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Digitales Fasten: 8-Jährige muss sich 4 Wochen ausloggen
  2016-02-02 14:03:49  CRI

Chunjie bedeutet für chinesische Kinder nicht nur Geschenke und Feuerwerk. In ganz China gibt es rund um das wichtigste Fest des Jahres auch noch vier Wochen Ferien. Chinesische Schüler gelten als besonders fleißig. Hausaufgaben und Nachhilfe gehören für viele auch während der freien Zeit zur Tagesordnung, so zum Beispiel auch für Zhao Yimei. Ihre Aufgabe ist es, vier Wochen lang weder Smartphone, noch Tablet, noch Computer zu benutzen. Die kleine Chongqingerin, die seit Ende Januar digital fastet, sagt, das sei viel zu schwer. Zhao Yimei ist erst acht Jahre alt.

Zhao ist Teil eines Experiments an der Huangjueya Grundschule. Kein Zugang zu Smartphone und Co soll theoretisch dazu führen, dass Kinder sich wieder vermehrt damit beschäftigen, was sie früher besser konnten: offline spielen. Eine Lehrerin der Grundschule in Chongqing hofft, dass ihre Kids so „echte" Erfahrungen sammeln.

Ende 2015 hat eine Umfrage in Dezhou unter 67 Erstklässlern ergeben, dass 13, also ein gutes Fünftel, bereits ein eigenes Smartphone besaßen. Das Durchschnittsalter der Befragten lag bei sechs Jahren. Über die Hälfte nutzten laut Umfrageergebnis die Geräte ihrer Eltern. Ähnliche Erkenntnisse lieferten Befragungen in Kindergärten.

Zhao Yimeis Mutter hat Verständnis für ihre Tochter und deren Probleme mit dem digitalen Entzug. Für die Kleine bedeute das schließlich weniger Spaß. In China ist das Smartphone das meistgenutzte Gerät, geht es um das Surfen im Internet. Chinesen schauen am Tag 150 Mal auf ihr Telefon. Kurz gesagt: Ohne Handy geht gar nichts. Das ist natürlich auch in anderen Ländern so. Laut Nokia checken Smartphone-Nutzer sogar alle sechs Minuten ihr Display. Und so verwundert es nicht, dass die Kleinsten viel zu oft anstatt vor einen Haufen Bauklötzchen vor ein Mobilgerät gesetzt werden. Mannheimer Forscher haben herausgefunden, dass jeder zehnte junge Smartphone-Besitzer suchtgefährdet ist.

Zhao Yimei habe die erste Phase ihrer Ferien mit draußen Spielen und Lesen „überlebt", sagt sie. Vielleicht sollten ihre Eltern einfach ein bisschen mitmachen. Ihre Eltern und viele andere auf der Welt.

Alle diejenigen, für die das nicht in Frage kommt, sollten einmal nach Chongqing fahren. In der Stadt, in der Zhao Yimei zur Schule geht, befindet sich der erste handyfreundliche Gehweg des Landes: ohne Telefon darf da keiner gehen.

Wenn die kleine Zhao zu Schulbeginn Ende Februar also endlich wieder auf ihre Geräte schauen darf, muss sie sich bei dem Nachholbedarf zumindest keine Sorgen machen, dass sie aus Versehen auf die Straße, gegen eine Laterne oder in einen anderen Smartphone-Gesteuerten läuft.

von Marie Müller-Diesing

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