie es weitergeht, ist noch offen. Doch sagt der Künstler abschließend mit einem verschmitzten Lächeln, die „nächste Konsequenz" könne in absehbarer Zukunft durchaus der Schritt hinaus aus Songzhuang ins ferne Ausland sein.

Die Ausstellung ist noch bis zum 30. Oktober 2016 in der Galerie Art110 in Songzhuang (Beijing) zu sehen.

Text und Interview: Miriam Nicholls
Bilder: Zhang Liping

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