Wir über uns Kontakt Jobs Fragen? Archiv
Niulang und Zhinü

Es lebte einst ein armer Hirte, der sein ganzes Leben nur Kühe gehütet hatte. An einem schönen Sommernachmittag geriet er nun im tiefen Gebirge in einen geradezu überirdisch und paradiesisch schönen Park, ohne zu wissen, wie er dorthin gekommen war. Er mochte einen Augenblick geschlummert haben, als er auf seiner Kuh ritt. Auf einmal sah er sich jedenfalls umgeben von blühenden Bäumen, die das ganze Tal mit leuchtenden Farben erfüllten. Es war kein menschliches Geräusch in der Nähe zu hören, es war still, nur die fallenden Blüten schwammen auf dem klaren Wasser der Bäche dahin. Als er erstaunt und furchtsam um sich blickte, sagte die Kuh, die ohne Zögern weiter schritt: "Sei unbesorgt, ich bringe dich nur zu den Göttinnen, die heute hier herabgestiegen sind und baden. Da ist eine sehr schöne Jungfrau dabei, die du zu deiner Frau machen sollst." Der Hirte erschrak über diese Worte und die Vermessenheit seiner Kuh. „Ich bin nur ein armer Hirte, wie kann ich eine Göttin zur Frau nehmen?" fragte er. "Das ist ganz leicht", meinte daraufhin die Kuh ganz gelassen. "Nimm ihr einfach ihr rotes Kleid weg und gib es ihr erst dann zurück, wenn sie eingewilligt hat, deine Frau zu werden."

Kaum hatte die Kuh diesen wertvollen Hinweis beendet, sah der Hirte schon einen wunderschönen Teich durch die blühenden Bäume schimmern und die wunderschönen himmlischen Jungfrauen baden. Die Kuh führte ihn mit sachten Schritten zu der Stelle, an der die Kleider der Göttinnen lagen. Der Hirte nahm schnell das rote Kleid und versteckte sich hinter einem Baum. Die badenden Göttinnen erschraken natürlich, als sie eine irdische Kuh und vor allem einen irdischen Mann bemerkten. Schnell kleideten sie sich an und wollten sich auf den Weg gen Himmel machen, während die lieblichste und schönste von ihnen schamhaft herumlief und verzweifelt nach ihrem roten Kleidchen suchte. "Dein Kleid ist hier", sagte der Hirte, "und ich werde es Dir auch sofort zurück geben, wenn Du mir versprichst, meine Frau zu werden." Weil sie sich ihrer göttlichen Nacktheit ziemlich schämte, gab sie dem Hirten das geforderte Versprechen, er gab ihr das Kleid zurück und führte sie dann, ordentlich verhüllt, ab nach Hause.

Ein ganzes Jahr lang lebte der Hirte in Glück und Freude mit seiner Göttin.

Eines schönen und sternklaren Abends aber, als sie vor ihrer Hütte saßen, sagte sie, sie müsse doch wieder in den Himmel zurück, weil sie den Zorn des Himmelsherrn fürchte. Sie sei schließlich die Weberin, die im Sternbild "Weberin" oder Wega lebt und die Hoftracht des Himmelsherrn weben müsse. Der Hirte verstand dies wohl, wollte aber nicht ohne sie allein auf der Erde bleiben. So begleitete er sie also in den Himmel. Als sie endlich dort ankamen, wurde die Weberin heftig vom Himmelsherrn gescholten, weil sie solange auf der Erde gelebt hatte und zudem noch einen irdischen Mann mitbrachte. Dann aber verzieh er ihr doch und setzte sie wieder auf ihr Sternbild, während er den Hirten zurück auf die Erde schicken wollte. Da weinte die Weberin bitterlich und flehte den Himmelsherrn an, sie könne ohne ihren Hirten nicht mehr leben, geschweige denn weben. Das sah der Himmelsherr schließlich ein und duldete auch den Hirten im Himmel. Er bestimmte aber, der Hirte dürfe nur auf der anderen Seite der Milchstraße leben und jedes Jahr nur einmal zu seiner Frau kommen. Seitdem sieht man in der Tat den Kuhhirten im Sternbild Adler auf der linken Seite der Milchstraße sitzen, während die Weberin auf der rechten Seite ihren Platz hat. Sie müssen also das ganze Jahr getrennt leben, um sich einmal wieder sehen zu können, und das auch nur für einen kurzen Augenblick. Denn die Entfernung am Himmelszelt ist groß. Bis der arme Hirte ankommt, ist es bereits Mittag, und kaum ist er angekommen, muss er sich auch schon wieder auf den Heimweg machen, um noch vor Sonnenuntergang sein Sternbild zu erreichen. An diesem Tag, am siebten Tag des siebten Monats nach dem Mondkalender, fliegen nun alle Raben der Welt gen Himmel und bilden mit ihren Rücken eine tragfähige Brücke über die Milchstraße. Über sie kann der arme, sehnsuchtsgeplagte Hirt dann bequem zu seiner Weberin gelangen. Deshalb ist an dem besagten Tag auf der Erde auch kein Rabe zu sehen. Und wenn es regnet, sagt man: "Oh, die Weberin weint wieder beim Abschied."

© China Radio International.CRI. All Rights Reserved.
16A Shijingshan Road, Beijing, China