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G20: Welt-Gipfel bei rauer See
  2017-07-04 09:28:06  CRI

Seit 2008 treffen sich die Staats- und Regierungschefs der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) regelmäßig zur Erörterung drängender globaler Fragen. Zur Bedeutung dieser Treffen sei nur vermerkt: Diese Länder vertreten rund zwei Drittel der Weltbevölkerung, vier Fünftel der Weltwirtschaftsleistung und drei Viertel des Welthandels. Nach der chinesischen G20-Präsidentschaft mit dem beeindruckenden Gipfel in Hangzhou wird nunmehr Hamburg am 7. und 8. Juli unter deutscher Präsidentschaft Gastgeber des 12. Gipfeltreffens sein. Erörtert werden sollen Fragen, die von globaler Dimension sind, die die Zukunft der Weltgemeinschaft bewegen. Das sind traditionell und ebenso aktuell Finanz- und Wirtschaftsfragen, aber auch weitere globale Herausforderungen wie etwa der Klimaschutz, die Energieversorgung oder das Thema Flucht und Migration, ferner die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung.

Die globalen Vorbedingungen für diesen Gipfel sind stürmisch, oder – um die Worte der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel kürzlich im deutschen Parlament zu verwenden - : „Die Welt ist in Unruhe, sie ist uneiniger geworden". Die Debatten um einen freien Welthandel sind seit der jüngsten Präsidentenwahl in den USA scharf geworden. Gleiches gilt für die Einhaltung des Klimaschutzabkommens und das Bemühen um Nachhaltigkeit. Das wurde jüngst sehr deutlich auf dem G7-Gipfeltreffen der westlichen Industrienationen im Mai auf Sizilien. Die G7 hat zwar mit dem Aufstieg der Schwellenländer in Asien und Lateinamerika und der Entstehung der G20 ihre vorherige Bedeutung verloren. Die G7 behielt man bei, als informelles Koordinationsgremium der Länder, die sich dem Westen zugehörig fühlen, und zwar zur Vorabstimmung von Positionen zu den G20-Treffen. Und das genannte G7-Treffen scheiterte praktisch an unüberbrückbaren Gegensätzen zwischen den USA und den weiteren Mitgliedstaaten in Sachen freier Welthandel und Klimaschutz. Die gefundenen Formelkompromisse blieben letztlich inhaltlos. Die angesehene Hamburger Wochenzeitung „Die Zeit" kommentierte die Ergebnisse mit den Worten: „Die G7 gibt es nicht mehr."

Hamburg ist die bedeutendste deutsche Hafenstadt, einer der bedeutendsten Häfen in Europa. Es ist also nicht ohne Symbolik, wenn dieser Gipfel in stürmischen Zeiten gerade in Hamburg stattfindet, einer Stadt, die sich in der Vergangenheit oft mit Stürmen und rauer See auseinanderzusetzen hatte. Und in der Heimatstadt des herausragenden früheren deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, der zwar nicht die G20 selbst ins Leben gerufen hat, aber von dem die Idee stammt, dass die brennenden Fragen der Zeit durch Treffen der Staats- und Regierungschefs selbst erörtert werden müssten.

Die deutsche Bundeskanzlerin hat immer wieder ihre Entschlossenheit deutlich gemacht, den Gipfel zu einem Erfolg werden zu lassen, namentlich auch auf den Feldern Klimaschutz und Kampf gegen Protektionismus. Und dabei wird sie darauf bauen, in China einen starken und festen Bündnispartner zu haben. Deutschland und China sind nicht nur durch eine „strategische Partnerschaft von globaler Dimension" und immer intensiver werdende bilaterale Wirtschaftsbeziehungen miteinander verbunden. Seit der chinesischen G20-Präsidentschaft arbeiten Deutschland und China auch in Sachen G20 sehr eng zusammen. Das ist bereits vom Verfahren her betrachtet sinnvoll, weil China in diesem Jahr den „Staffelstab" der Präsidentschaft an Deutschland weitergegeben hat. Aber es ist darüber hinaus ein sehr wichtiges Signal, wenn die zweitgrößte und die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt abgestimmt und harmonisch miteinander kooperieren. Der Klimaschutz und die freie Weltwirtschaft wurden hier bereits als besonders herausragend benannt. Was die freie Weltwirtschaft betrifft, erinnere man sich nur an die weltweit beachtete Rede von Staatspräsident Xi Jinping im vergangenen Januar in Davos, als er dazu aufrief, „Licht in die Dunkelkammer" zu bringen. Sein Plädoyer für einen freien Welthandel entspricht in vollem Umfang der deutschen Position. Das machte zudem der Besuch von Ministerpräsident Li Keqiang bei der deutschen Bundeskanzlerin vor einem Monat sehr deutlich. Beide Regierungschefs bekräftigten in aller Klarheit, dass man auf offene Märkte setze. Nicht anders sah es beim Klimaschutz aus. Nachdem sich schon beim Klimagipfel in Marrakesch im November vergangenen Jahres China zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens bekannt hat, betonten auch bei dem Treffen im Mai beide Regierungschefs ihre Gemeinsamkeiten in der Klimapolitik. China stehe zu seiner internationalen Verantwortung, sagte Ministerpräsident Li. Gemeinsam mit der internationalen Gemeinschaft werde sein Land die Herausforderungen bewältigen und seinen Teil zu einem grünen und nachhaltigen Wachstum der Weltwirtschaft beisteuern. Das Treffen der Bundeskanzlerin mit Staatspräsident Xi Jinping am 5. Juli wird, da bin ich mir sicher, diese großen Gemeinsamkeiten weiter verfestigen und vertiefen.

Und Hamburg ist nicht nur ein symbolträchtiger Ort für die Auseinandersetzung mit Stürmen und rauer See, sondern gerade auch für besonders intensive deutsch-chinesische Zusammenarbeit. Auch wenn in diesen Tagen besonders des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl als „Kanzler der deutschen Einheit" gedacht wird, war weltpolitisch doch der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt herausragender Akteur. Altkanzler Helmut Schmidt, der Sohn Hamburgs, „erklärte den Deutschen China". Er nannte China „das friedlichste große Land in der Weltgeschichte" Und er war es, der vor 45 Jahren, noch als Minister, den damaligen Bundeskanzler Willy Brandt zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China drängte. Seine Heimatstadt Hamburg bezeichnet sich mit Stolz als "Hanbao", also als "Burg der Chinesen". Seit mehr als zweihundert Jahren unterhält die Stadt intensive Beziehungen zu China, und heute: Jeder dritte Container, der im Hamburger Hafen umgeschlagen wird, geht auf China zurück. Jedes fünfte Flugzeug, das Airbus, Hamburgs größter nicht-städtischer Arbeitgeber, in Finkenwerder produziert, kauft China. Und die meisten ausländischen Unternehmen, die in Hamburg investieren, kommen aus China. Ergänzt wird diese tiefe Freundschaft durch einen intensiven Austausch auf kultureller und schulischer Ebene. Aus der klassischen lateinischen Sprache stammt der Begriff des „genius loci", dh der Geist bzw. die geistige Kraft eines Ortes. Möge der von einer engen deutsch-chinesischen Verbindung geprägte „genius loci" Hamburgs der deutsch-chinesischen Gipfelkooperation zu prägenden Erfolgen in der Runde der G20 verhelfen.

Autor: Dr. Michael Borchmann

Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten

Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen

Beirat der CIIPA des Handelsministeriums der VR China

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