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Gastarbeiterin Xiao Linna nur „zu Gast" in Beijing
  2014-07-18 09:45:29  cri

 

 

Der Sommer in Beijing ist heiß, sehr heiß. Täglich fährt Xiao Linna mit dem Fahrrad in die Arbeit. Seit einigen Tagen ist die Hitze in Beijing unerträglich, aber sie ist trotzdem gut gelaunt. Denn sie kann ab Anfang Juli einige Zeit mit ihren zwei Kindern verbringen.

Xiao Linna und ihr Mann stammen aus der Provinz Henan und arbeiten seit über zehn Jahren in Beijing, sie als Putzfrau und ihr Mann als Maurer. Sie sind Mitte 30, haben einen Sohn und eine Tochter, und bilden daher in chinesischer Sicht durchaus eine glückliche Familie. Leider leben die beiden Kinder nicht mit ihren Eltern zusammen, sondern bei ihrem Großvater im Heimatdorf. Nur in den Sommerferien fahren sie nach Beijing.

Xiao würde natürlich gerne die Kinder bei ihr aufwachsen sehen. Aber das wäre eine zu große Belastung für sie, nicht nur finanziell. Denn sie und ihre Kinder sind alle zu Hause in der Provinz Henan registriert. Auf ihrem Hukou – Haushaltsregistrierungsbuch – steht Dorfbewohner in Henan: Eine große Hürde für die Familienzusammenführung in Beijing. Xiao Linna sagte:

„Meine Kinder können hier in Beijing nur Privatgrundschulen besuchen. Für eine öffentliche Schule müssen sie eine schwere Prüfung bestehen, das schaffen sie nicht. Ich habe mich bei der Privatgrundschule hier in der Gegend erkundigt. Es gibt sehr wenige Lehrer dort. Der Lehrer für Chinesisch unterrichtet zugleich auch Mathematik. Das gefällt mir nicht. Und nach der neunjährigen Schulpflicht müssen die Kinder sowieso in der Heimat die 10. bis 12. Klasse besuchen. Denn sie müssen an dem Ort, wo sie registriert sind, die einheitliche Hochschulaufnahmeprüfung machen."

Die Lebenshaltungskosten in Beijing liegen deutlich höher als in Henan. Mit ihren Jobs verdienen Xiao und ihr Mann zwar nicht viel, aber wirklich wenig ist es auch nicht. Den Lebensunterhalt für die vierköpfige Familie in der Hauptstadt könnten sie bestreiten. Da sie offiziell keine „Städter" sind, werden sie allerdings nicht von der Sozialversicherung erfasst. Wenn jemand in der Familie krank wäre, müssten sie die Behandlung aus ihrem eigenen Geldbeutel zahlen. Zu Hause in Henan ist die Familie von der neuen genossenschaftlichen Krankenversicherung für ländliche Gebiete abgedeckt. Doch das nützt ihnen wenig. Xian Linna sagte:

„Wenn wir in Beijing krank sind, besuchen wir eine kleine Privatpraxis in der Gegend. Das zahlen wir selbst. Der Arztbesuch wird nur von der Krankenversicherung bezahlt, wenn wir in unserer Kreisklinik in der Provinz therapiert werden. Dort werden stationäre Behandlungskosten meistens gedeckt. Ambulante Behandlungen zahlt man selbst, wenn auf dem Versicherungskonto nichts mehr übrig ist. Die Summe auf dem Konto ist ziemlich niedrig."

Angesichts verschiedener Probleme, die während der Urbanisierung aufgetreten sind, und der Schwierigkeiten wandernder Arbeitstätiger in den Städten, ist eine Reform des Haushaltsregistrierungssystems in China geradezu ein Muss geworden. Leitgedanke ist dabei, dass Menschen, die seit langem erfolgreich in Städten arbeiten, das Recht zur permanenten Niederlassung und zur Registrierung ihres Haushalts erhalten. Aber Xiao Linna meint, viele Wanderarbeiter wie sie beanspruchten überhaupt kein „Hukou-Buch". Sie will nicht ewig in Beijing bleiben. Im Vergleich zu einer lokalen Haushaltsregistrierung wäre es viel sinnvoller, wenn sie von der Sozialversicherung in Beijing erfasst würde und alle sozialen Dienstleistungen für sie zugänglich wären.

„Wenn wir von der Versicherung aufgenommen werden können, bin ich natürlich bereit, alle entsprechenden Gebühren zu zahlen. Dann könnten wir hier Ärzte besuchen und kriegen später eine Rente. Voraussetzung ist auch, dass man diese Gelder auf dem Sozialversicherungskonto später mit dem Konto in der Provinz verbinden kann, wenn man nicht mehr in Beijing lebt."

Eine Reform kann keine Maßanfertigung sein, muss aber die Bedürfnisse jeder Menschengruppe berücksichtigen. Nach den Ergebnissen der Volkszählung 2010 gibt es in China über 200 Millionen Wanderarbeiter und mehr als 61 Millionen Kinder, die nicht mit ihren Eltern in Städten, sondern in der Heimat auf dem Lande leben. Das neue Haushaltssystem soll sich vor allem an ihre Interessen anpassen. Vielleicht ergibt sich damit auch eine neue Zukunftsperspektive für die vielen „Xiaos" in Chinas Metropolen.

 

Text und Interview: Chen Yan

Gesprochen von Chen Yan

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