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Soll es verboten werden, den Eltern ewig auf der Tasche zu liegen?
  2014-09-15 11:30:26  cri

 

Laut Statistiken des Forschungszentrums für Seniorenfragen sind über 30 Prozent der chinesischen Jugendlichen, die eigentlich ein selbstständiges Leben führen sollen, noch immer finanziell abhängig von ihren Eltern.

In einem Straßeninterview in Hangzhou bekennen recht viele jüngere Leute ziemlich freimütig, dass sie immer noch an den Eltern „knabbern", ihnen also auf der Tasche liegen.

Passantin: „Ich arbeite nicht. Das Geld zum Leben bekomme ich von Mama."

Passant:„Nach dem Studium habe ich noch keine Stelle gefunden. Ich wohne und esse bei meinen Eltern. Alles, was ich zum Leben brauche, bekomme ich von ihnen."

Solche jungen Erwachsenen werden in China als „Ken Lao Zu", also „an den Eltern Knabbernde" bezeichnet. Sie sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, haben fast alle eine Ausbildung abgeschlossen und sollten eigentlich bereits ein selbstständiges Leben führen, statt den Eltern auf der Tasche zu liegen.

Die Stadt Hangzhou ist dabei kein Einzelfall. Bereits im Juni hatte auch die ostchinesische Provinz Shandong einen derartigen Entwurf vorgelegt. Darin ist vorgesehen, dass es Senioren ablehnen dürfen, für das Leben ihrer erwachsenen Kinder zu zahlen. Ihre erwachsenen Kinder dürfen keineswegs Arbeitslosigkeit oder andere Gründe als Ausrede nutzen, um Geld oder anderes Eigentum von den Eltern einzufordern.

Im Mai 2014 klagte ein Ehepaar in der Hauptstadt Beijing seinen 29-jährigen Sohn an, weil der sich nach Abschluss seines Studiums sieben Jahre lang weiterhin komplett von den Eltern versorgen ließ, also bei ihnen nicht nur wohnte, sondern von ihnen auch rundum alimentiert wurde. Das Gericht im Beijinger Bezirk Haiding entschied dann in seinem Urteil, dass der Sohn innerhalb von 60 Tagen nach Rechtskraft des Urteils aus dem Haus seiner Eltern auszuziehen habe. Nach Ablauf der Frist werde eine Zwangsvollstreckung erfolgen.

In den Medien werden allerdings auch Befürchtungen einiger Leute laut, solche gesetzlichen Zwangsmaßnahmen könnten den traditionellen Bindungen in chinesischen Familien schaden. Das meinen auch einige Passanten in Hangzhou:

Passantin: „Ich bevorzuge eher eine moralische Motivation, dass man nicht mehr an den Eltern nagen soll."

Passant: „In der Tat pflegen die chinesischen Familien eine gute Tradition. Die natürliche Bindung zwischen den Angehörigen muss nicht durch Gesetze gegängelt werden. Wenn auch solche Sachen gesetzlich verankert werden müssen, zeigt das doch nur, dass in der heutigen Gesellschaft irgendetwas nicht mehr stimmt. "

Während manche Leute der Ansicht sind, den Eltern auf der Tasche zu liegen, falle in den Bereich moralischer Kategorien, behaupten andere, dass derartiges Verhalten tatsächlich den Interessen der Senioren schade. Die Gesetzgebung in Hangzhou mache nun jungen Erwachsenen einfach klar, dass die Eltern nicht verpflichtet sind, sie auch im selbstständigen Alter noch weiter finanziell zu unterstützen.

Ähnlich sieht es auch Fan Bonai vom Institut für öffentliches Management bei der Universität Zhejiang:

„Meines Erachtens wird die Gesetzgebung gegen 'Knabbern an den Eltern' nicht die emotionalen Bindungen zwischen Eltern und ihren Kindern beeinträchtigen, sondern sie im Gegenteil sogar schützen. Dass die Verwaltung Maßnahmen gegen solche Verhaltensweisen junger Leute jetzt im Gesetz verankern will, zeigt doch, dass das Phänomen breite gesellschaftliche Aufmerksamkeit erregt hat. Das ist ohne Zweifel ein guter Anstoß für die Entwicklung vernünftiger Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern."

Mit dem Gesetz will die Verwaltung in Hangzhou Senioren eine juristische Grundlage bieten, ihre Rechte und Interessen in der Familie zu wahren. Es kann nicht die Verpflichtung der Eltern sein, auf immer und ewig alles für das erwachsene Einzelkind zu bezahlen. Für erwachsene Kinder kann es keinen ewigen Rechtsanspruch darauf geben, auch im selbständigen Alter lieber den Eltern auf der Tasche zu liegen, also an ihnen zu knabbern.

Doch Experten halten es auch für schwer, den Begriff „Knabbern an den Eltern" genau zu definieren, wie der Soziologe Gao Zhong erläutert:

„Da schon der Begriff schwer zu definieren ist, wird man in der juristischen Praxis gewiss Probleme haben."

Zudem halten viele Leute das Phänomen des „Knabberns bei den Eltern" eben auch für eine Folge und einen Preis der rapiden Entwicklung in China. Denn der Hauptgrund seien wohl die hohen Lebens- und Wohnkosten in den Städten. Nicht zuletzt gehörten aber sicher auch Unlust zur Arbeit, schwaches Anpassungsvermögen der Jüngeren, die Verwöhnung im Elternhaus sowie der Druck auf dem Arbeitsmarkt zu weiteren Gründen. Und angesichts dessen, auch das hört man immer wieder in Diskussionen, müsse eben auch mehr Arbeitsplätze und praxisorientierte Ausbildungen für diese jungen Leute geben.

Verfasst von: Qiu Jing

Gesprochen von: Yin Fan, Zhu Qing'an

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