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Exotenfach Isländisch: Acht Chinesen studieren eine der kleinsten Sprachen der Welt
  2014-12-18 16:06:51  cri

Freitagmorgen, 10 nach 10 in einem Klassenzimmer an der BeiWai-Universität im Westen Beijings. Dozent Eirikur Olafsson begrüßt seine Studenten. Auf Isländisch. Heute geht es um Backpacker.

An der Wand hängt eine große Islandkarte. Daneben Plakate von skandinavischen Filmen. Acht Studierende sitzen in dem kleinen aber modern ausgestatteten Serminarraum – drei junge Männer und fünf junge Frauen im Alter zwischen 18 und 20 Jahren. Sie lauschen aufmerksam und arbeiten fleißig mit.

Die Frage liegt auf der Hand: warum gerade Isländisch? Eine Sprache, die gerade mal 300-tausend Menschen sprechen. Bei Shi Yiye, die sich den isländischen Namen Laufey gegeben hat, wollte die Familie, dass sie die Sprache lernt.

„Als ich mir ein Hauptfach aussuchen musste, hat meine Mutter Informationen über viele Sprachen gesammelt und dann meinte sie: Island ist ein schönes Land und gerade für Mädchen gut, auch um dort zu wohnen. Lerne mal Isländisch. Deswegen habe ich mir Isländisch ausgesucht."

Die meisten anderen in der Klasse haben sich das Exoten-Fach Isländisch allerdings nicht ausgesucht. Sie wurden zugewiesen von der Universität, hatte keine Wahl. Auch Xu Dong nicht, die sich den isländischen Namen Lola gegeben hat.

„Eigentlich wollte ich Germanistik studieren. Aber dann hat es nicht geklappt und ich musste als Hauptfach Isländisch nehmen. Aber während des Studiums hat es immer mehr Spaß gemacht und ich lerne viele neue Sachen kennen. Jetzt gefällt es mir."

In China kann es bis heute passieren, dass Studenten einem Fach zugewiesen werden. Zum Beispiel, wenn die Noten nicht gut genug sind für beliebte Fächer. Dann entscheiden sich viele lieber dafür, ein nicht so beliebtes Fach an einer guten Uni zu studieren, als anders herum. Der Name der Uni ist für viele wichtiger, als das Fach der Wahl zu studieren.

Eirikur Olafsson war sechs Jahre an der Berliner Humboldt Universität Dozent für Isländisch. In Beijing unterrichtet er das Fach nicht nur, er leitet auch den noch jungen Fachbereich. Dass sich kaum einer seiner Studenten Isländisch ausgesucht hat, merkt er nicht. Im Gegenteil.

„Die lernen auch auswendig, unglaublich schnell. Die haben für die gesamte chinesische Grammatik nur anderthalb Semester gebraucht. In Deutschland haben die zwei Jahre dafür gebraucht. Ich unterrichte hier auch komplett anders, aber das wollen die auch. Sie wollen so viel lernen wie möglich in kürzester Zeit und das schaffen die auch."

Doch Disziplin ist nicht der einzige Unterschied im Vergleich zum Lehren und Lernen in Deutschland. Der Zusammenhalt sei besser, sagt Eirikur Olafsson.

„Die Studentinnen und Studenten sind immer für mich da. Wenn Kopierarbeit geleistet werden muss, das machen die. Ich wohne hier am Campus und die Studenten auch. Und so sieht man sich die ganze Zeit. Man sieht sich im Unicafe. Man kommt permanent ins Gespräch miteinander. Und es entwickelt sich eine Art Familienatmosphäre. Was natürlich ganz vorteilhaft ist."

Der Dozent und seine acht jungen Studierenden sind nicht nur an ihrer Uni Exoten. Zusammen bilden sie den einzigen Isländisch-Fachbereich – nicht nur in China – sondern sogar in ganz Asien.

Was sie später mal mit ihrem Studium anfangen wollen, wissen die acht Isländisch-Studenten noch nicht. Im kommenden Jahr geht es erst mal zum Austausch nach Island. Die meisten von ihnen verlassen dann zum ersten Mal ihr Heimatland China. Und sie freuen sich darauf. So wie Hezhao Jiajun, der sich im Unterricht Johann nennt:

„Ich will isländische Freunde finden und fleißig die Sprache lernen um später noch mal nach Island zu reisen. Und das Essen, darauf freue ich mich auch."

Text und Sprecher: Benjamin Eyssel

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