Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Vom Exoten zur Lingua franca: Chinesisch als Weltsprache?
  2016-04-29 09:51:17  CRI

 

Taugt Chinesisch als Weltsprache? Mit der Aufnahme des geschichtsträchtigen Xinhua-Wörterbuchs in das Guinnes-Buch der Rekorde ist diese Frage erneut in den Fokus chinesischer Blogger gerückt. Auf Online-Portalen wurden eifrig Text- und Videobeiträge gepostet:

"Wissen Sie, welches Buch sich weltweit am besten verkauft? (...) Es ist das Xinhua-Wörterbuch. Kürzlich gaben die Verantwortlichen des Guinnes-Buches der Rekorde in London bekannt, dass es international das beliebteste und am erfolgreichsten abgesetzte Wörterbuch ist."

Viele Internetnutzer reagierten auf diese in der Tat beachtliche Auszeichnung mit starken patriotischen Emotionen. Der Guinnes-Eintrag des Xinhua-Wörterbuchs belege abermals, dass Konzepte der Weltsprache überdacht werden müssten, um den Status der chinesischen Hochsprache als internationale Lingua franca aufzuwerten. Macao6 postuliert.

"Mandarin hat mehr Muttersprachler als Englisch und Spanisch zusammengenommen. Eine immer größere Anzahl an Ausländern lernt Chinesisch. Hinzu kommt, dass China in wirtschaftlicher und politischer Hinsicht immer wichtiger wird. Chinesisch muss seinen Exotenstatus überwinden und noch stärker in der Welt verbreitet werden."

Diese Aussagen belegen aktuelle Statistiken des deutschen Auswärtigen Amts: Über 330 Millionen Menschen sprechen derzeit Englisch als Muttersprache, unter Hinzunahme der Zweitsprachler handelt es sich um insgesamt rund 500 Millionen Sprecher. Der British Council schätzt, dass die Gesamtzahl der des Englisch Kundigen mit allen Fremdsprachlern deutlich über einer Milliarde liegt. Das Hochchinesisch kann über 850 Millionen Muttersprachler aufweisen. Als Fremdsprache ist es jedoch von vergleichsweise geringer Bedeutung. Allerdings wurden hier in den vergangenen zehn Jahren große Bemühungen angestellt. So gelang der „Hanban", dem Staatlichen Büro für chinesische Sprachausbildung, durch die weltweite Gründung von Konfuzius-Instituten, die neben Kulturkursen auch Unterricht im Chinesischen für jedes Lernniveau anbieten, ein großer Vorstoß. Im Wettbewerb „Chinese Bridge", der ebenfalls von der Hanban ausgerichtet wird, treten derweil jährlich Chinesischlernende aus aller Welt gegeneinander an. International steigt die Zahl der Sinologiestudenten rapide und auch unzählige weiterführende Schulen bieten inzwischen Unterrichtsprogramme für die chinesische Hochsprache an. Blogger Yutongtong kommentiert diese Entwicklung:

"Seit der Jahrtausendwende ist Chinesisch immer beliebter geworden. Dies ist einerseits auf gezielte Staatsinitiativen zurückzuführen, andererseits als Nebeneffekt des Aufstiegs Chinas zu verstehen. Die chinesische Volkswirtschaft ist nicht mehr aufzuhalten, während die USA in den Hintergrund rücken. Englisch als Weltsprache muss daher in Frage gestellt werden."

Tatsächlich haben zahlreiche Sprachen im Laufe der Geschichte ihre zentrale Bedeutung verloren, nachdem an politischer Dominanz eingebüßt wurde. Bekanntestes Beispiel ist das Griechische, das mit den Eroberungen Alexander der Großen den Einfluss des Aramäischen stark zurückdrängte. Allerdings gibt es gute Argumente, dass sich die gegenwärtige Weltsprache Englisch nicht so schnell vertreiben lassen wird. Blogger Feifei versucht sich an einer linguistischen Argumentation:

"Wenngleich der Anteil der Weltbevölkerung, der Hochchinesisch spricht, enorm ist, so kann dennoch nicht von einer Weltsprache die Rede sein. Chinesisch ist im Gegensatz zum Englischen keine internationale Verkehrssprache. Meiner Einschätzung als Linguist zufolge wird Chinesisch es vermutlich aufgrund seiner Komplexität auch nie werden."

Die Hürden, die bei der Erlernung des Chinesischen überwunden werden müssen, stellen tatsächlich einen wesentlichen Faktor dar, der die globale Verbreitung zumindest verlangsamen könnte. Glaubt man dem britischen Linguisten Nicholas Ostler, so wird die Frage der Lingua franca in absehbarer Zeit jedoch gänzlich obsolet sein. Ihm zufolge verliert Englisch den Status als Weltsprache, jedoch nicht etwa zugunsten des Chinesischen, sondern zugunsten der modernen Technik. Durch die Weiterentwicklung von Übersetzungsprogrammen, die der heutigen Online-Übersetzung ähneln, könne jeder im internationalen Kontakt eine beliebige Sprache sprechen und dennoch verstanden werden.

Text: Miriam Nicholls

Foto: qdcaijing.com

© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China