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Chinesisch-französisches Pärchen rettet Minderheiten-Musik
  2014-10-24 15:20:00  cri

Shi Tanding ist freiberufliche Schriftstellerin und Fotografin. Sie gehört zur Han-Nationalität, ist aber inmitten von Uiguren in der Stadt Yili im Nordwesten Xinjiangs aufgewachsen.

Ihr Mann, Laurent Jeanneau, Spezialist für elektronische Musik, hat schon früh ein großes Interesse für Musik ethnischer Minderheiten entwickelt. 1965 in Paris geboren, widmet er sich schon seit Jahrzehnten den weniger bekannten musikalischen Ausprägungen Südostasiens, darunter Indien, Laos, Vietnam und auch China.

Das musikalische Pärchen lernte sich in der Stadt Dali in der Provinz Yunnan kennen – und lieben. Seit 2006 sind sie auch Berufspartner und dokumentieren ihre Entdeckungen in Ton, Schrift und Bild. Jeanneau erklärt die Faszination der traditionellen Klängen:

„Schon als Jugendlicher wollte ich nie in einer Band sein. Ich wollte Musik entdecken, die andere für seltsam hielten. Später entschloss ich mich zu Reisen und dabei diese Musik aufzunehmen. Solange ich damit über die Runden komme, erfüllt es mich sehr, dass ich neue Orte entdecke und dabei gar nicht weiß, was mich erwartet. Denn diese Art von Musik ist „mündliche Kultur" und nicht niedergeschrieben. Sie könnte ganz schnell verloren gehen. Diese Musik ist so leidenschaftlich und schön. Ich finde es unglaublich, dass so wenige Leute das kennen... Das war also meine Betätigung in den vergangenen Jahren. Es ist wichtig, dass ich diese Musik so schnell wie möglich aufnehme, weil sie eben sehr schnell verschwinden könnte."

Unter den Dutzenden Minderheiten, deren traditionelle Musik die beiden bereits dokumentiert haben, sind unter anderem die Mosuo am Lugu-See in Yunnan und die Miao-Nationalität an der Grenze zu Laos und Vietnam sowie die Qiang, Tibetische und Kasachische Volksstämme.

Auch wenn das Aufspüren und die Aufnahme der Minderheiten-Melodien oft beschwerlich sind, so sei jede Reise in diese entlegenen Regionen eine echte Bereicherung, betont Shi Tanding,

„Wir fahren normalerweise mit öffentlichen Verkehrsmitteln zuerst in die Gemeinden und dann mit dem Fahrrad in die Dörfer. Manchmal kann man nur zu Fuß dort hingelangen. Wir essen und unterhalten uns gerne mit den lokalen Einwohnern. In manchen dieser Dörfer glauben die Leuten an den Geist der Natur und Animismus. Sie bestellen Felder, um ihre Kinder zu ernähren. Ihre Freude und Trauer drücken sie durch Gesang aus."

Wenn man diese Gesänge hört, dann versteht man das chinesisch-französische Ehepaar und ihre Mission – ein Verlust dieser Jahrhunderte oder gar Jahrtausende alten Melodien wäre ein unwiderrufbarer Verlust für die Musikwelt und die Menschheit.

Shi Tanding arbeitete bei einem internationalen Unternehmen in Beijing bevor sie sich entschied, mit ihrem Mann auf Melodien-Fang zu gehen. Trotz mancher Schwierigkeiten hat sie ihre Entscheidung nie bereut.

„Singen ist für die Menschen in diesen abgelegenen Gebieten das beste Mittel um ihre Seele zu entspannen. Wir leben in Städten und haben viele Möglichkeiten, uns von negativen Gefühlen abzulenken - Freunde treffen oder einen guten Film schauen zum Beispiel. Aber für sie ist Musik vielleicht der einzige Weg, um ihre Sorgen zu vergessen. Ich liebe diese natürlichen, unverfälschten Gefühle, die diese Musiker ausdrücken."

Um an diese unberührten, traditionellen Melodien heranzukommen, müssen die Beiden in weit entfernte Gebiete fahren. Denn die moderne Popkultur hat bereits Einzug in die allermeisten Regionen erhalten und vermischt sich mit der Tradition. Wenn sich die Anthropologie nicht diesem Problem annehme, dann dürfte die Musik chinesischer Minderheiten früher oder später von der Bildfläche verschwinden, fürchtet das Pärchen.

Am meisten bewegt es sie, die Freude der ländlichen Musiker und Sänger zu sehen, wenn diese zum allerersten Mal ihren aufgenommenen Gesang selbst hören.

„Bislang werden all unsere Aufnahmen vom französischen Museum für Ethnographie in Paris gesammelt. Sie bezahlen uns eine symbolische Aufwandsentschädigung. Wer sich dafür interessiert, kann diese einzigartige und authentische Musik in dem Museum ganz kostenlos hören."

Das Ehepaar musste schon oft erfahren, dass ihre Bemühungen, kommerzielle Musikunternehmen für die Melodien der Minderheiten zu begeistern, vergebens sind. Diese setzen lieber auf modernisierte Versionen ethnischer Musik, um sie für den Massenmarkt tauglich zu machen.

„Viele interessieren sich nur für Musik, weil sie damit Geld verdienen können. Wir investieren viel Zeit, Geld und Energie in diese Musik, weil sie uns berührt. Oft sind wir die ersten, die diese Musiker aufnehmen, diese Aufnahmen sind also exklusiv. Doch das ist nicht wichtig. Es geht um die Natürlichkeit dieser Musik und die Gefühle die sie transportiert. Wir hoffen, dass durch unserer Bemühungen, mehr und mehr Leute eine Freude an dieser Musik finden."

Übersetzt von: Zhu Liwen

Gesprochen von: Liu Yuanyuan

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