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Der Geist der Städte bedarf tatkräftiger Unterstützung
  2014-08-22 15:25:36  CRI

 

Daniel Bell ist Koautor des Buches „The Spirit of Cities: Why the Identity of a City Matters in a Global Age". Zu Deutsch etwa: „Der Geist der Städte - Über die Bedeutung einer Städte-Identität im Zeitalter der Globalisierung". In dem Buch beschreibt Bell eine Veränderung bei der Vorstellung der eigenen Person.

"Im 20. Jahrhundert, egal ob in China oder in westlichen Ländern, glaubte man, dass die Staatsangehörigkeit die wichtigste Rolle bei der Identität spielt. Ich bin zum Beispiel Kanadier, Amerikaner, oder Chinese. Nur wenige Menschen erwähnten ihre Heimatstadt. Im 21. Jahrhundert reden wir häufiger und gerne auch über die Stadt, aus der wir stammen."

Bell stammt aus Montreal in Kanada und ist jetzt als Lehrstuhlprofessor am Institut für Kunst- und Geisteswissenschaften an der Shanghai Jiaotong Universität. Er hat jahrelang in Hongkong, Beijing und Singapur gelebt.

2001 diskutierte Bell mit seinem israelischen Freund Avner de-Shalit zum ersten Mal über den Geist der Stadt. Sie beschlossen, ein Buch zum Thema zu schreiben. New York sollte der Anfangspunkt werden. Das Logo „I love New York" ist ja weltbekannt.

Wegen der Terroranschläge vom 11. September mussten sie jedoch ihren Plan zunächst auf Eis legen. Jahre später hat sich New York langsam erholt und seinen Geist wiederbelebt. Dies erst ermöglichte es den beiden, das Buch zu beginnen.

Bell und sein Koautor de-Shalit suchten dafür neun moderne Städte mit ihrem jeweiligen Stadtgeist aus, der sie von anderen unterscheidet. Die Wahl fiel auf Jerusalem, Montreal, Singapur, Hongkong, Beijing, Oxford, Berlin, Paris und New York.

Das Buch widmet sich beispielsweise der Religion in Jerusalem, der Romantik Paris', dem Materialismus Hongkongs, der politischen Macht Beijings und dem Bildungsgeist Oxfords.

Mit der Entwicklung seines Verständnisses über den Geist verschiedener Städte ist Bell zu der Erkenntnis gelangt, dass die Verankerung in einer Stadt mehr Aufmerksamkeit verdient als Patriotismus. So sei es für Staaten schwer, gemeinsame Ziele zu finden. Für zwei Städte sei die Zusammenarbeit hingegen einfacher.

"Bei der Erderwärmung zum Beispiel: Wenn Staaten sich um eine Lösung dieses Problems bemühen, bin ich nicht sonderlich optimistisch. Einige Städte hingegen zeigen großen Willen beim Umweltschutz. Die chinesische Stadt Hangzhou und San Francisco in den USA sind da Beispiele. Sie finden ihre eigenen Wege zur Behebung solcher Probleme in Zusammenarbeit mit Städten in anderen Ländern. Die Auswirkungen beim Umweltschutz sind hier größer als bei Staaten."

Laut Wang Hui, einem Professor der Abteilung der chinesischen Sprache und Literatur an der Tsinghua Universität, steht die Identifikation mit einer Stadt dem Patriotismus nicht im Wege. Es sei wichtig, bei der Beschreibung der eigenen Identität auf verschiedene Gesichtspunkte zurückgreifen zu können.

"Wir können uns selbst auf unterschiedliche Weise beschreiben: über unser Dorf, unsere Stadt, Provinz oder Region. Es kann auch ein Land oder bloß der Norden oder Süden des Landes sein, aus dem wir stammen. Diese Dinge können alle zur Kenntnis und Anerkennung unserer Identität durch andere beitragen. Wir haben auch religiöse oder geographische Eigenheiten und Sitten. Die Beschreibung einer Stadt bietet so eine wichtige Möglichkeit zum Verständnis der Identität ihrer Einwohner. "

"The Spirit of Cities" stützt sich sowohl auf verschiedene recherchierte Aspekte jeder Stadt als auch auf die Eindrücke der Autoren selbst. Das Buch zeigt auf diese Weise, wie sich das Ethos einer Stadt im politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben ausdrückt.

Kritiker bezeichnen die Lektüre als Anreiz, mit offenen Augen durch die eigene Stadt zu schlendern, sich überraschen zu lassen und die versteckte Geschichte der Stadt neu zu entdecken.

Übersetzt von Zhang Chen

Gesprochen von Zhu Qing'an

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